Ein journalistischer Beitrag der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (online) beschreibt eine Studie, in der es chinesischen Forschenden gelang, die Fruchtbarkeit alternder Mäuseweibchen durch die Gabe von Spermidin zu verlängern. Die Qualität der Eizellen habe sich verbessert, heißt es im Text, ohne jedoch die erzielten Effekte im Einzelnen zu benennen. Die verschiedenen Experimente und deren Ergebnisse werden nicht einmal exemplarisch beschrieben. Ob es Nebenwirkungen gab, erfahren Leserinnen und Leser nicht. Die Studie wird durch eine Reproduktionsmedizinerin eingeordnet, die nicht an den Arbeiten beteiligt war, damit geht der Beitrag immerhin über die Pressemitteilung hinaus.
Ein Artikel des Hamburger Abendblatts (online) berichtet, dass eine Behandlung mit medizinischem Cannabis bei chronischen neuropathischen Schmerzen hilfreich sein kann. Das ist das Fazit einer retrospektiven Studie mit 99 Patienten und Patientinnen, die Mitte August im Fachblatt Medical Cannabis and Cannabinoids (online) veröffentlicht wurde. Im journalistischen Beitrag werden die Ergebnisse knapp vorgestellt, ohne wesentlich über die Pressemitteilung der Algea Care GmbH hinauszugehen – einem Unternehmen, das eine Plattform für die ärztliche Behandlung mit medizinischem Cannabis anbietet und die Patientendaten zur Verfügung gestellt hat. Manche Formulierungen im Beitrag sind missverständlich, die Ergebnisse der Studie werden nicht eingeordnet und leider kommen auch keine unabhängige Expert*innen zu Wort.
Ein Artikel der Berliner Morgenpost (online) berichtet, dass schon weniger als 10.000 Schritte pro Tag die Sterblichkeit durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen und andere Leiden senken. Der journalistische Beitrag nimmt dabei eine aktuelle Studie zum Anlass, um die allseits bekannte Empfehlung zur täglichen Schrittzahl in Frage zu stellen. Der Nutzen wird im Artikel noch hinreichend, wenn auch übertrieben dargestellt, das Thema Risiken und Nebenwirkungen wird hingegen gar nicht angesprochen. Deutlich wird allerdings, woher die 10.000-Schritte-Regel stammt, was für viele Leserinnen und Leser erhellend sein dürfte.
Ein Artikel in der Badischen Zeitung (online / Paywall) berichtet über die grundlegende Erforschung eines neuartigen Corona-Impfstoffs an Hamstern. Dabei stellt er den bisher erkennbaren Nutzen verständlich dar, geht aber nicht auf mögliche Risiken ein. Die schon verfügbaren Alternativen zu dem neuartigen Impfstoff kommen zur Sprache und die Qualität der Evidenz wird zumindest teilweise beschrieben. Dabei geht der Bericht über eine die Publikation begleitende Pressemitteilung hinaus und gewährt Einblicke in ein spannendes Forschungsprojekt. Der Text ist attraktiv geschrieben, geht teilweise aber so ins Detail, dass die Verständlichkeit darunter leidet.
Der Titel des Beitrags in der Tageszeitung (taz, online) suggeriert, es gebe eine aktuell neue Therapie gegen die Frozen Shoulder aus dem Bereich der Traditionell Chinesischen Medizin (TCM). Dieser Anspruch wird aber nicht erfüllt, im Gegenteil: Die zitierte Studie ist schon einige Jahre alt, die (offensichtlich gemeinte) weitere Publikation zur Therapie von Neuropathien an den unteren Extremitäten ebenfalls. Zudem wird nicht klar gemacht, dass die Studie zur Frozen Shoulder lediglich bei akuten Schmerzen einen Effekt beobachtet hatte, nicht jedoch bei chronischen Schmerzen, die viel eher die Erkrankung kennzeichnen. Zudem hat der Artikel einen stark werbenden Charakter.
Der journalistische Beitrag in der Märkischen Allgemeinen (online, Paywall) berichtet über eine Magenverkleinerung bei einer Patientin mit Adipositas. Er beschreibt dabei lediglich diesen Einzelfall, es fehlen sämtliche Informationen zu Nutzen und Risiken solcher Operationen. Über das Verfahren selbst erfährt man leider nur wenig, welche unterschiedlichen OP-Methoden es gibt, spricht der Beitrag nicht an.
Der journalistische Beitrag des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung nimmt die US-Zulassung zum Anlass, um über ein neues Medikament gegen Hitzewallungen während der Wechseljahre zu berichten. Das neuartige Wirkprinzip wird verständlich beschrieben. Der Artikel macht deutlich, dass sich hier interessante Möglichkeiten auftun für Frauen, die keine Hormonpräparate einnehmen können oder wollen. Auch Nebenwirkungen werden im Text benannt.
Der Artikel in der Augsburger Allgemeinen Zeitung stellt die mögliche lebensverlängernde Wirkung von Taurin verständlich dar und berücksichtigt Risiken und Nebenwirkungen einer Taurin-Einnahme auf angemessene Weise. Ob die Substanz als Therapie verfügbar ist, wird allerdings nicht deutlich, auch nicht, in welchen Lebensmitteln (außer in Energy-Drinks) sie enthalten ist. Alternativen zur Einnahme von Taurin kommen nicht zur Sprache, ebenso wenig wie die Kosten. Der Beitrag ordnet die Studienlage gut ein, nennt aber keine unabhängigen Experten oder Quellen. Eine journalistische Eigenleistung ist leider nicht zu erkennen, da der Beitrag weitgehend einem Artikel des Redaktionsnetzwerk Deutschland entspricht, auf die der Beitrag aber immerhin Bezug nimmt. Doch vermittelt der Text das Thema attraktiv und auch für Laien verständlich.
Die Kriterien des
Medien-Doktor GESUNDHEIT
- POSITIVE EFFEKTE (NUTZEN)
- RISIKEN & NEBENWIRKUNGEN
- VERFÜGBARKEIT
- ALTERNATIVEN
- KOSTEN
- KRANKHEITSÜBERTREIBUNG / -ERFINDUNG
- BELEGE / EVIDENZ
- EXPERTEN / QUELLENTRANSPARENZ
- INTERESSENKONFLIKTE
- EINORDNUNG IN DEN KONTEXT
- FAKTENTREUE
- JOURNALISTISCHE EIGENLEISTUNG
- ATTRAKTIVITÄT DER DARSTELLUNG
- VERSTÄNDLICHKEIT
- THEMENAUSWAHL