Ein Artikel in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (online) berichtet über die weltweit erste Zulassung eines Impfstoffs gegen das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) in den USA. Im Text wird der Stand der Entwicklung dargelegt, der Beitrag bezieht sich auf eine aktuelle Fachpublikation und noch weitere Quellen. Der Nutzen des Impfstoffs wird jedoch nur unzureichend dargestellt: Statt absoluten Zahlen werden nur Prozentangaben verwendet. Gut gelungen ist die Erläuterung der verschiedenen anderen RSV-Impfstoffe, die derzeit in der Entwicklung sind.
Ein Artikel der Zeitung „Augsburger Allgemeine“ (online) beschreibt die Erprobung eines neuen Diagnoseverfahrens für Parkinson. Der journalistische Beitrag macht ausreichend klar, dass der Test erst entwickelt wird und noch nicht allgemein zur Verfügung steht. Wie zuverlässig die Diagnostik ist, lässt der Text jedoch nicht erkennen, da wesentliche Informationen zu Sensitivität und Spezifität des Tests fehlen. Die ethische Problematik, die mit der frühzeitigen Diagnose einer nicht heilbaren Erkrankung verbunden ist, spricht der Beitrag leider auch nicht an.
Ein journalistischer Beitrag im „Münchner Merkur“ berichtet über die Entwicklung eines neuen Sars-Cov-2-Impfstoffs, der abgeschwächte Erreger enthält und als Nasenspray verabreicht werden könnte. Es wird klar, dass es sich bisher ausschließlich um Tierversuche handelt, und die Erprobung am Menschen erst im Rahmen einer ersten klinischen Studie geplant ist. Dabei wird die Zusammenarbeit mit einem Start-up-Unternehmen erwähnt, nicht jedoch der Patentantrag einiger beteiligter Forscher. Die Ergebnisse der bisherigen Versuche sind nur unzureichend und teils unverständlich beschrieben. Wie viele Tiere mit welchen Impfstoffen in welchen Kombinationen geimpft wurden, und welche Vorteile sich dabei für den neuen Impfstoff-Kandidaten zeigten, erläutert der Artikel nicht. Er geht nicht über die – sehr viel informativere – Pressemitteilung hinaus und lässt keine eigenständige Recherche erkennen.
Ein Artikel in der Rheinischen Post berichtet über eine wissenschaftliche Publikation, die den Einzelfall einer experimentellen Heilung einer HIV-Infektion dokumentiert. Dabei stellt er den Nutzen des Verfahrens angemessen dar und erwähnt, dass es ein die Anwendung stark limitierendes Risiko gibt, ohne dieses allerdings zu erläutern. Dass die Therapie rein wissenschaftlich und nicht allgemein verfügbar ist, wird deutlich, ebenso wie die therapeutische Alternative. Die Kosten werden nicht thematisiert, und es kommen keine unabhängigen Experten zu Wort. Leider mangelt es dem Artikel an journalistischer Eigenleistung, der Text ist über weite Strecken einer Pressemeldung entnommen. Dabei ist er aber schlüssig aufgebaut, interessant und im Großen und Ganzen gut verständlich.
Ein journalistischer Beitrag der Berliner Zeitung greift die Pressemitteilung eines Pharmaunternehmens auf, die über den Beginn einer neuen Studie berichtet. Ein bekanntes pflanzliches Medikament soll daraufhin überprüft werden, ob es bei ambulant behandelten Covid-19-PatientInnen Husten und Atemnot lindern kann. Der journalistische Beitrag übernimmt jedoch unkritisch die Aussagen der Pressemitteilung, eine eigene Recherche ist nicht erkennbar, weitere Quellen und Fachleute werden nicht herangezogen.
Ein Artikel der „Augsburger Allgemeine“ berichtet in einem übersichtlichen Frage-Antwort-Format über den dritten Fall einer Heilung von einer HIV-Infektion. Der Text macht die Besonderheit des Einzelfalls deutlich und übertreibt die positiven Effekte nicht. Es wird deutlich, dass es sich um einen Therapieansatz handelt, der nur für ganz spezielle Fälle geeignet ist und somit nicht breit verfügbar. Auch wird klar, dass kein anderer Ansatz zur Heilung führt. Auf Risiken und Nebenwirkungen geht der Artikel jedoch nicht hinreichend ein, die Kosten der Therapie werden leider gar nicht erwähnt. Auch wie gut die Heilung durch die Studie belegt ist, lässt der Text offen.
Ein „Neuro-Coach“ stellt in einem Interview der Sächsischen Zeitung eine neue Methode zur Selbsttherapie von unspezifischen Rückenschmerzen vor. Die positiven Effekte werden nicht konkret genug beschrieben, dem Thema Risiken und Nebenwirkungen wird keine einzige Frage gewidmet. Es wird auch nicht deutlich, in welchem Rahmen die Methode für Betroffene nutzbar ist. Als Alternative werden wichtige Verfahren nicht angesprochen, Bewegung etwa oder physiotherapeutische Maßnahmen. Ob für Patienten bei der Methode über das Buch hinaus Kosten entstehen, klärt das Interview nicht. Der Text stellt das Problem der Rückenschmerzen zwar nicht übertrieben dar, fragt jedoch an keiner Stelle nach, welche Belege es überhaupt für die Wirkung der Methode gibt.
Der journalistische Beitrag aus der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung beschreibt die Entwicklung eines möglichen Verhütungsmittels für den Mann. Dafür wird ein Enzym blockiert, das für die Beweglichkeit von Spermien notwendig ist. Im Text wird deutlich, dass dazu bisher nur Versuche an Mäusen unternommen wurden. Ob die Studienergebnisse sich auf den Menschen übertragen lassen, so viel wird auch deutlich, ist also noch nicht erforscht. Allerdings sind die Tierversuche im Artikel so kurz beschrieben, dass deren Aussagekraft nicht ganz klar wird. So fehlen zum Beispiel Angaben zur Anzahl der Mäuse, an denen der Wirkstoff erprobt wurde. Auch erwähnt der Artikel nur eine einzige Studie, zu der die Quellenangabe fehlt; weitere Quellen werden nicht einbezogen. Auch unabhängige Expert*innen kommen im Text leider nicht vor.
Die Kriterien des
Medien-Doktor GESUNDHEIT
- POSITIVE EFFEKTE (NUTZEN)
- RISIKEN & NEBENWIRKUNGEN
- VERFÜGBARKEIT
- ALTERNATIVEN
- KOSTEN
- KRANKHEITSÜBERTREIBUNG / -ERFINDUNG
- BELEGE / EVIDENZ
- EXPERTEN / QUELLENTRANSPARENZ
- INTERESSENKONFLIKTE
- EINORDNUNG IN DEN KONTEXT
- FAKTENTREUE
- JOURNALISTISCHE EIGENLEISTUNG
- ATTRAKTIVITÄT DER DARSTELLUNG
- VERSTÄNDLICHKEIT
- THEMENAUSWAHL