Medien-Doktor-Serie „Praxisberichte“ – oder: Medizinjournalismus für alle

Der Medien-Doktor bewertet nicht nur medizinjournalistische Beiträge, wir wollen Journalisten immer auch konkrete Tipps und Tricks für die Berichterstattung geben. Ab nächster Woche starten wir deshalb eine praxisnahe Serie über Basics im Medizinjournalismus. 

Von Holger Wormer

Es ist nicht schön, wenn das Feuerwehrfest weniger toll war, als es der Lokalreporter berichtet. Es ist ärgerlich, wenn das Konzert keineswegs so schlecht war, wie es der Musikkritiker im Kulturressort darstellt. Und im Wissenschaftsressort wird man sich zu Recht darüber ärgern, wenn eine Galaxie in Wahrheit doppelt so weit entfernt sein dürfte, wie in einem Bericht behauptet wird. Dennoch: Einen unmittelbaren persönlichen Schaden werden Leser, Zuschauer und Zuhörer durch die fehlerhaften Beiträge nicht davontragen.

Anders in der Berichterstattung über neue Diagnosen und Therapien. Hier geht es für viele um Ängste und um Hoffnungen. Bei Mediennutzern, die selbst oder in der Familie von schweren Erkrankungen betroffen sind, haben Fehlinformationen – aus den Medien wie von Medizinern selbst – schnell mit Fragen nach Leben und Tod zu tun.

Und noch einen Unterschied gibt es zu den Berichten über Feuerwehrfest, Konzert oder Galaxien. Medizinjournalismus geht wirklich alle etwas an: Jeden Mediennutzer, weil er oder sie im Laufe des Lebens selbst ganz persönlich mit der Welt der Medizin konfrontiert sein wird. Und jeden Journalisten, weil kein wissenschaftsjournalistisches Berichterstattungsfeld so weit verbreitet ist – noch dazu regelmäßig auch außerhalb der Spezialressorts.

Für die Medien-Doktoren ist die direkte Betroffenheit der Nutzer von medizinischen Informationen und Fehlinformation ein wichtiger Grund dafür, warum wir Beiträge in den Massenmedien immer wieder kritisch unter die Lupe nehmen und in unseren Gutachten Verbesserungen vorschlagen. Gleichwohl wollen wir Redakteuren und Autoren noch mehr anbieten; auch die direkten Nachfragen von Redaktionen nach Beratungen und Recherchetipps wie in der „Sprechstunde“ häufen sich.

Wir haben dies zum Anlass genommen, rund ein Dutzend unserer Gutachter einmal in anderer Form zu Wort kommen zu lassen. In einer Serie von „Praxisberichten“ werden sie in Form eines Medien-Doktor-Specials über ihre alltägliche journalistische Praxis berichten – verbunden mit Tipps, persönlichen Beobachtungen und Einschätzungen. Der journalistische Umgang mit medizinischen Studien gehört dabei ebenso zu den Themen dieser Serie wie die Perspektive der Patienten und die Wirkung von Artikeln und Beiträgen auf diese Nutzergruppe; den Klischees und Mythen rund um das Berufsbild des Arztes möchten wir uns ebenso annähern wie der Frage, wie ein Autor eine medizinjournalistische Story nach dramaturgischen Gesichtspunkten zusammenbauen kann.

Alle diese Berichte aus der journalistischen Praxis richten sich dabei insbesondere auch an jene, die eher am Rande mit Themen aus Medizin und Gesundheit zu tun haben – zum Beispiel als Lokalreporter oder in jedem anderen Ressort. Denn Medizinjournalismus geht alle an.

(Folge 1 der Serie erscheint voraussichtlich am Montag, dem 21.5.)


Links:
Badenschier, Elmer, Wormer: “Science for Everybody? How the Coverage of Research Issues in German Newspapers Has Increased Dramatically“, Journalism & Mass Communication Quarterly, 2008, Vol. 85, No. 4, pp. 878-893.