Zusammenfassung
Rund acht Monate nach den ersten Corona-Impfungen wird international über eine möglicherweise nötige dritte Impfung diskutiert. Vor allem Israel, Frankreich und Ungarn preschen hier vor. Die israelische Regierung bietet bereits Menschen ab 60 Jahren eine dritte Impfung mit Biontech an, wenn die zweite Covid-19-Impfung mehr als fünf Monate zurückliegt. Doch ist das von der wissenschaftlichen Datenlage gedeckt? Der Artikel in Der Spiegel (online) klärt über die Studienlage auf und stellt die bisherigen Erkenntnisse zusammen. Dabei wird deutlich, wie viele Unsicherheiten noch im Raum stehen. Auch ethische Fragen werden angerissen, ob nicht erst Länder mit Impfstoffen versorgt werden sollten, in denen die meisten Bewohner dem Virus schutzlos ausgesetzt sind. Nur die möglichen Kosten einer solchen dritten Impfung, Alternativen und mögliche Interessenkonflikte werden im Artikel leider nicht angesprochen.
Die Kriterien
1. Die POSITIVEN EFFEKTE sind ausreichend und verständlich dargestellt (NUTZEN).
Zunächst macht der journalistische Beitrag deutlich, dass der Nutzen einer Impfung in einem hohen Schutz vor einer Covid-19-Erkrankung liegt. Doch wie dauerhaft ist dieser Schutz? Zu diesem Aspekt erläutert der Artikel die Fortsetzung der Zulassungsstudie von Biontech/Pfizer. Die Analysen der Daten ergaben, dass die hohe Schutzwirkung mit der Zeit abnimmt. So reduzierte die Impfung das Erkrankungsrisiko nach der zweiten Dosis anfangs um noch um 91 bis 96 Prozent, ab vier Monaten nur noch um 84 Prozent. „Daraus ergibt sich ein Rückgang der Wirksamkeit gegen Covid-19 von etwa sechs Prozent alle zwei Monate.“, heißt es im journalistischen Beitrag. Auch wird darauf hingewiesen, dass noch unklar ist, „ob die Schutzwirkung der Impfung auch über längere Zeiträume alle zwei Monate um sechs Prozent sinkt“. Das heißt, aus den Analysen dieses Jahres kann nicht auf eine kontinuierlich-lineare Weiterentwicklung geschlossen werden. Der Beitrag führt zudem einen weiteren Nutzen-Aspekt an: Dass nämlich laut den Angaben des Robert-Koch-Instituts die meisten der trotz Impfung im Krankenhaus behandelten Covid-19-Patientinnen und -Patienten (663 von 757) mindestens 60 Jahre alt waren. Diese Daten stützten „die Entscheidung Israels, genau diese Altersgruppe nun erneut zu impfen“. Positiv ist auch, dass die Zahlen zur Wirksamkeit nicht nur als relative Werte angegeben werden, sondern zumindest zum Teil auch in absoluten Werten. Damit wird verständlicher, was die Prozentzahlen eigentlich bedeuten und auf was sie sich beziehen: „In der Analyse (…) traten 77 Covid-19-Fälle unter vollständig Geimpften auf und 850 unter Ungeimpften. Insgesamt reduzierte die Impfung das Risiko, an Covid-19 zu erkranken, somit um 91 Prozent.“
2. Die RISIKEN & NEBENWIRKUNGEN werden angemessen berücksichtigt.
3. Es wird klar, ob eine Therapie/ein Produkt/ein Test VERFÜGBAR ist.
4. Es werden ALTERNATIVE Behandlungsarten/Produkte/Tests vorgestellt.
5. Die KOSTEN werden im journalistischen Beitrag in angemessener Weise berücksichtigt.
6. Es sind keine Anzeichen von Krankheitserfindungen/-übertreibungen zu finden (DISEASE MONGERING).
7. Der journalistische Beitrag ordnet die QUALITÄT der Belege/der Evidenz ein.
8. Es werden UNABHÄNGIGE EXPERTEN oder QUELLEN genannt.
Zitiert wird zweimal der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach, zusätzlich als zweite unabhängige Expertin Krutika Kuppalli aus den USA (South Carolina). Beide wurden aber nicht direkt kontaktiert, sondern werden als Sekundärquelle aus anderen Veröffentlichungen zitiert (Twitter / Rheinische Post / NY Times). Keiner der beiden äußert sich zu den bisher vorliegenden Daten zur Drittimpfung. Das ist bedauerlich, dürfte es doch in der weltweit geführten Debatte nicht schwer sein, führende Fachleute zum diesem wichtigen Themenaspekt zu finden. Daher werten wir insgesamt nur knapp „NICHT ERFÜLLT“.