Zusammenfassung
Könnte ein bewährtes Medikament gegen Parasiten dabei helfen, Covid-19-Erkrankungen zu behandeln. Der Wirkstoff Ivermectin hat in ersten kleinen Studien Hoffnungen geweckt, dass er gegen Covid-19 helfen könnte. Befürworter der Therapie sehen sich durch die ersten Untersuchungen bestätigt, Kritiker wie die WHO und das Cochrane-Institut dagegen monieren, dass die Studienlange noch längst nicht ausreicht, um das Medikament empfehlen zu können. Ein journalistischer Beitrag in der Tageszeitung „Die Welt“ greift diese Diskussion auf, lässt beide Seiten zu Wort kommen und gibt die Studienlage gut und verständlich wieder. Allerdings wird im journalistischen Beitrag leider nicht erklärt, wie genau Ivermectin gegen Covid-19 helfen soll. Auch die einzige hochwertige klinische Studie zum Medikament wird nur sehr knapp erläutert – der mögliche Nutzen für die Patienten daher leider nicht deutlich.
Die Kriterien
1. Die POSITIVEN EFFEKTE sind ausreichend und verständlich dargestellt (NUTZEN).
2. Die RISIKEN & NEBENWIRKUNGEN werden angemessen berücksichtigt.
3. Es wird klar, ob eine Therapie/ein Produkt/ein Test VERFÜGBAR ist.
4. Es werden ALTERNATIVE Behandlungsarten/Produkte/Tests vorgestellt.
Alles in allem werten wir „NICHT ERFÜLLT“.
5. Die KOSTEN werden im journalistischen Beitrag in angemessener Weise berücksichtigt.
6. Es sind keine Anzeichen von Krankheitserfindungen/-übertreibungen zu finden (DISEASE MONGERING).
7. Der journalistische Beitrag ordnet die QUALITÄT der Belege/der Evidenz ein.
8. Es werden UNABHÄNGIGE EXPERTEN oder QUELLEN genannt.
9. Es werden, falls vorhanden, INTERESSENKONFLIKTE im Beitrag thematisiert.
10. Der Beitrag liefert Informationen zur EINORDNUNG der Thematik in einen Kontext (Neuheit, Ethik).
In welch schwieriger Situation sich die Medizin momentan befindet, wird im journalistischen Beitrag sehr gut deutlich. Es gibt kaum Medikamente, die Menschen mit einem schweren Covid-Verlauf nachweislich helfen können. Bis ein neuer Wirkstoff diesen Nachweis erbracht hat, kann es lange dauern. Zudem sind klinische Studien teuer, sodass nicht alle Therapiekandidaten aktuell untersucht werden können.
Auch wird der Forschungsstand zum Medikament umfassend eingeordnet. Mit Hilfe von Zitaten des Experten Stefan Kluge wird die Aussagekraft bisheriger Studien auch sogleich eingeordnet: „,Wir können nur Medikamente empfehlen, die bewiesen haben, dass sie wirken‘, sagt er. Einen solchen Beweis konnten aber weder er noch seine Kollegen beim Studium der entsprechenden Forschungsarbeiten finden“. Später im Beitrag verweist ein Anhänger des Ivermectin dann auf eine Metaanalyse amerikanischer Wissenschaftler, die den Stand der Forschung zu Ivermectin analysiert haben. Weiter heißt es: „Darin fanden sich zunehmende Belege dafür, dass Ivermectin sowohl sicher als auch wirksam bei der Behandlung von Covid-19-Patienten ist‘“. Und die Ergebnisse von Versuchen in Zellkulturen werden gleich eingeordnet: „Werden befallene Zellen im Labor in ein Ivermectin-Bad getaucht, das zeigten Melbourner Forscher im vergangenen Frühjahr, stellen die Erreger die Vermehrung ein. Dasselbe gilt allerdings auch für viele andere Chemikalien, etwa Benzin. Auf Menschen lässt sich die Erkenntnis aus dem Reagenzglas allerdings kaum übertragen.“ Schließlich noch der wichtige Hinweis: „(…) die Studie, die dem Ivermectin zu seiner Popularität in Südamerika verholfen hat, wurde wegen gefälschter Daten zurückgezogen.“ Daher werten wir insgesamt „ERFÜLLT“.
11. Der Beitrag gibt die wesentlichen Daten und Fakten korrekt wieder (FAKTENTREUE).
12. Der Beitrag über eine Pressemitteilung/das Pressematerial hinaus (JOURNALISTISCHE EIGENLEISTUNG).
13. Ein Beitrag vermittelt ein Thema interessant und attraktiv (ATTRAKTIVITÄT DER DARSTELLUNG).
14. Der Beitrag ist für ein Laienpublikum verständlich (VERSTÄNDLICHKEIT).
15. Das THEMA ist aktuell, relevant oder ungewöhnlich. (THEMENAUSWAHL).
Medizinjournalistische Kriterien: 13 von 15 erfüllt
Abwertung um einen Stern, da viermal nur knapp erfüllt.