Bewertet am 13. Mai 2024
Veröffentlicht von: FAZ.net

Ein Artikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (online) erklärt zunächst, was Bauchaorten-Aneurysmen sind, deren Häufigkeit und das grundlegende diagnostische Problem – wann eine Lebensgefahr und die Notwendigkeit einer Operation besteht. Leider wird das im Text beschriebene, diagnostische Verfahren allerdings nicht mit Daten unterfüttert, damit bleibt unklar, ob und wie gut die neue Methode ältere Techniken ergänzt und verbessert.

Zusammenfassung

Ein journalistischer Beitrag der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (online) berichtet über ein neues Verfahren, das bei der Diagnostik und Bewertung von Aorten-Aneurysmen helfen soll und greift damit ein relevantes und interessantes Thema auf, über das nicht häufig berichtet wird. Viele Menschen sind von Aortenaneurysmen betroffen und könnten von einer verbesserten Beurteilung ihres Risikos profitieren. Der Artikel ist verständlich geschrieben, einige Hintergrundinformationen werden sachlich, aber ohne Quellenangabe benannt. Auch die Art und Weise, wie die untersuchte und vorgestellte Technik funktionieren soll, ist gut verständlich. Allerdings wird nicht klar, inwiefern und wie gut diese Methode die herkömmlichen Untersuchungen ergänzen und damit die Diagnostik verbessern kann. Es wird eine kleine Studie dazu im Artikel erwähnt, genaue Daten dazu allerdings nicht (siehe auch hier). Auch geht der Text kaum über die Pressemitteilung der Frankfurt University of Applied Sciences hinaus, es werden keine unabhängigen Experten befragt und auch auf Interessenkonflikte wird nicht deutlich hingewiesen. Für eine klare Einordnung des Themas fehlen zudem Angaben dazu, wer an solchen Aneurysmen erkrankt und welche Therapien bislang zur Verfügung stehen.

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Die Kriterien

1. Die POSITIVEN EFFEKTE sind ausreichend und verständlich dargestellt (NUTZEN).

Im Artikel wird deutlich, worin die Probleme bei der Diagnostik von Aneurysmen bestehen: Die Ausweitungen der Blutgefäße machen keine Beschwerden und fallen oft erst auf, wenn es zu spät ist. Und selbst wenn sie festgestellt werden, ist nicht klar, ob eine Operation notwendig ist. Eine erweiterte Diagnostik könnte helfen, das Risiko der einzelnen Patienten besser zu bewerten, zum Beispiel die im Artikel beschriebene Methode. Hier werden nicht nur die Wand- und Strömungseigenschaften, sondern auch die Bewegungen der Gefäßwände begutachtet und damit besonders rissgefährdete Stellen womöglich identifiziert. Allerdings wird der Nutzen dieses neuen Verfahrens im Text nicht quantifiziert, es wird nur erwähnt, dass die neue und die gängige Methode (Angiographie) „sich ergänzen“ könnten. Leserinnen und Leser erhalten also keine Informationen darüber, welche Vorteile das neue Verfahren konkret bringt. Daher werten wir „NICHT ERFÜLLT“.

2. Die RISIKEN & NEBENWIRKUNGEN werden angemessen berücksichtigt.

Auf mögliche Risiken der Methode geht der Artikel nicht ein. Er benennt weder die Risiken einer falsch positiven Diagnose (würde einen unnötigen Eingriff nach sich ziehen) oder einer falsch negativen Information nicht (Lebensgefahr bleibt unerkannt). Die Leserinnen und Leser erfahren also nicht, wie oft die Methode falsch liegt.

3. Es wird klar, ob eine Therapie/ein Produkt/ein Test VERFÜGBAR ist.

Der Artikel sagt zwar, dass die nötigen Ultraschallgeräte in vielen Kliniken und Praxen vorhanden sind und nur noch um eine kommerzielle Software auf der Basis des Frankfurter Programms ergänzt werden müssten. Es bleibt aber unklar, ob bzw. wann und wo diese zu erhalten sein wird. Es ist unwahrscheinlich, dass sie schon validiert und verfügbar ist, wenn nur 22 Patienten damit untersucht wurden. Daher werten wir insgesamt knapp „NICHT ERFÜLLT“.

4. Es werden ALTERNATIVE Behandlungsarten/Produkte/Tests vorgestellt.

Es wird deutlich, dass sowohl Ultraschall als auch Angiographie für die Diagnostik von Aneurysmen wichtig sind. Allerdings wird die computertomografische Angiographie im Text nicht erklärt und auch nicht, wie gut sie für die Risikobewertung eines Aneurysmas funktioniert. Daher werten wir nur knapp „ERFÜLLT“.

5. Die KOSTEN werden im journalistischen Beitrag in angemessener Weise berücksichtigt.

Der Artikel geht nicht auf die Kosten ein, es bleibt unklar, wie teuer ein 4D-Ultraschall im Vergleich zum einfachen Ultraschall ist, auch der Vergleich zur Angiographie oder Computertomographie wird nicht gezogen, würde aber bei der hohen Anzahl an Patienten eine wichtige Rolle spielen. Eine Abschätzung der Kosten wäre für die Leserinnen und Leser interessant gewesen. Daher werten wir „NICHT ERFÜLLT“.

6. Es sind keine Anzeichen von Krankheitserfindungen/-übertreibungen zu finden (DISEASE MONGERING).

Der Artikel berichtet sachlich über die Gefahr von Aorten-Aneurysmen und übertreibt nicht in der Darstellung.

7. Der journalistische Beitrag ordnet die QUALITÄT der Belege/der Evidenz ein.

Der Artikel enthält nur einen kurzen Absatz zu der kleinen Pilotstudie, enthält aber keinerlei Ergebnisse und auch keine Einordnung der Ergebnisse oder des sehr kleinen Studiensettings.

8. Es werden UNABHÄNGIGE EXPERTEN oder QUELLEN genannt.

Im Text kommt lediglich der entwickelnde Experte für technische Mechanik zu Wort, indirekt noch ein Doktorand, Ko-Autor der Studie. Ein/e unabhängige/r ExpertIn wird nicht befragt, weitere Quellen nicht benannt.

9. Es werden, falls vorhanden, INTERESSENKONFLIKTE im Beitrag thematisiert.

Der forschende Experte Armin Huß überprüft nicht nur, inwiefern sich die 4D-Ultraschalltechnik für die Segment-Betrachtung der Aorta nutzen lässt. In seiner Funktion an der Frankfurt University of Applied Sciences hat er gemeinsam mit Kollegen offenbar auch ein kommerzielles Programm entwickelt, das in herkömmlichen Ultraschallgeräten genutzt werden könnte. Damit besteht ein klarer Interessenkonflikt, der zwar offengelegt, aber nicht thematisiert wird. Daher werten wir „NICHT ERFÜLLT“.

10. Der Beitrag liefert Informationen zur EINORDNUNG der Thematik in einen Kontext (Neuheit, Ethik).

Der Artikel ordnet nicht ein, wie gut die Methode des 4D-Ultraschall bereits untersucht ist und ob es bereits vorherige Studien im Zusammenhang mit Blutgefäßen und Aneurysmen gibt. Daher werten wir „NICHT ERFÜLLT“.

11. Der Beitrag gibt die wesentlichen Daten und Fakten korrekt wieder (FAKTENTREUE).

Wir haben keine Faktenfehler gefunden, wobei die Todesfälle durch ein gerissenes Aneurysma der Bauchaorta schwer zu beziffern sein dürften, da viele unerkannt bleiben.

12. Der Beitrag geht über eine Pressemitteilung/das Pressematerial hinaus (JOURNALISTISCHE EIGENLEISTUNG).

Der Beitrag liefert kaum selbst recherchierte Informationen, sondern bezieht sich fast ausschließlich auf die Pressemitteilung (siehe auch hier) und die darin von den beteiligten Experten stammenden Aussagen. Die Zahlen zur Epidemiologie etwa stammen vom Technik-Experten, werden aber so nicht kenntlich gemacht.

Einige wenige zusätzliche Informationen sind im Artikel zu finden, etwa der Vergleich der Aorta mit einem strapazierten Metallrohr. Auch wurde weder Sprache noch Duktus der Pressemitteilung übernommen. Daher werten wir insgesamt noch knapp „ERFÜLLT“.

13. Ein Beitrag vermittelt ein Thema interessant und attraktiv (ATTRAKTIVITÄT DER DARSTELLUNG).

Der Beitrag leitet mit einigen Hintergrundinformationen zu Aneurysmen in das Thema ein, um dann über die aktuelle Forschungsarbeit zu berichten. Der Text ist flüssig geschrieben.

14. Der Beitrag ist für ein Laienpublikum verständlich (VERSTÄNDLICHKEIT).

Der Text ist klar strukturiert und verständlich geschrieben. Allerdings wird die Angiographie nicht näher erklärt, auch wird bei der Methodenbeschreibung nicht klar, warum die Aufnahmen in Segmente eingeteilt werden und was eine „relative“ Verformung bedeutet. Insgesamt werten wir jedoch „ERFÜLLT“.

15. Das THEMA ist aktuell, relevant oder ungewöhnlich. (THEMENAUSWAHL).

Aufgrund der Vielzahl der Betroffenen von Aortenaneurysmen ist das Thema relevant, wobei jedoch eine kleine Studie in einem unbekannten Fachjournal (oder eine Pressemitteilung dazu) keinen aktuellen Anlass für eine Berichterstattung darstellen. Daher werten wir knapp „NICHT ERFÜLLT“.

Medizinjournalistische Kriterien: 6 von 15 erfüllt

Abwertung um einen Stern (von 2 auf 1 Stern), da wesentliche Kriterien wie Nutzen, Risiko, Einordnung nicht erfüllt sind.

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Kriterium erfüllt

Kriterium nicht erfüllt

Kriterium nicht anwendbar