Zusammenfassung
Im vorliegenden Artikel der Zeitschrift „Laura“ wird zunächst die persönliche Abneigung der Autorin gegen Gleitsichtbrillen thematisiert. Obwohl es sich bei der Alterssichtigkeit um einen natürlichen Prozess und keine Krankheit handelt, wird nur eine Augen-Operation als Alternative zur Brille genannt. Kontaktlinsen dagegen werden als Option nicht erwähnt. Im Artikel wird ein einziger Mediziner zitiert, wobei nur indirekt deutlich wird, dass es sich um einen Arzt handelt, der genau diese Eingriffe am Auge durchführt, also einen Interessenkonflikt hat. Außer der persönlichen und sehr allgemein gehaltenen Erfahrung der Autorin finden sich im Text keinerlei Quellen und Belege für Nutzen oder Nachteile des Verfahrens. Auch wird im Text – sehr werbend – nur eine einzige Klinikkette genannt, die diesen Eingriff anbietet. Dabei handelt es sich um eine Operation, die bereits breitflächig in Deutschland zum Einsatz kommt.
Hinweis: Der Originalbeitrag ist online nicht verfügbar.
Die Kriterien
1. Die POSITIVEN EFFEKTE sind ausreichend und verständlich dargestellt (NUTZEN).
Auch wird nicht darauf eingegangen, was eine solche Multifokallinse – bei einer erfolgreichen Therapie – leisten sollte: Nach dem Eingriff sollten nämlich drei Ebenen der Scharfeinstellung gewährleistet sein, in die Weite scharf sehen (Autofahren), ganz in der Nähe (beim Buch lesen oder Einfädeln eines Fadens in eine Nadel) und in einem mittleren Bereich (zum Beispiel am Computerarbeitsplatz oder Verrichtungen im Alltag). Nicht alle Kunstlinsen decken diese drei Bereiche ab, was im Beitrag jedoch nicht thematisiert wird. Insgesamt bleibt also leider unklar, wie erfolgreich diese OP-Methode beim Einsatz von Multifokallinsen tatsächlich ist und was als Erfolg definiert wird. Daher werten wir insgesamt „NICHT ERFÜLLT“.
2. Die RISIKEN & NEBENWIRKUNGEN werden angemessen berücksichtigt.
Auch wenn die OP-Risiken insgesamt nicht hoch sind, hätten sie doch genannt werden müssen, um die Leser*innen umfassend zu informieren, siehe hier: Verletzung der Linsenkapsel bei etwa 2 bis 3 von 100 Operationen, Verletzung der Iris oder des Augapfels bei weniger als 1 von 100 Operationen, Schwellung der Netzhaut: bei etwa 2 bis 3 von 100 Operierten, Verschiebung der Linse bei etwa 1 von 100 Operierten, Netzhautablösung: bei etwa 1 von 100 Operierten, Entzündung des Augeninneren (Endophthalmitis) bei weniger als 1 von 100 Operierten.
Genannt wird im Beitrag lediglich die eingeschränkte Nachtsicht, an die man sich „gewöhne“. Dies ist aber durchaus nicht immer der Fall. Laut eines Cochrane Reviews ist unklar, ob die Vorteile der Multifokallinsen die negativen Effekte aufwiegen, wie eben die häufiger auftretenden Lichtkreise (Halos) und Blendungseffekte, siehe auch hier.
Daher werten wir insgesamt „NICHT ERFÜLLT“.
3. Es wird klar, ob eine Therapie/ein Produkt/ein Test VERFÜGBAR ist.
Es wird zwar berichtet, dass die Behandlung durch das Unternehmen Smile Eyes an 14 Standorten in Deutschland angeboten wird. Es könnte so bei den Leser*innen der Eindruck entstehen, dass dies der einzige Anbieter des Verfahrens sei. Immerhin wird im Text indirekt deutlich, dass es sich um keine seltene Therapie handelt, weil die Patientin offensichtlich schon länger mit dem Gedanken gespielt hat, die Behandlung ihr offensichtlich bereits bekannt war. Auch wird erwähnt, dass die Krankenkassen unter bestimmten Bedingungen die Kosten übernehmen. Daher werten wir insgesamt noch knapp „ERFÜLLT“.
4. Es werden ALTERNATIVE Behandlungsarten/Produkte/Tests vorgestellt.
Klar ist, dass die Kunstlinsen-OP eine Alternative zur Brille sein kann. Wichtige Unterschiede zwischen den Kunstlinsen, (Bifokal, Trifokal, Gleitsicht, siehe z.B. hier) werden nicht erläutert. Leserinnen und Leser erfahren auch nicht, ob mit Multifokallinsen in allen Bereichen die gleiche Sehschärfe erreicht wird, wie mit einer Brille. Daher werten wir insgesamt knapp „NICHT ERFÜLLT“.
5. Die KOSTEN werden im journalistischen Beitrag in angemessener Weise berücksichtigt.
6. Es sind keine Anzeichen von Krankheitserfindungen/-übertreibungen zu finden (DISEASE MONGERING).
7. Der journalistische Beitrag ordnet die QUALITÄT der Belege/der Evidenz ein.
8. Es werden UNABHÄNGIGE EXPERTEN oder QUELLEN genannt.
9. Es werden, falls vorhanden, INTERESSENKONFLIKTE im Beitrag thematisiert.
Dieser Interessenkonflikt hätte im Beitrag thematisiert werden müssen.
10. Der Beitrag liefert Informationen zur EINORDNUNG der Thematik in einen Kontext (Neuheit, Ethik).
11. Der Beitrag gibt die wesentlichen Daten und Fakten korrekt wieder (FAKTENTREUE).
12. Der Beitrag geht über eine Pressemitteilung/das Pressematerial hinaus (JOURNALISTISCHE EIGENLEISTUNG).
13. Ein Beitrag vermittelt ein Thema interessant und attraktiv (ATTRAKTIVITÄT DER DARSTELLUNG).
14. Der Beitrag ist für ein Laienpublikum verständlich (VERSTÄNDLICHKEIT).
Weder wird im Beitrag die Alterssichtigkeit erklärt, noch die Augen-Operation, um diese mit Hilfe einer Multifokallinsen zu beheben. Auch wird nicht erläutert, dass es verschiedene Arten von Multifokallinsen gibt, welche Überlegungen (bifokal, multifokal, gar kein Linsenersatz im Auge) man hierbei anstellen könnte, um sich für oder gegen einen solchen Eingriff zu entscheiden. Im journalistischen Beitrag erscheint die Linsenoperation als einfache, optimale Lösung, ohne dass deutlich wird, dass dies längst nicht in jedem Fall so ist.