Zusammenfassung
Gern erinnern sich viele Menschen an den vergangenen Sommer zurück. Die Corona-Inzidenz war verschwindend niedrig, ein nur wenig eingeschränkter Alltag möglich. Auch deshalb kommt derzeit die Hoffnung auf, dass allein die intensivere UV-Strahlung der warmen Monate die Infektionsraten deutlich reduzieren könnte. Ein journalistischer Beitrag im Spiegel (online) klärt jedoch darüber auf, wie gering der Einfluss der UV-Strahlung auf die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Coronavirus ist – mit Bezug auf eine wissenschaftliche Studie, die soeben zum Thema erschienen ist. Leider werden jedoch keine weiteren Studien zum Thema erwähnt, die aktuelle Untersuchung wird somit nicht in einen größeren Kontext eingeordnet. Zudem hätte der Artikel an mancher Stelle von einer klareren Sprache profitiert.
Die Kriterien
1. Die POSITIVEN EFFEKTE sind ausreichend und verständlich dargestellt (NUTZEN).
2. Die RISIKEN & NEBENWIRKUNGEN werden angemessen berücksichtigt.
3. Es wird klar, ob eine Therapie/ein Produkt/ein Test VERFÜGBAR ist.
4. Es werden ALTERNATIVE Behandlungsarten/Produkte/Tests vorgestellt.
5. Die KOSTEN werden im journalistischen Beitrag in angemessener Weise berücksichtigt.
6. Es sind keine Anzeichen von Krankheitserfindungen/-übertreibungen zu finden (DISEASE MONGERING).
7. Der journalistische Beitrag ordnet die QUALITÄT der Belege/der Evidenz ein.
Schließlich werden auch weitere mögliche Einflussfaktoren erwähnt, die eine sinkende Inzidenz bewirken könnten: „Positiv auswirken dürfte sich auch, dass Menschen bei wärmerem Wetter und höherer UV-Strahlung häufiger draußen unterwegs sind, wo das Infektionsrisiko geringer ist. Zudem kann das Immunsystem Infektionen bei höheren Temperaturen womöglich effizienter abwehren – beispielsweise, weil die Abwehrzellen etwa in der Nasenschleimhaut dann schneller agieren als bei Kälte.“ Insgesamt werden also viele Aspekte der Untersuchung erläutert. Schade ist nur, dass die eingeschränkte Aussagekraft der vorliegenden Beobachtungsstudie nur indirekt angesprochen wird. Daher werten wir insgesamt knapp „ERFÜLLT“.
8. Es werden UNABHÄNGIGE EXPERTEN oder QUELLEN genannt.
9. Es werden, falls vorhanden, INTERESSENKONFLIKTE im Beitrag thematisiert.
10. Der Beitrag liefert Informationen zur EINORDNUNG der Thematik in einen Kontext (Neuheit, Ethik).
11. Der Beitrag gibt die wesentlichen Daten und Fakten korrekt wieder (FAKTENTREUE).
12. Der Beitrag über eine Pressemitteilung/das Pressematerial hinaus (JOURNALISTISCHE EIGENLEISTUNG).
13. Ein Beitrag vermittelt ein Thema interessant und attraktiv (ATTRAKTIVITÄT DER DARSTELLUNG).
14. Der Beitrag ist für ein Laienpublikum verständlich (VERSTÄNDLICHKEIT).
Der Begriff „Inzidenz“ hätte erläutert werden können, wobei man diesen Begriff nach mehr als einem Jahr Covid-19-Krise inzwischen voraussetzen kann („Bundesweit liegt die Sieben-Tage-Inzidenz bei gut 150“). Unverständlich dürfte den Leser*innen dagegen folgende Aussage bleiben: „‚Zehn Kilojoule zusätzliche ultraviolette Strahlung pro Quadratmeter senken das R um 0,05 ab,‘ berichten die Fachleute im Fachblatt ‚One Health‘.“ Daher werten wir insgesamt knapp „NICHT ERFÜLLT“.
15. Das THEMA ist aktuell, relevant oder ungewöhnlich. (THEMENAUSWAHL).
Medizinjournalistische Kriterien: 11 von 15 erfüllt
Abwertung um einen Stern (von 4 auf 3 Sterne), weil die Studie nicht in einen Gesamtkontext eingeordnet wird.