Zusammenfassung
Der Beitrag beschäftigt sich mit einem aktuellen und relevanten Thema: der Feinstaub-Belastung durch Autos und der Genauigkeit von Abgasuntersuchungen. Es wird berichtet, dass Testmessungen einer Umwelt- und Verbraucherorganisation höhere Feinstaubwerte ergaben als die offiziellen Untersuchungen und Herstellerangaben. Doch fehlt es an Erläuterungen zu den Unterschieden der Verfahren, so dass Hörerinnen und Hörer deren Aussagekraft nicht nachvollziehen können. Wie groß das Problem ist, wird damit nicht klar. In den Sprechertexten werden die Experten-Informationen nicht eingeordnet und gewichtet. Es fehlt eine Gegenposition oder Einordnung zur Kritik der Umweltorganisation.
Der Beitrag verwendet viele Fachworte und nennt technische Details, ohne diese weiter zu erklären, so dass der Beitrag für ein nicht vorgebildetes Publikum teilweise unverständlich bleibt.
Der Beitrag wurde sehr kurz (ca. 1,5 h) nach Erscheinen der Pressemitteilung gesendet, so dass die Zeit für Hintergrundrecherchen möglicherweise nicht ausreichte. Hier wäre womöglich eine etwas spätere Publikation sinnvoller gewesen, die mehr Gelegenheit für ein journalistisches Hinterfragen und Einordnen der interessanten Informationen gelassen hätte.
Umweltjournalistische Kriterien
1. KEINE VERHARMLOSUNG/ PANIKMACHE: Umweltprobleme werden weder bagatellisiert noch übertrieben dargestellt.
2. BELEGE/ EVIDENZ: Studien, Fakten und Zahlen werden so dargestellt, dass deren Aussagekraft deutlich wird.
Ebenso bleibt das Ergebnis weitgehend im Dunkeln: Wie viele Fahrzeuge erreichten bedenkliche Werte? Wie stark unterscheiden sich die Ergebnisse zwischen „Onboard-Einheit“ und Testmessung? Welches Messverfahren wurde von der DUH eingesetzt? Und warum soll dieses Verfahren zu zuverlässigeren Ergebnissen führen als die bisher eingesetzten Methoden, die, so ist zu hören, „nicht dem Stand der Technik“ entsprechen? Hörerinnen und Hörer können die Kritik an den offiziellen Messungen nicht einordnen, weil sie nichts über die Tests der DUH erfahren, und nichts darüber, wie groß die Abweichungen sind. Hier ist die zugrundeliegende Pressemitteilung viel informativer. Auch zu den eingangs kurz angesprochenen Gesundheitsgefahren fehlt im Beitrag jede nähere Information.
3.EXPERTEN/ QUELLENTRANSPARENZ: Quellen werden benannt, Interessenkonflikte deutlich gemacht.
Auch der zitierte Wissenschaftler der Universität Duisburg-Essen, Ferdinand Dudenhöffer, wird als Professor für Automobilwirtschaft an der Universität und Leiter des Center Automotive Research zutreffend eingeordnet. Allerdings wird nicht recht deutlich, warum er als Experte für Partikel in Abgasen herangezogen wird; hier drängt sich womöglich der Eindruck auf, dass bei der Recherche aus Bequemlichkeit auf den in den Medien beliebten Universal-Experten in Sachen Auto („Autopapst“) zurückgegriffen wurde, statt nach einem hier besser passenden Experten zu suchen. Tatsächlich äußert Dudenhöffer sich auch nicht zu den Messungen, sondern plädiert für Elektroautos als Lösungsmöglichkeit. Insgesamt werten wir noch „erfüllt“.
4.PRO UND CONTRA: Die wesentlichen Standpunkte werden angemessen dargestellt.
Der Beitrag gibt nahezu ausschließlich die Kritik der DUH wieder an den üblichen Prüfverfahren wieder. Zwar wird in der zweiten Hälfte des Beitags mit dem Wissenschaftler Prof. Dudenhöfer, noch ein zweiter O-Ton-Geber zitiert. Dieser führt aber vor allem ein neues Thema ein, nämlich die Elektromobilität, und trägt damit nicht dazu bei, den vorher aufgemachten Konflikt zu klären. (Wie schon unter Punkt 3 erwähnt, hätte sich hier womöglich eine Recherche jenseits des Standard-Experten gelohnt). Wenn derart massiv Messverfahren der Autohersteller kritisiert werden, müsste man dazu außerdem eine Stellungnahme der Betroffenen einholen oder eine Stellungnahme der offiziellen Prüfstellen Dekra / TÜV zur gängigen Prüfpraxis. Da dieser Gegenpol fehlt, ist es für Hörerinnen und Hörer kaum möglich, sich ein eigenes Bild zu machen. Selbst die – vermutete – Position der Bundesregierung wird ausschließlich von DUH-Geschäftsführer Resch formuliert: „Man möchte ausschließlich auf die Hersteller-Prüfung setzen, die Onboard-Diagnostik.“
5. Der Beitrag geht über die PRESSEMITTEILUNG/ das Pressematerial hinaus.
6. Der Beitrag macht klar, wie ALT oder NEU ein Umweltproblem, eine Umwelttechnik, ein Regulierungsvorschlag o.ä. ist.
7. Der Beitrag nennt – wo möglich – LÖSUNGSHORIZONTE und HANDLUNGSOPTIONEN.
8. Die RÄUMLICHE DIMENSION (global/lokal) wird dargestellt.
Mit einem Satz geht der Sprechertext auf die Manipulation von Messgeräten in den USA ein. Ob man deswegen auch in Deutschland oder in Europa mit manipulierten Messgeräten rechnen muss, erläutert er nicht.
9. Die ZEITLICHE DIMENSION (Nachhaltigkeit) wird dargestellt.
Der Beitrag geht nicht ausreichend auf die zeitliche Dimension ein: Seit wann gibt es neue Messtechniken oder neue Regulierungsvorschriften? In der Pressemitteilung sind dazu Informationen vorhanden: Aktuell steht eine Revision der EU-Verordnung zur Abgasuntersuchung an. Und Messprobleme bestehen offenbar seit der Einführung der Euro 4-Norm in 2005. Wenn es in einem O-Ton des Radiobeitrags heißt „Für die moderne Technik der Otto-Motoren, der Benzin-Motoren gilt das in gleicher Weise“, wird nicht klar, von welcher Fahrzeuggeneration hier die Rede ist, und zu der Information „Neue Fahrzeuge werden überhaupt nicht mehr getestet“, erläutert der Beitrag nicht, seit wann das so gehandhabt wird.
10. Der politische/ wirtschaftliche/ soziale/ kulturelle KONTEXT(z.B. KOSTEN) wird einbezogen.
Allgemeinjournalistische Kriterien
1. Das THEMA ist aktuell, relevant oder originell. (THEMENAUSWAHL)
Die Belastung mit Feinstaub ist ein latent aktuelles Thema; die Untersuchung als Anlass ist zwar sehr klein, aber die Berichterstattung sehr zeitnah, die Aktualität damit gegeben. Falsche Messungen der Abgase sind interessant und relevant.
2. Die journalistische Darstellung des Themas ist gelungen. (VERSTÄNDLICHKEIT/VERMITTLUNG)
3. Die Fakten sind richtig dargestellt. (FAKTENTREUE)
Umweltjournalistische Kriterien: 4 von 10 erfüllt
Allgemeinjournalistische Kriterien: 2 von 3 erfüllt
Aufgrund der Mängel in der journalistischen Darstellung werten wir um einen Stern ab.