Zusammenfassung
Der Radiobeitrag greift ein aktuelles und auch sehr spannendes Thema auf, die ökologische Relevanz von 3D-Druckern. Dabei gelingt eine verständliche und gut abgewogene Darstellung von Vor- und Nachteilen der neuen Technik. Doch bleiben manche Fragen offen. Wie verbreitet diese Drucker in Haushalt und Industrie schon sind, erfährt man nicht. Auch die Lebensdauer eines solchen Gerätes und die Frage, wie häufig es im privaten Haushalt tatsächlich genutzt würde, werden nicht thematisiert. Diese Punkte wären aber für die Ökobilanz wichtig, weil bei technischen Geräten oft ein Großteil der Umweltbelastung im Lebenszyklus aus der Herstellung resultiert. Auch sonst fehlen Zahlen und Fakten, die es Hörerinnen und Hörern ermöglichen würden, die Aussagen zu bewerten und zu beurteilen, ob die Technologie umweltfreundlich oder eher schädlich ist.
Ärgerlich sind zwei Fehler im Beitrag: Zum einen wird die ein Jahr alte Studie des Öko-Instituts, die dem Beitrag zugrunde liegt, als „gerade neu“ vorgelegt bezeichnet (offenbar wurde der Beitrag erst Monate nach Fertigstellung gesendet). Zum anderen wird eine Prognose zur künftigen Entwicklung des 3D-Druck falsch interpretiert, so dass dessen künftige Bedeutung drastisch übertrieben erscheint.
Urheberrechtliche, wirtschaftliche oder soziale Aspekte – etwa mögliche Auswirkungen des neuen Produktionsverfahrens auf Arbeitsplätze – kommen nicht vor.
Hinweis: Der Originalbeitrag ist online leider nicht mehr verfügbar.
Umweltjournalistische Kriterien
1. KEINE ÜBERTREIBUNG / VERHARMLOSUNG: Risiken und Chancen werden weder übertrieben dargestellt noch bagatellisiert.
2. BELEGE/ EVIDENZ: Studien, Fakten und Zahlen werden so dargestellt, dass deren Aussagekraft deutlich wird.
Auch fehlen Informationen dazu, welche Substanzen in Zukunft zum Drucken benutzt werden sollen, und ob einige davon möglicherweise problematisch oder vorteilhaft sind.
3.EXPERTEN/ QUELLENTRANSPARENZ: Quellen werden benannt, Abhängigkeiten deutlich gemacht und zentrale Aussagen durch mindestens zwei Quellen belegt.
Der Beitrag erwähnt zwar, dass die Studie zum 3D-Druck vom Öko-Institut erstellt wurde, allerdings wird der Auftraggeber nicht genannt. Dass es sich dabei um die Fraktion „Die Grünen/ Europäische Freie Allianz“ im Europaparlament handelt, wäre eine wichtige Information gewesen Auch der zitierte Experte Eric Klemp vom „Direct Manufacturing Research Center“ (DMRC) der Universität Potsdam wird ganz neutral als Berater von Industriefirmen vorgestellt. In der Studie selbst (S. 12) steht dagegen: “The objective of the DMRC is to promote the development of additive manufacturing processes and systems and to make AM a standard production process.“ Hier wird also jemand interviewt, dessen Auftrag es ist, den industriellen Einsatz des 3D-Drucks zu fördern, ohne dass das deutlich gemacht wird. Die Rolle des Öko-Instituts oder des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung müssen dagegen nicht unbedingt weiter beschrieben werden, da diese Institutionen und ihre Arbeitsweise bekannt sind.
4.PRO UND CONTRA: Es werden die wesentlichen relevanten Standpunkte angemessen dargestellt.
5. PRESSEMITTEILUNG: Der Beitrag geht deutlich über die Pressemitteilung / das Pressematerial hinaus.
6. ALT oder NEU: Der Beitrag macht klar, ob es sich um ein neu aufgetretenes Umweltproblem, eine innovative Umwelttechnik o.ä. handelt, oder ob diese schon länger existieren.
Dass es aber in jüngerer Zeit hohe Wachstumsraten gibt, erwähnt der Beitrag nicht – die Pressemeldung nennt „bis zu 30 Prozent in 2011“.
7. LÖSUNGSHORIZONTE und HANDLUNGSOPTIONEN / kein „Greenwashing“: Der Beitrag nennt Wege, um ein Umweltproblem zu lösen, soweit dies möglich und angebracht ist.
8. RÄUMLICHE DIMENSION (lokal / regional / global): Die räumlichen Dimensionen eines Umweltthemas werden dargestellt.
9. ZEITLICHE DIMENSION (Nachhaltigkeit): Die zeitliche Reichweite eines Umweltproblems oder Phänomens wird dargestellt.
Im Beitrag wird klar, dass es sich um einen Trend handelt, der Anteil des 3D-Drucks also zunimmt. Allerdings bleiben die Zeiträume und die Geschwindigkeit der Entwicklung unklar.
Die Prognose für 2020 beruht auf einer falsch verstandenen Zahl (siehe 3. Allgemeinjournalistisches Kriterium, Faktenfehler).
Die wichtige Frage nach der Lebensdauer der 3D-Drucker wird nicht gestellt. Legt man die in der Computertechnik inzwischen verbreitete kurze Lebensdauer zugrunde, wird der 3D-Drucker womöglich nur in Firmen, nicht aber in Privathaushalten einen ökologischen Vorteil bringen können – weil er schon veraltet ist und zum Elektronikschrott wird, ehe er die Rohstoffe und Energie, die in dem Gerät stecken, eingespart haben wird. Diesen Aspekt hätte man zwingend erwähnen müssen, da ansonsten keine sinnvolle Ökobilanz der neuen Technologie möglich ist.
Irreführend ist schließlich die Formulierung „stellt das Öko-Institut gerade in einer neuen Studie fest“. Tatsächlich war die Studie zum Zeitpunkt der Sendung fast genau ein Jahr alt. Das ist ein gravierender Mangel, v.a. bei einer Technik, die sich so rasant entwickelt wie der 3D-Druck. Es ist gut möglich, dass sich der Stand der Dinge mittlerweile geändert hat, es z.B. neue und konkretere Zahlen gibt. Zumindest aber hätte man offen legen müssen, dass hier eine alte Studie herangezogen wird, v.a. bei einem so aktuellen Format wie einer täglichen Radiosendung.
10. KONTEXT / KOSTEN: Es werden politische, soziale oder wirtschaftliche Aspekte eines Umweltthemas einbezogen.
Der Beitrag geht an keiner Stelle auf wirtschaftliche Aspekte ein. Das ist aber bei einer neuen Technik ein entscheidender Faktor. So hätte man am Beispiel der im Beitrag erwähnten neuen Tasse fragen können, was es denn kosten würde, eine solche zu drucken. Vermutlich ist der Kauf einer neuen Tasse billiger. Interessant wäre außerdem zu erfahren, wie sich Industrieprozesse – abgesehen von der technischen Seite – durch den 3D-Druck verändern. Was bedeutet das z.B. für Arbeitsplätze und die Perspektiven verschiedener Branchen? Die Informationen aus der Studie dazu greift der Beitrag nicht auf. Auch die vieldiskutierten urheberrechtlichen Probleme (z.B. hier und hier) bleiben ausgespart.