Zusammenfassung
Die weltweit, vor allem aber über der Antarktis geschädigte Ozonschicht dünnt derzeit nicht mehr weiter aus; sie könnte in 15 Jahren voraussichtlich wieder den Stand des Jahrs 1980 erreichen, berichtet ein Beitrag in der ARD Tagesschau. Er bezieht sich dabei auf eine Veröffentlichung des United Nations Environment Programme (UNEP) und der World Meteorological Organization (WMO), die am Sendetag auf einer Pressekonferenz der Vereinten Nationen vorgestellt wurde. Dabei macht der Nachrichtenbeitrag deutlich, dass die Prognose auf Modellrechnungen beruht. Zusätzlich wird eine Einschätzung eines unabhängigen Experten eingeholt. Der zeitliche Verlauf der Problematik wird angemessen umrissen. Weniger klar wird dabei, dass das Ozonloch derzeit stagniert und nicht etwa schon zu schrumpfen begonnen hat.
Auf der inhaltlichen und vor allem auch der bildlichen Ebene vermischt der Fernsehbeitrag Begriffe aus der Diskussion um den menschengemachten Klimawandel mit Fakten zum Abbau der Ozonschicht. Das ist fürs Publikum verwirrend, zumal die bestehenden Zusammenhänge zwischen beiden Themenfeldern nicht einmal ansatzweise erläutert werden. Auch die Folgen für die Entwicklung von Hautkrebsfällen werden irreführend dargestellt.
Hinweise zu politischen Zusammenhängen fehlen. So erfahren Zuschauerinnen und Zuschauer nicht, was es mit dem kurz genannten „Protokoll von Montreal“ auf sich hat, das für den Schutz der Ozonschicht wesentlich war; auch wirtschaftliche Aspekte des Ersatzes von FCKW bleiben außen vor.
Hinweis: Der Originalbeitrag ist online nicht mehr verfügbar.
Umweltjournalistische Kriterien
1. KEINE VERHARMLOSUNG/ PANIKMACHE: Umweltprobleme werden weder bagatellisiert noch übertrieben dargestellt.
Der kurze Nachrichtenbeitrag berichtet in sachlichem Ton über die Entwicklung der atmosphärischen Ozonschicht. Weder bagatellisiert er das Thema noch bauscht er es auf. So nennt er die beginnende Erholung „einen positiven Trend“, dessen Fortschreibung durch Modellrechnungen gestützt wird. Es kann allerdings durch ungenaue Formulierungen im Beitrag („die Ozonschicht baue sich wieder auf“) der Eindruck entstehen, dass das Ozonloch bereits jetzt schrumpfe, während die Wissenschaftler des United Nations Environment Programme (UNEP) und der World Meteorological Organization (WMO) sehr viel vorsichtiger formulieren. Danach stagniere die Ozonzerstörung und es gebe Anzeichen für eine langsame Verbesserung der Lage. Wir werten daher „knapp erfüllt“.
2. BELEGE/ EVIDENZ: Studien, Fakten und Zahlen werden so dargestellt, dass deren Aussagekraft deutlich wird.
Dann aber vermengt der Nachrichtenfilm die Themen „Ozonzerstörung“ und „Klimaerwärmung/ Treibhausgase“ so, dass für ein Laienpublikum die Zusammenhänge nicht klar werden. So wird behauptet, dass „Abgase von Industrie, Verkehr und Landwirtschaft, aber auch so genannte Treibhausgase in FCKW in Haushaltsgeräten“ für die Beschädigung der Ozonschicht verantwortlich seien. Dazu zeigt der TV-Beitrag Bilder von dampfenden Kühltürmen, rauchenden Schloten und PKW im Smog. Das ist irreführend und entspricht nicht den Inhalten des UNEP/WMO-Berichts. Für den Abbau der Ozonschicht sind nicht „auch“, sondern vor allem halogenierte Kohlenwasserstoffe wie FCKW verantwortlich. Dass sie zugleich Treibhausgase sind, hat mit der Ozonzerstörung zunächst nichts zu tun. An dieser Stelle wäre es entweder nötig gewesen, die komplizierten wechselseitigen Einflüsse von Klimawandel und Veränderung der Ozonschicht zu erläutern und mit entsprechenden weiteren Quellen zu belegen (was jedoch in einem so kurzen Nachrichtenbeitrag kaum möglich erscheint), oder aber auf die Einbeziehung dieses Aspekts zu verzichten.
Eine weitere Ungenauigkeit findet sich im letzten Teil des Films, der suggeriert, es werde eine drastische Abnahme der Hautkrebsfälle geben. Dies steht so nicht im UNEP/WMO-Bericht – siehe dazu die Ausführungen beim 3. allgemeinjournalistischen Kriterium „Faktentreue“.
3. EXPERTEN/ QUELLENTRANSPARENZ: Quellen werden benannt, Interessenkonflikte deutlich gemacht.
Als weiterer Experte kommentiert der Klimaforscher Prof. Mojib Latif die Ergebnisse. Interessenkonflikte konnten wir keine erkennen. Wir werten „knapp erfüllt“.
4. PRO UND CONTRA: Die wesentlichen Standpunkte werden angemessen dargestellt.
5. Der Beitrag geht über die PRESSEMITTEILUNG/ das Pressematerial hinaus.
6. Der Beitrag macht klar, wie ALT oder NEU ein Umweltproblem, eine Umwelttechnik, ein Regulierungsvorschlag o.ä. ist.
Allerdings erwähnt der Beitrag nicht, dass über eine Stabilisierung der Ozonschicht auch schon in einem UNEP-Report von 2010 berichtet wurde. Wir werten daher „knapp erfüllt“.
7. Der Beitrag nennt - wo möglich - LÖSUNGSHORIZONTE und HANDLUNGSOPTIONEN.
Der gesamte Problembereich der FCKW-Ersatzstoffe – die einerseits Ozon-schädigende Substanzen ersetzen, andererseits aber z.T. als starke Treibhausgase wirken – bleibt im Beitrag ausgeklammert.
8. Die RÄUMLICHE DIMENSION (global/lokal) wird dargestellt.
9. Die ZEITLICHE DIMENSION (Nachhaltigkeit) wird dargestellt.
Über den Grund für diesen Zeitrahmen – die Langlebigkeit der FCKW und anderer mittlerweile verbotener Stoffe – erfährt man allerdings nichts. Wir werten deshalb nur „knapp erfüllt.“
10. Der politische/ wirtschaftliche/ soziale/ kulturelle KONTEXT (z.B. KOSTEN) wird einbezogen.
Auf die Kosten des Verbots Ozon-schädigender Stoffe geht der Beitrag nicht ein, die wirtschaftlichen Vor- und Nachteile der Ersatzstoffe spricht er nicht an.
Allgemeinjournalistische Kriterien
1. Das THEMA ist aktuell, relevant oder originell. (THEMENAUSWAHL)
2. Die journalistische Darstellung des Themas ist gelungen. (VERSTÄNDLICHKEIT/VERMITTLUNG)
3. Die Fakten sind richtig dargestellt. (FAKTENTREUE)
Beitrag enthält zwei inhaltliche Fehler bzw. Ungenauigkeiten: Zum einen vermischt der Beitrag die Begrifflichkeiten von Ozonzerstörung und Klimaerwärmung – siehe dazu Kriterium 2 „Belege/Evidenz“. Zum anderen wird fälschlicherweise berichtet, dass die Vereinten Nationen eine Abnahme der Gesamtzahl von Hautkrebsfällen erwarten. Im letzten Teil des Films heißt es „UN-Wissenschaftler weisen auch darauf hin, dass die Zahl der Hautkrebsfälle nun zurückgehen könnte. Sie schätzen, dass bis 2030 jährlich im Schnitt 2 Millionen Menschen weniger erkranken.“ Diese Aussage ist nicht durch die Veröffentlichung der Vereinten Nationen gedeckt, da diese keine Aussage zur Gesamtzahl der Hautkrebsfälle trifft. Tatsächlich heißt es im Bericht, den Modellen zufolge werde das Protokoll von Montreal bis 2030 jährlich 2 Millionen Hautkrebsfälle verhindert haben. Ohne die Maßnahmen zum Schutz der Ozonschicht würde die Zahl der Fälle weiter steigen, mit der Stabilisierung/ dem langsamen Wiederaufbau des Ozons wird diese Entwicklung gebremst. Das ist aber nicht das Gleiche wie eine Abnahme der Fälle gegenüber dem derzeitigen Stand, die der Beitrag suggeriert.
Umweltjournalistische Kriterien: 6 von 9 erfüllt
Allgemeinjournalistische Kriterien: 2 von 3 erfüllt
Da vier der sechs erfüllten umweltjournalistischen Kriterien nur knapp erfüllt sind, werten wir um einen Stern ab.