Bewertet am 11. April 2014
Veröffentlicht von: Deutschlandfunk

Ein Radiobeitrag im Deutschlandfunk berichtet über den Jahresbericht der Welt-Meteorologie-Organisation (WMO). Ein journalistischer Experte wird von einer Kollegin zu den zentralen Ergebnissen – einem weiteren Anstieg der globalen Temperaturen und einer Häufung von Extremwetterereignissen – befragt.

Zusammenfassung

In der Form eines Kollegengesprächs werden zentrale Ergebnisse des Jahresberichts der Welt-Meteorologie-Organisation (WMO) über das Wetter 2013 vorgestellt. Der Radiobeitrag nennt hier viele interessante Fakten und Beispiele für extreme Wetterereignisse aus dem Bericht der Meteorologen. Doch fehlt es an einer Einordnung der vielen Ergebnisse für Hörerinnen und Hörer. Sie erfahren nicht, ob diese neuen Daten mit bereits bekannten übereinstimmen oder welche unterschiedlichen Interpretationen es möglicherweise gibt. Wie der WMO-Bericht zum „Pausieren“ des Klimawandels passt, über das im vergangenen Jahr oft berichtet wurde, erläutert der Beitrag nicht. Weitere Quellen neben dem WMO-Bericht werden zu diesen Fragen nicht herangezogen. Insgesamt spricht der Beitrag viele wichtige Aspekte an, doch keiner wird so weit vertieft, dass er nachhaltiges Interesse wecken könnte.

Title

Umweltjournalistische Kriterien

1. KEINE VERHARMLOSUNG/ PANIKMACHE: Umweltprobleme werden weder bagatellisiert noch übertrieben dargestellt.

In einem Radiobeitrag befragt eine Moderatorin einen journalistischen Experten zum Thema Wetter und Klima. Anlass ist der Jahresbericht der Welt-Meteorologie-Organisation (WMO) über das Wetter 2013. In dem Gespräch werden die Wetterdaten in die langen Klimareihen eingereiht, die von verschiedenen Stellen erhoben wurden. Der Interviewte weist auf die Häufung von extremen Wetterlagen hin, die die WMO festgestellt hat. Dabei wird die Lage weder verharmlost noch übertrieben. Der journalistische Experte referiert die Fakten, die die WMO präsentiert hat, in neutraler Weise.

2. BELEGE/ EVIDENZ: Studien, Fakten und Zahlen werden so dargestellt, dass deren Aussagekraft deutlich wird.

Das Gespräch gibt die Aussagen des Jahresberichts der WMO richtig wieder. Es wird deutlich, dass die Aussagen des WMO-Berichts auf drei unterschiedlichen Messreihen beruhen, die bestätigen, dass der Klimawandel weiter geht. Die Frage danach, ob der Klimawandel die Ursache dafür ist, dass sich extreme Wetterereignisse häufen, wird eher vage beantwortet. („das passt zum Bild des Klimawandels.“). Da dies eine umstrittene Frage ist, wäre es wichtig gewesen nachzufragen, wie gut ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Klimawandel und Extremwetterereignissen belegt ist.

Auch sonst fehlt eine Einordnung der WMO-Daten. Die Erklärung, warum 2013 mal als viertwärmstes Jahr eingestuft wird (so durch die US-Wetterbehörde NOAA), mal als sechstwärmstes, wird zwar versucht, erschließt sich aber beim Hören des Beitrags nicht. Wir werten daher „knapp nicht erfüllt“.

3. EXPERTEN/ QUELLENTRANSPARENZ: Quellen werden benannt, Interessenkonflikte deutlich gemacht.

Für den ganz überwiegenden Teil des Beitrags wird nur eine Quelle herangezogen, nämlich der WMO-Bericht bzw. die Pressemitteilung dazu. Es wird deutlich, dass die referierten Befunde aus dem dem Bericht der WMO stammen. Interessenkonflikte der Organisation sind nicht zu erkennen. Eine zweite Stimme gibt es nicht. Weder bezieht sich die Interviewerin mit Ihren Fragen auf weitere Quellen, noch nennt der befragte Journalist andere Studien, die die Aussagen der WMO bestätigen oder relativieren könnten. Auch ein Vergleich mit früheren WMO-Berichten fehlt.

Zwar wird am Ende ganz kurz ein weiteres Thema „Artensterben durch Klimawandel“ und ein Bericht des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ dazu angesprochen. Der Interviewte verweist hier auf den IPCC-Bericht. Es bleibt jedoch keine Zeit, dieses Thema auch nur in Ansätzen zu diskutieren. Zwar sind damit formal weitere Quellen eingebracht, die jedoch zum Hauptthema des Beitrags nichts aussagen. Daher werten wir „knapp nicht erfüllt“.

4. PRO UND CONTRA: Die wesentlichen Standpunkte werden angemessen dargestellt.

Der Beitrag beschränkt sich darauf, die von der WMO zusammengefassten Wetterbeobachtungen darzulegen. Demzufolge kann von einem „Pausieren“ des Klimawandels keine Rede sein („Es ist klar, dass der Klimawandel weitergeht“). Explizit angesprochen wird diese im vergangenen Jahr viel diskutierte Kontroverse im Beitrag jedoch nicht.

Der Zusammenhang von gehäuften Extremwetterereignisse und dem Klimawandel ist noch nicht umfassend verstanden (siehe hier). Diese Frage wird im Interview zwar kurz angesprochen („Wetterextreme – da wird auch immer diskutiert: Hängen die zusammen mit dem Klimawandel oder nicht. Rückblickend auf 2013 – gibt es da neue Aussagen?“). Doch in der Antwort werden lediglich Extremwetterereignisse aus 2013 aufgezählt; die Frage nach neuen Erkenntnissen zum Zusammenhang mit dem Klimawandel wird nicht beantwortet, und die Interviewerin hakt hier auch nicht nach. Es wäre für die Hörerinnen und Hörer weit informativer gewesen, hier stärker in die Tiefe zu gehen, als am kurz vor Schluss mit dem Zusammenhang von Klimawandel und Artensterben noch ein völlig neues Thema anzusprechen. Dieses wird dann aus Zeitmangel nur ganz kurz angerissen, doch nicht nachvollziehbar erläutert.

5. Der Beitrag geht über die PRESSEMITTEILUNG/ das Pressematerial hinaus.

Der Beitrag enthält überwiegend Informationen aus der Pressemitteilung der WMO, geht aber beispielsweise mit den Ausführungen zur Methodik des Berichts klar darüber hinaus. Im letzten Teil der Sendung wird mit dem Zusammenhang von Artensterben und Klimawandel noch ein weiteres Thema eingeführt, das sich nicht auf den WMO-Bericht bezieht.

6. Der Beitrag macht klar, wie ALT oder NEU ein Umweltproblem, eine Umwelttechnik, ein Regulierungsvorschlag o.ä. ist.

Der Anlass der Berichterstattung war der WMO-Jahresbericht über das Wetter 2013. Es wird deutlich, dass es um aktuelle Messdaten geht, beziehungsweise um Wetterereignisse aus dem vergangenen Jahr.

7. Der Beitrag nennt - wo möglich - LÖSUNGSHORIZONTE und HANDLUNGSOPTIONEN.

In dem Beitrag geht es um Wetterbeobachtungen. Es werden weder Lösungshorizonte noch Handlungsoptionen diskutiert. Der WMO-Bericht beschäftigt sich mit Auswirkungen von Wetterphänomenen, nicht mit Lösungsmöglichkeiten für die Probleme, die sich daraus ergeben. Im Bericht gibt es zwar kurze Verweise darauf, dass man sich auf Wetterextreme vorbereiten müsse („we must continue enhancing preparedness, strengthening early warning systems and implementing a multi-hazard approach to disaster risk reduction“). Das ist jedoch kein zentrales Thema des WMO-Berichts, folglich auch nicht in dem Radiobeitrag. Wir wenden das Kriterium daher nicht an.

8. Die RÄUMLICHE DIMENSION (global/lokal) wird dargestellt.

Es ist klar, dass es sich um ein globales Thema handelt; dass die Erderwärmung nicht nur ein regionales Problem ist, muss nicht extra erwähnt werden. Es wird die gestiegene globale Durchschnittstemperatur für 2013 genannt („das sechstwärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen 1880“). Bei den Extremwetterereignissen führt der Beitrag Beispiele aus verschiedenen Regionen an, die im Bericht vorkommen („der stärkste je gemessene Tornado wurde in den USA – in Oklahoma – verzeichnet“; „extreme Trockenheiten (…)im südlichen Afrika“; „Extremniederschläge auch im Alpenraum“).

9. Die ZEITLICHE DIMENSION (Nachhaltigkeit) wird dargestellt.

Hörerinnen und Hörer erfahren, dass es sich um einen Jahresbericht für 2013 handelt. Ferner wird klar, dass Wetterphänomene kurzfristiger Natur sind, Klimaveränderungen dagegen aus langen Beobachtungsreihen zu erkennen sind. Die Zeiträume der Datenerhebung werden dargelegt und es wird deutlich, für welchen Zeitabschnitt sie relevant sind.

10. Der politische/ wirtschaftliche/ soziale/ kulturelle KONTEXT (z.B. KOSTEN) wird einbezogen.

Im Radiobeitrag spielen weder wirtschaftliche noch soziale oder kulturelle Aspekte eine Rolle. Der Bericht der Meteorologen spricht diesen Kontext naturgemäß kaum an; Aufgabe der Journalisten wäre es gewesen, zumindest exemplarisch nach den gesellschaftlichen und sozialen Auswirkungen beispielsweise von Extremwetterereignissen zu fragen.

Allgemeinjournalistische Kriterien

1. Das THEMA ist aktuell, relevant oder originell. (THEMENAUSWAHL)

Das Thema ist relevant und aktuell, der Beitrag ist kurz nach Veröffentlichung des WMO-Berichts gesendet worden. Er referiert neue Messdaten. Anlass zur Berichterstattung ist der WMO-Bericht; die zum Sendezeitpunkt kurz bevorstehende Tagung des Weltklimarates IPCC in Yokohama macht das Thema zusätzlich aktuell.

2. Die journalistische Darstellung des Themas ist gelungen. (VERSTÄNDLICHKEIT/VERMITTLUNG)

Für den Beitrag wurde die Form des Kollegengesprächs gewählt. Auf diese Weise ist es möglich, konzentriert viele Informationen zu präsentieren. Doch gelingt es kaum, diese anschaulich und lebendig zu vermitteln. Das Gespräch verläuft eher langweilig, die Fragen erscheinen beliebig, es fehlt an einer nachvollziehbaren Struktur und einem Spannungsbogen. Durch den Verzicht auf Nachfragen zu kontroversen Aspekten wird eine Chance vergeben, das Gespräch interessanter und informativer zu gestalten. Misslungen ist der Schluss des Beitrags: Mit der letzten Frage wird ein völlig neues Thema angesprochen, für das dann keine Zeit mehr bleibt.

3. Die Fakten sind richtig dargestellt. (FAKTENTREUE)

Uns sind keine Faktenfehler aufgefallen.

Umweltjournalistische Kriterien: 5 von 9 erfüllt

Allgemeinjournalistische Kriterien: 2 von 3 erfüllt

Title

Kriterium erfüllt

Kriterium nicht erfüllt

Kriterium nicht anwendbar