Zusammenfassung
Anlass für den Beitrag ist ein Bericht des International Programme on the State of the Ocean (IPSO) und der Weltnaturschutzunion IUCN. Demnach ist der Zustand der Weltmeere noch schlechter, und deren Bedrohung durch den Klimawandel größer, als es der Bericht des Weltklimarates IPCC darstellt. Wesentliche Gefahren für die Ozeane werden gut verständlich beschrieben, Lösungsansätze zumindest knapp genannt. Mit einem eingebetteten Video und Links zum Originalbericht sowie zusätzlichen Grafiken werden die Möglichkeiten des Mediums gut genutzt.
Allerdings stützt sich der Beitrag dabei fast ausschließlich auf die Pressemitteilung von IPSO und IUCN sowie auf Videomaterial, das von den Organisationen zur Verfügung gestellt wurde. Eine zweite Quelle zur unabhängigen Einschätzung fehlt, auch kommt kein Vertreter des kritisierten Weltklimarats zu Wort. Die Aussage, dass der Zustand der Meere sich „rapide“ verschlechtere, wird nicht mit Daten belegt. Wirtschaftliche, politische oder soziale Aspekte spricht der Beitrag nicht an.
Umweltjournalistische Kriterien
1. KEINE VERHARMLOSUNG/ PANIKMACHE: Umweltprobleme werden weder bagatellisiert noch übertrieben dargestellt.
2. BELEGE/ EVIDENZ: Studien, Fakten und Zahlen werden so dargestellt, dass deren Aussagekraft deutlich wird.
Der Online-Artikel stellt weiterführende Informationen immerhin per Link zur Verfügung (Links zum Originalbericht), und das Video-Interview mit Jason Hall-Spencer geht am Rande auch auf die Methodik ein. Doch insgesamt hätten wir uns ausführlichere Erläuterungen zur Aussagekraft des Berichts gewünscht. Wir werten wegen der informativen Links noch „knapp erfüllt“.
3.EXPERTEN/ QUELLENTRANSPARENZ: Quellen werden benannt, Interessenkonflikte deutlich gemacht.
Unklar bleibt allerdings, welchen Stellenwert diese Organisationen haben. Der Leser könnte den Eindruck gewinnen, diese stünden auf einer Ebene mit dem IPCC, weshalb hier ein Satz zur Einordnung wünschenswert gewesen wäre. So wurde IPSO von einem Meereswissenschaftler und von einer Kommunikationsexpertin gegründet, die u.a. auch für Greenpeace gearbeitet hat.
Alle Angaben im Beitrag (z.B. auch das Videointerview) stammen von IPSO/IUCN, eine externe Einschätzung dazu, etwa von einem deutschen Wissenschaftler, fehlt. Da der Text über einen Gegensatz zum IPCC berichtet, wäre zumindest eine zweite Quelle erforderlich, die zu diesem Widerspruch Stellung nimmt (siehe auch Kriterium 4).
4.PRO UND CONTRA: Die wesentlichen Standpunkte werden angemessen dargestellt.
Da der Beitrag aber über einen Widerspruch von IPSO/ IUCN zum IPCC berichtet (z.B. „sie widersprechen den Warnungen des UNO-Klimarates“, oder „mit weit massiveren Rückwirkungen auf das Klima, als dies der IPCC-Bericht erfasse“), wäre es hier besser gewesen, eine Stellungnahme eines IPCC-Vertreters einzuholen, oder zumindest nachvollziehbar darzulegen, wie der IPCC zu seiner abweichenden Beurteilung kommt. Es wird auch nicht recht deutlich, worin der Widerspruch genau besteht – außer, dass alles „noch viel schlimmer“ sei, als der IPCC es darstellt.
5. Der Beitrag geht über die PRESSEMITTEILUNG/ das Pressematerial hinaus.
Der Text gibt in weiten Teilen die sehr informative Pressemitteilung wieder. Nur eine kurze, für die Darstellung nebensächliche erdgeschichtliche Einordnung stammt nicht aus dem Pressematerial. Auch die Zitate von Wissenschaftlern sind sämtlich den Videointerviews entnommen, die IPSO und IUCN bei der Veröffentlichung des Berichts zur Verfügung gestellt haben (Link nicht mehr verfügbar). Einige weitere Grafiken und Tabellen (z.B. Klimaschutzindex), die nicht aus dieser Quelle stammen, ergänzen den Beitrag, tragen aber nichts zum Kernthema „Niedergang der Ozeane“ bei.
6. Der Beitrag macht klar, wie ALT oder NEU ein Umweltproblem, eine Umwelttechnik, ein Regulierungsvorschlag o.ä. ist.
Der Beitrag macht klar, dass es sich um ein seit langem bekanntes Problem handelt, zu dem jetzt ein neuer Bericht vorliegt.
7. Der Beitrag nennt – wo möglich – LÖSUNGSHORIZONTE und HANDLUNGSOPTIONEN.
8. Die RÄUMLICHE DIMENSION (global/lokal) wird dargestellt.
9. Die ZEITLICHE DIMENSION (Nachhaltigkeit) wird dargestellt.
10. Der politische/ wirtschaftliche/ soziale/ kulturelle KONTEXT(z.B. KOSTEN) wird einbezogen.
Allgemeinjournalistische Kriterien
1. Das THEMA ist aktuell, relevant oder originell. (THEMENAUSWAHL)
2. Die journalistische Darstellung des Themas ist gelungen. (VERSTÄNDLICHKEIT/VERMITTLUNG)
Hinzu kommen kleinere sprachliche Ungenauigkeiten (es heißt Versauerung der Ozeane, nicht „Versäuerung“, pH-Wert, nicht „PH-Wert“).