Zusammenfassung
Der Beitrag beschreibt noch in der Entwicklung begriffene Technologien zur Nutzung der Windenergie mit Windkraftdrachen. Er greift damit ein originelles und in der aktuellen Diskussion um die Energiewende relevantes Thema auf. Es werden Vertreter von zwei Unternehmen befragt, die verschiedene Varianten der Windkraftdrachen entwickeln, sowie ein von diesen Firmen unabhängiger Wissenschaftler. Der Beitrag nennt viele Zahlen und Fakten, deren Herkunft und Aussagekraft jedoch nicht immer deutlich wird. Eine kritische Diskussion von Vor- und Nachteilen fehlt ebenso, wie nähere Informationen zum Entwicklungsstand der vorgestellten Technologien.
Umweltjournalistische Kriterien
1. KEINE VERHARMLOSUNG/ PANIKMACHE: Umweltprobleme werden weder bagatellisiert noch übertrieben dargestellt.
2. BELEGE/ EVIDENZ: Studien, Fakten und Zahlen werden so dargestellt, dass deren Aussagekraft deutlich wird.
Die angeführten Vergleiche zwischen der Leistung von Windkrafträdern und Windkraftdrachen wirken eher verwirrend, so z. B. die Aussage: „Bei Testläufen wurden bisher Leistungen bis zu 120 Kilowatt erbracht. Zum Vergleich: herkömmliche Windräder hierzulande kommen im Schnitt auf 2,2 Megawatt.“ oder „In der Theorie kann so mit einem einzigen Drachen (englisch: kite) eine Kraftwerksleistung von mehr als einem Megawatt erzielt werden.“ Unter welchen Bedingungen/über welchen Zeitraum hinweg wird diese Leistung erbracht? Bei welcher Windstärke? Sind die Werte überhaupt vergleichbar? Die Angaben zu den Betriebszeiten (Windkrafträder: bestenfalls 150 Tage/Jahr, Kites: 90% „der Zeit“) sind griffiger, aber auch hier wäre es schön, wenn der Beitrag bei einer Einheit bliebe, also 150 vs. 329 Tage oder 41% vs. 90%. Die Aussage, dass ein Drachen vom Boden aus gesehen nicht größer wirkt als eine 20 Cent Münze, ist dagegen sehr anschaulich. Insgesamt wird aber die Aussagekraft der Zahlen für Leserinnen und Leser nicht deutlich genug.
3. EXPERTEN/ QUELLENTRANSPARENZ: Quellen werden benannt, Interessenkonflikte deutlich gemacht.
4. PRO UND CONTRA: Die wesentlichen Standpunkte werden angemessen dargestellt.
Der Artikel weist zwar auf noch zu lösende Probleme auf dem Weg zur Marktreife hin – technische, und v.a. Finanzierungs- und Genehmigungsfragen – streift diese aber nur am Rande. Insgesamt liest sich der Beitrag eher als „Jubelartikel“ und wirkt aufgrund der Auswahl der Quellen und Recherchepartner recht unkritisch.
5. Der Beitrag geht über die PRESSEMITTEILUNG/ das Pressematerial hinaus.
6. Der Beitrag macht klar, wie ALT oder NEU ein Umweltproblem, eine Umwelttechnik, ein Regulierungsvorschlag o.ä. ist.
Die Pressemitteilung des Fraunhofer-Instituts stammt aus dem Dezember 2012 – warum ein Beitrag dazu im September 2013 erscheint, wird nicht deutlich. Auf der Firmen-Homepage von „EnerKite“ findet man Hinweise, dass hier schon länger an der Technologie getüftelt wird: So entwickelt einer der dort beschäftigten Industriedesigner seit 2002 Energiedrachen. Insgesamt sind Ideen zur Energiegewinnung aus Höhenwinden nicht neu. Der Beitrag versäumt es, darauf hinzuweisen.
7. Der Beitrag nennt - wo möglich - LÖSUNGSHORIZONTE und HANDLUNGSOPTIONEN.
Der Beitrag erwähnt einige Probleme, die noch zu lösen sind (technische, Finanzierungs- und Genehmigungsfragen), geht allerdings auf diese nicht näher ein und nennt auch keine potenziellen Lösungsansätze/Handlungsoptionen dazu. Wie in Deutschland eine Erhöhung des Windenergie-Anteils durch Kite-Kraftwerke in der Praxis erreicht werden könnte, bzw. was (nach Lösung der technischen Probleme) wirtschaftlich/ politisch/ raumplanerisch nötig wäre, erfahren Leserinnen und Leser nicht.
Alternativ-Technologien werden nur kurz benannt. Vor- und Nachteile werden lediglich im Vergleich mit Windrädern ausgeführt. Das Kriterium ist daher nur knapp erfüllt.
8. Die RÄUMLICHE DIMENSION (global/lokal) wird dargestellt.
Vor allem aber wird das zentrale Problem der Flächennutzung durch ein solches Kraftwerk nicht deutlich gemacht. Der Beitrag erweckt den Anschein, dass dieser Art der Stromerzeugung weniger invasiv sei als etwa Windräder. Er erwähnt dabei nicht, dass Trassen angelegt werden müssen, dass also Boden versiegelt wird. Das Problem der Flächenkonkurrenz zwischen landwirtschaftlicher Nutzung, Umweltschutz und anderweitiger Nutzung durch den Menschen wird nicht angesprochen.
9. Die ZEITLICHE DIMENSION (Nachhaltigkeit) wird dargestellt.
10. Der politische/ wirtschaftliche/ soziale/ kulturelle KONTEXT (z.B. KOSTEN) wird einbezogen.
Der Beitrag nennt Stromerzeugungskosten im Vergleich zu Windkrafträdern, allerdings wird nicht erläutert, wie diese ermittelt wurden. Auf Kosten für den Bau der Anlagen geht der Text dagegen nicht ein. Dabei wäre ein Vergleich mit Windrädern interessant gewesen. Hierzu finden sich Angaben auf den Webseiten des Unternehmens NTS, dem hätte man nachgehen und die Aussagen überprüfen können.
Da jedoch beim aktuellen Entwicklungsstand möglicherweise noch nicht alle Kostenaspekte genau bekannt sind, werten wir noch „knapp erfüllt“.