Bewertet am 25. September 2013
Veröffentlicht von: Deutschlandfunk
Der Beitrag, der im Deutschlandfunk gesendet wurde, befasst sich mit neuen Vorschlägen für die Speicherung von Energie: Pumpspeicherwerke könnten Einrichtungen vorhandener Schiffshebewerke nutzen oder in Tagebaugruben installiert werden. Die technischen Möglichkeiten werden gut verständlich beschrieben, deren Wirtschaftlichkeit aber nicht hinterfragt.

Zusammenfassung

Ein wachsender Anteil regenerativer Energien macht neue Energiespeicher erforderlich. Der Radiobeitrag berichtet von einer Tagung, auf der dieses Problem diskutiert wurde, und stellt zwei bisher in der Öffentlichkeit wenig bekannte technische Optionen vor. Diese werden sachlich gut erklärt; das Potenzial der Vorschläge wird eingeordnet und durch Vergleiche verständlich gemacht. Auch die Grenzen solcher Lösungsvorschläge werden kurz angesprochen. Leider fehlen wirtschaftliche Aspekte völlig, und man erfährt auch nicht, bis wann solche Energiespeicher realisiert werden könnten.

Title

Umweltjournalistische Kriterien

1. KEINE VERHARMLOSUNG/ PANIKMACHE: Umweltprobleme werden weder bagatellisiert noch übertrieben dargestellt.

Der Beitrag befasst sich mit mit einem wichtigen Problem der Energiewende: Es müssen mehr Möglichkeiten geschaffen werden, Energie zu speichern. Hierfür werden zwei unterschiedliche technische Lösungsvorschläge vorgestellt. Der Beitrag beschreibt sie als ungewöhnliche Ideen, übertreibt deren Möglichkeiten aber nicht. Die Moderation ordnet die Situation sehr sachlich ein („Ein Patentrezept gibt es für solche Speicher allerdings nicht“).

2. BELEGE/ EVIDENZ: Studien, Fakten und Zahlen werden so dargestellt, dass deren Aussagekraft deutlich wird.

Der Beitrag macht klar, dass es sich um zwei neue Ideen zur Energiespeicherung handelt, die derzeit noch nicht realisiert sind. Lediglich Zahlen einer Machbarkeitsstudie liegen vor, diese werden genannt. Das frühe Stadium der Planung und damit die begrenzte Aussagekraft werden deutlich. Auch mit anschaulichen Vergleichen erläutert der Beitrag das Potenzial und die Grenzen dieser Ansätze: Pumpspeicher in Schiffshebewerken könnten recht begrenzte Mengen Energie speichern, und wären daher vor allem als ergänzendes Element interessant („gerade einmal genug, um eine Kleinstadt ein paar Tage lang mit Strom zu versorgen“); in Tagebaugruben könnten ca. 80 Gigawatt gespeichert werden („Das liegt ungefähr um den Faktor zehn über dem der heute installierten Pumpspeicherwerke“). (Zum Vergleich: 2011 waren nach Angaben der Bundesregierung in Deutschland Pumpspeicherkraftwerke mit einer Kapazität von knapp 7 Gigawatt installiert, Link nicht mehr verfügbar).

3. EXPERTEN/ QUELLENTRANSPARENZ: Quellen werden benannt, Interessenkonflikte deutlich gemacht.

Die Ingenieure, die die beiden Konzepte entwickeln, und ihre jeweiligen Hochschulen (Universität Lüneburg und Helmuth-Schmidt-Universität Hamburg) werden genannt.

Der Beitrag erwähnt aber nicht, dass beide in dem Leuphana-Projekt „Energion – Erzeugung, Speicherung und Vermarktung von Erneuerbaren Energien in der Region Nord“ zusammenarbeiten, das aus Mitteln des europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und des Landes Niedersachsen gefördert wird. Dass zwischen den beiden Wissenschaftlern somit eine Verbindung besteht, wäre für Hörerinnen und Hörer eine interessante Information gewesen. Wir werten daher nur „knapp erfüllt“.

4. PRO UND CONTRA: Die wesentlichen Standpunkte werden angemessen dargestellt.

In der Kürze der Zeit zeigt der Beitrag nicht nur die Möglichkeiten der Pumpspeicherkonzepte auf, sondern auch ihre Grenzen. Er beziffert das Potential der neuen Speichertechniken und nennt – wenn auch knapp – die mit diesen Ansätzen verbundenen Probleme. Die Themen „man muss dazu die rechtlichen Voraussetzungen noch genauer untersuchen“ und „die Schiffbarkeit darf nicht beeinträchtigt werden“ werden als Stichworte lediglich erwähnt. Etwas ausführlicher wird das Problem der Abdichtung von Speichern im Bergbau thematisiert. Wir werten noch „erfüllt“.

5. Der Beitrag geht über die PRESSEMITTEILUNG/ das Pressematerial hinaus.

Eine aktuelle Pressemitteilung zu diesem Thema – außer einer allgemeinen Ankündigung der Konferenz „Nachhaltige Energieversorgung und Integration von Speichern“ in Hamburg – haben wir nicht gefunden. Der Beitrag bezieht sich auf diese Tagung, die der Autor besucht hat, und beruht darüber hinaus auf weiteren Recherchen. Dies wird u.a. durch den Besuch im Schiffshebewerk und die O-Töne deutlich.

6. Der Beitrag macht klar, wie ALT oder NEU ein Umweltproblem, eine Umwelttechnik, ein Regulierungsvorschlag o.ä. ist.

Die Anmoderation macht klar, dass es sich bei der Speicherung von Energie um ein altes Problem handelt, das durch die Energiewende eine neue Dringlichkeit bekommen hat. Im Beitrag wird deutlich, dass die beiden Techniken derzeit über das Planungsstadium noch nicht hinausgekommen sind. Allerdings bleibt offen, ob es sich um grundlegend neue Ideen handelt (wurde Ähnliches schon anderswo versucht? Siehe auch Kriterium 8 „Räumliche Dimension“) bzw. seit wann diese Techniken genau erforscht werden. Zumindest seit einigen Jahren wird darüber offenbar schon diskutiert (z.B. hier und hier). Wir werten daher „knapp nicht erfüllt“.

7. Der Beitrag nennt - wo möglich - LÖSUNGSHORIZONTE und HANDLUNGSOPTIONEN.

Neue Lösungsansätze für das Problem der Energiespeicherung sind das Thema des Beitrags – insofern ist dieser Punkt erfüllt. Es wird auch deutlich, welche offenen Fragen vor deren Realisierung noch zu klären sind.

8. Die RÄUMLICHE DIMENSION (global/lokal) wird dargestellt.

Der Beitrag macht deutlich, wie groß das Potential der neuen Technologien in bestimmten Regionen ist – im Fall der Schiffshebewerke in Deutschland, bei den Tagebauen in der Lausitz, Mittel- und Norddeutschland. Theoretisch wäre eine Ausweitung auf andere Regionen denkbar, dass sie aber in diesem frühen Stadium nicht angesprochen wird, ist kein Mangel. Schön wäre es, wenn der Beitrag kurz darauf eingegangen wäre, ob die Ideen tatsächlich auch global betrachtet neu sind, oder ob es auch in anderen Ländern entsprechende Pläne – vielleicht sogar Umsetzungen – gibt (siehe dazu Kriterium 6 „alt oder neu“).

9. Die ZEITLICHE DIMENSION (Nachhaltigkeit) wird dargestellt.

Die zeitliche Dimension wird in dem Beitrag nicht angesprochen. Die Angabe, dass eine Machbarkeitsstudie erstellt werden soll bzw. dass Planungen laufen, ist hier gar zu vage. Wann die Konzepte realisiert werden sollen, erfahren Hörerinnen und Hörer nicht. Interessant wäre zu wissen, wann die neuen Speicher frühestens zur Verfügung stehen könnten: Geht es um Monate oder viele Jahre?

10. Der politische/ wirtschaftliche/ soziale/ kulturelle KONTEXT (z.B. KOSTEN) wird einbezogen.

Der Beitrag beschränkt sich auf die wissenschaftlich-technischen Aspekte. Kosten werden nicht angesprochen, dabei wären gerade die die Fragen der Wirtschaftlichkeit und der Finanzierung in diesem Fall interessant: Wem gehören die alten Bergwerke? Wie hoch wären die möglichen Gewinne, wer würde profitieren? Haben die Energiekonzerne Interesse an der Umsetzung? Oder soll es eine Bürgerbeteiligung geben? Laut Publikationsliste auf der einer Webseite der Leuphana Universität (Link nicht mehr verfügbar) beschäftigen sich die Forscher auch mit solchen Ideen. Selbst wenn in diesem frühen Stadium noch nichts Genaues gesagt werden kann, sollten diese Aspekte zumindest erwähnt werden.

Allgemeinjournalistische Kriterien

1. Das THEMA ist aktuell, relevant oder originell. (THEMENAUSWAHL)

Der Beitrag beschäftigt sich mit einem aktuellen und relevanten Thema, die vorgestellten Ansätze sind spannend, originell und relativ neu. Mit der Tagung „Nachhaltige Energieversorgung und Integration von Speichern“, die wenige Tage vor der Sendung stattfand, gibt es außerdem einen aktuellen Anlass.

2. Die journalistische Darstellung des Themas ist gelungen. (VERSTÄNDLICHKEIT/VERMITTLUNG)

Der Beitrag steigt reportageartig ein, verwendet auch eine Atmo (leider nur zu Beginn) und wandelt sich dann zu einem klassischen Bericht. Im ersten O-Ton kommen Fachbegriffe vor, die sicher nicht jeder Hörer kennt (Pumpeneinheit, Entlastungeinheit), insgesamt jedoch ist der Beitrag gut verständlich erzählt und aufgebaut.

3. Die Fakten sind richtig dargestellt. (FAKTENTREUE)

Uns sind keine Faktenfehler aufgefallen.

Umweltjournalistische Kriterien: 7 von 10 erfüllt

Allgemeinjournalistische Kriterien: 3 von 3 erfüllt

Title

Kriterium erfüllt

Kriterium nicht erfüllt

Kriterium nicht anwendbar