Analysierte Pressemitteilung: „Wirtschaftlicher Betrieb von Oberleitungs-Lkw ist möglich – aber es gibt relevante Hürden“
Quelle: Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) (08.05.2017)
Erkenntnisse der Inhaltsanalyse:
In der Pressemitteilung wird auf Basis einer Machbarkeitsstudie beschrieben, dass es sich wirtschaftlich lohnen könnte, Hybrid-Oberleitungs-Lkw einzusetzen. Allerdings werden im Text zahlreiche Einschränkungen und Hürden genannt, die zunächst bewältigt werden müssten. Auf Basis der Inhaltsanalyse zeigt sich, dass besonders die Qualitätsdimension Verständlichkeit hohes Verbesserungspotenzial aufweist (nur 2 von 6 anwendbaren Kriterien als bestmöglich erfüllt codiert).
Qualitätsdimension RELEVANZ
Die Inhalte, die in der Pressemitteilung präsentiert werden, sind fast alle als relevant bewertet worden. Wenn es um die Informationen geht, welche die Ergebnisse in den wissenschaftlichen Kontext einordnen, wurde das betreffende Kriterium jedoch nur als „teilweise erfüllt“ codiert. Denn es wird zwar erwähnt, dass Pilotvorhaben starten, die Pressemitteilung geht aber nicht konkret auf den bisherigen internationalen Forschungsstand zu dieser neuen Technik ein, der wiederum Grundlage für die angesprochenen Pilotprojekte sein könnte.
Qualitätsdimension SACHGERECHTIGKEIT
3 von 5 anwendbare Kriterien der Dimension Sachgerechtigkeit wurden in der Pressemitteilung als „bestmöglich erfüllt“ codiert. Das Kriterium Genauigkeit wurde als nur „teilweise erfüllt“ angesehen, da Angaben zum Vergleich der Wirkungsgrade von Diesel- und Oberleitungs-Lkw oder auch die Angaben zu den Autobahnkilometern als zu ungenau bewertet wurden (obwohl die zu Grunde liegende Fachveröffentlichung beispielsweise im Falle der Autobahnkilometer genauere Daten liefert). Da die Angabe in der Pressemitteilung, dass ein Drittel der CO2-Emissionen im Straßenverkehr auf den Straßengüterverkehr zurückzuführen sei, nicht mit der Zahl in der Veröffentlichung übereinstimmt (hier werden 20 Prozent erwähnt), wurde das Kriterium Faktische Übereinstimmung als „nicht erfüllt“ codiert. Allerdings sei an dieser Stelle betont, dass die Zahl in der Pressemitteilung dennoch korrekt sein kann, da die Bezugsrahmen nicht zweifelsfrei definiert sind und ein direkter Vergleich mit der Zahl in der Veröffentlichung kaum möglich ist. Dies zeigt sich auch in der Qualitätsdimension Transparenz.
Qualitätsdimension TRANSPARENZ
Die Pressemitteilung macht im Sinne der hier untersuchten Kriterien keine Quellenangaben zu Fakten, die wesentlich für die Einordnung der Kernaussagen sind. Das Kriterium Quellenangaben wurde daher als „nicht erfüllt“ codiert, da Fakten wie die Angaben zu den CO2-Emissionen oder zu den Wirkungsgraden der Oberleitungs-Lkw ohne Quellen präsentiert werden. Die Pressemitteilung benennt zwar den Studientyp, führt aber beispielsweise nicht aus, was eine solche Machbarkeitsstudie umfasst. Dieser Aspekt hat den Ausschlag gegeben, das Kriterium Kenngrößen als nur „teilweise erfüllt“ zu codieren. Zudem fehlen Kontaktdaten der beteiligten Wissenschaftler. Als „bestmöglich erfüllt“ codiert wurde unter anderem das Kriterium Grenzen, da die Pressemitteilung beispielsweise auf Folgestudien und Unsicherheiten in den Daten hinweist.
Qualitätsdimension VERMITTLUNG
Die Qualitätsdimension Vermittlung wird in der Inhaltsanalyse insgesamt als „nicht erfüllt“ bewertet. Ausschlaggebend waren die als „nicht erfüllt“ codierten Kriterien wie Verständlichkeit, Prägnanz und Anregende Zusätze. Gründe für diese Codierung sind unter anderem, dass die Pressemitteilung viele längere oder verschachtelte Sätze umfasst, Fachbegriffe verwendet, ohne sie zu erklären oder anstatt allgemeinverständlichere Begriffe zu nutzen; auch fehlen anregende Zusätze, die zur besseren Vorstellung eines Oberleitungs-Lkw beitragen könnten. Diese Punkte wurden als gewichtiger codiert als beispielsweise das „bestmöglich erfüllt“ codierte Kriterium Rechtschreibung oder Gliederung.
Qualitätsdimension VIELFALT
Die Inhaltsanalyse der Qualitätsdimension Vielfalt ergab, dass die Pressemitteilung Experten der eigenen Einrichtung die Ergebnisse kommentieren lässt. Quellen, die sich nicht auf die eigene Einrichtung oder Kooperationspartner beziehen, kommen in der Pressemitteilung nicht vor.
*Wir erfassen und bewerten diese Qualitätsdimension hier vor dem Hintergrund, dass deren Anwendbarkeit innerhalb der Wissenschafts-PR noch nicht abschließend diskutiert ist.
Fazit
33 von 35 Kriterien sind anwendbar; von den 33 anwendbaren Kriterien sind 18 (55 Prozent) bestmöglich erfüllt.
Zum Vergleich: Die Bewertungen der gleichen Pressemitteilung durch den Medien-Doktor Citizen und den Medien-Doktor PR-Watch