Analysierte Pressemitteilung: „Eine unumkehrbare Ozeanerwärmung bedroht das Filchner-Ronne-Schelfeis
Quelle: Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (11.05.2017)
Erkenntnisse der Inhaltsanalyse:
In der Pressemitteilung wird beschrieben, dass steigende Lufttemperaturen in der Antarktis einen Prozess anstoßen könnten, der das Schelfeis unumkehrbar schrumpfen ließe. Durch die Inhaltsanalyse wurde ein wesentlicher Verbesserungsbedarf für die Qualitätsdimension Vermittlung identifiziert (nur 3 von 7 anwendbaren Kriterien wurden hier als „bestmöglich erfüllt“ codiert). Bei den anderen Dimensionen wurden nur vereinzelt Kriterien als „nicht erfüllt“ angesehen.
Qualitätsdimension RELEVANZ
Die Inhaltsanalyse der Qualitätsdimension Relevanz ergab, dass die Pressemitteilung fast alle verlangten Informationen enthält. Da aus der Pressemitteilung jedoch nicht direkt deutlich wird, welche räumlichen Konsequenzen das Schrumpfen des Schelfeises als Folge des Temperaturanstiegs haben würde, wurde das Kriterium Räumliche Reichweite als „nicht erfüllt“ bewertet.
Qualitätsdimension SACHGERECHTIGKEIT
Die Analyse ergab, dass die Inhalte der Studie in der Pressemitteilung größtenteils sachgerecht, also in Übereinstimmung mit dem wissenschaftlichen Artikel geschildert werden. Allerdings wurde das Kriterium Logik als „nicht erfüllt“ codiert; das heißt im Rahmen des genutzten Codebuches, dass beim Lesen und ohne weitere Quellen zur Hilfe zu nehmen, inhaltliche Unstimmigkeiten auffallen. Denn im Text wird von „sieben Positionen“ berichtet, an denen das Team gebohrt habe. In der dazugehörigen Infografik ist dagegen die Rede von „fünf Stellen“.
Qualitätsdimension TRANSPARENZ
Die Inhalte der Pressemitteilung wurden als „größtenteils transparent“ bewertet. Allerdings fehlen Angaben zur Finanzierung der Studie. Das Kriterium Grenzen wurde als nur „teilweise erfüllt“ codiert: Einerseits stehen viele Formulierungen im Konjunktiv und es wird betont, dass es noch dauern werde, bis weitere wichtige Daten ausgewertet sind. Andererseits fehlen Hinweise auf methodische Grenzen, die im Fachbeitrag beschrieben werden. Unter anderem wird im Fachartikel angeführt, dass die Daten nur aus einem Klimamodell abgeleitet sind. Dieser Aspekt findet sich nicht in der Pressemitteilung wieder.
Qualitätsdimension VERMITTLUNG
Die Inhaltsanalyse der Qualitätsdimension Vermittlung ergab, dass die Kriterien Verständlichkeit, Prägnanz und Gliederung / Ordnung „nicht erfüllt“ sind. Diese Messentscheidung hat verschiedene Gründe: Aufgrund vieler langer Sätze oder Satzkonstruktionen wurde eine eher unverständliche Darstellung codiert. Da wesentliche Fachbegriffe wie beispielsweise „Schelfeis“ nicht hinreichend erläutert sind, wurde auch das Kriterium Verständliche Sprache als „nicht erfüllt“ bewertet. Abweichend von den Vorgaben des idw sind Ortsmarke und Datum („Bremerhaven, 11. Mai“) in der Pressemitteilung redundant angegeben. Zudem fehlen Zwischenüberschriften und der erste Absatz des Textes entspricht inhaltlich einer Art zweitem Vorspann. Derartige Mängel haben dazu geführt, die Gliederung als eher unübersichtlich zu codieren sowie den Text als eher weitschweifig zu bewerten. Die genannten Punkte werden stärker gewichtet als die Fehlerfreiheit und das Vorhandensein von Anregenden Zusätzen. Daher ist die Dimension Vermittlung „nicht erfüllt“.
Qualitätsdimension VIELFALT
In der Pressemitteilung nehmen nur eigene Experten Stellung zum Hauptergebnis der Studie. Es wird knapp eine zweite Quelle erwähnt. Aus diesen Gründen wurden die beiden Kriterien Meinungsvielfalt und Quellenvielfalt als nur „teilweise erfüllt“ bewertet.
*Wir erfassen und bewerten diese Qualitätsdimension hier vor dem Hintergrund, dass deren Anwendbarkeit innerhalb der Wissenschafts-PR noch nicht abschließend diskutiert ist.
Fazit
32 von 35 Kriterien sind anwendbar; von den 32 anwendbaren Kriterien sind 22 (69 Prozent) bestmöglich erfüllt.
Zum Vergleich: Die Bewertungen der gleichen Pressemitteilung durch den Medien-Doktor Citizen und den Medien-Doktor PR-Watch.