Es gibt jetzt einen Medien-Doktor für Ernährungsjournalismus

Macht Pasta schlank? Ist Low-Carb besser als Low-Fat? Wie gesund ist das neue Superfood? – Die Berichterstattung über Ernährung boomt, angereichert um wissenschaftliche Studien, Ratgeber-Anleitungen zum Abnehmen und medizinischen Tipps. Doch wie gut ist die journalistische Aufarbeitung von Ernährungsstudien und des komplexen Themas rund um Essen und Trinken? Das nimmt ab sofort der Medien-Doktor ERNÄHRUNG unter die Lupe – ein Forschungsprojekt des Kompetenzclusters für Ernährung und kardiovaskuläre Gesundheit der Universitäten Halle-Jena-Leipzig (nutriCARD) mit dem Lehrstuhl für Wissenschaftsjournalismus der TU Dortmund.

Untersucht werden Beiträge aus deutschen Medien, in denen positive oder negative Effekte von Lebensmitteln, Ernährungsformen, Diäten oder einzelnen Substanzen beschrieben werden. „Wir schauen uns genau an, wie gut jeder einzelne Beitrag den Leser informiert“, sagt der leitende Redakteur Marcus Anhäuser von der Universität Leipzig. Gerade in der Berichterstattung über Ernährung lauerten eine Menge Fallstricke, die eine kompetente Vermittlung verhindern. „Nur weil es eine wissenschaftliche Studie gibt oder ein Ernährungsberater etwas empfiehlt, heißt das ja noch lange nicht, dass ein Lebensmittel auch hält, was der Artikel verspricht“, so Anhäuser. Dazu entwickelte nutriCARD in Kooperation mit dem Medien-Doktor Gesundheit der Technischen Universität Dortmund und anerkannten Wissenschafts- und Ernährungsjournalisten ein Set von zwölf Qualitätskriterien.

Die Kriterien des nun innerhalb von nutriCARD gestarteten Medien-Doktor ERNÄHRUNG orientieren sich am Interesse der Mediennutzer unabhängig, zuverlässig und verständlich informiert zu werden. Hierbei helfen Fragen wie: Werden positive und negative Effekte angemessen und verständlich erklärt? Nennt ein Beitrag Quellen und Belege? Welche Rolle spielen Interessenkonflikte und die Finanzierung? Was sagen unabhängige Experten zu den Behauptungen?

Je zwei journalistische Gutachter bewerten nach dem Vorbild eines Peer-Review Beiträge aus Online-Medien der Publikumspresse. Das Ergebnis der Gutachten wird auf den Internetseiten von medien-doktor.de und nutriCARD.dezusammengefasst und Kriterium für Kriterium begründet. Damit ist die Bewertung für jeden Nutzer transparent und nachvollziehbar.

Der Medien-Doktor ERNÄHRUNG baut auf dem Medien-Doktor-Gesamtprojekt auf, das seit 2010 am Lehrstuhl Wissenschaftsjournalismus der TU Dortmund von Prof. Holger Wormer etabliert wurde und 2011 für den Grimme Online Award nominiert war. „Wir freuen uns, dass dank des Leipziger Engagements nun das dritte Themenfeld unter der Dachmarke Medien-Doktor.de etabliert werden kann“, sagt Wormer.

„Mit dem Medien-Doktor ERNÄHRUNG möchten wir die Verbraucher sensibilisieren, nicht jedem Heilsversprechen in den Medien Glauben zu schenken. Wir schaffen Transparenz, in dem wir die Quellen und dahinter liegenden Studienergebnisse überprüfen“, sagt Dr. Tobias D. Höhn, Leiter Kommunikation und Medienforschung von nutriCARD. Der Medien-Doktor fungiere auch als Watchdog, in dem er journalistische Arbeitsweisen und Ergebnisse analysiert, einer Qualitätsprüfung unterzieht und damit Ansatzpunkte für Aus- und Weiterbildung liefert.

„Wir suchen nicht gezielt nach schlechter Berichterstattung, sondern freuen uns auch, positive Beispiele auszeichnen zu können“, sagt Höhn. Wie wichtig eine korrekte Berichterstattung über Ernährung ist, verdeutlicht der Medienwissenschaftler mit Blick auf  Global Burden of Disease Study: Danach sind rund 20 Prozent der Todesfälle weltweit auf falsche Ernährung zurückführen. Jeder zweite bis dritte Todesfall könnte durch eine bessere Ernährung verhindert werden.

Der Kompetenzcluster für Ernährung und kardiovaskuläre Gesundheit (nutriCARD) bündelt die Aktivitäten im Bereich der grundlagennahen und der angewandten Ernährungsforschung der im mitteldeutschen Universitätsbund kooperierenden Universitäten Jena, Leipzig und Halle-Wittenberg. nutriCARD wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Rund 40 Wissenschaftler und 80 Praxispartner arbeiten an der Entwicklung effizienter Konzepte für eine nachhaltige Prävention von Herzkreislauf-Erkrankungen (Todesursache Nummer eins in Deutschland und Europa). Ein wesentlicher Baustein dafür ist auch Ernährungskommunikation und -bildung.