Vitamine und Mineralstoffe in Pulverform braucht niemand, der sich ausgewogen ernährt, das erklärt die Augsburger Allgemeine ausführlich und auf interessante Art und Weise. Warum der Artikel aus dem Archiv aber gerade jetzt wieder veröffentlicht wird, bleibt offen.
Zusammenfassung
Dieser ausführliche Artikel der Augsburger Allgemeinen erklärt Leserinnen und Lesern verständlich und interessant, warum Nahrungsergänzungsmittel in den meisten Fällen nicht nötig sind. Wer sich ausgewogen ernährt und e ausreichend an der frischen Luft bewegt, brauche keine Vitamine oder Mineralsto!e in Pulver oder Tablettenform. Der Beitrag vermittelt dies über mehrere Expertinnen, Experten und andere Quellen weitgehend verständlich und verbrauchernah. Verwiese auf wissenschaftliche Studien als belege für Behauptungen sind indes rar, wenn sie vorhanden sind, handelt es sich um ältere Untersuchungen wie im Fall einer Studie aus dem Jahr 2012, in der über mögliche Risiken und Nebenwirkungen berichtet wurde. Dass nicht auf aktuellere Untersuchungen eingegangen wird liegt vielleicht daran, dass der Artikel aus dem Archiv hervorgeholt wurde. Warum der Artikel indes gerade jetzt verö!entlicht wurde, erfahren Leserinnen und Leser nicht, ein aktueller Anlass ist nicht erkennbar.
Die Kriterien
1. Die positiven Effekte sind ausreichend und verständlich dargestellt.
Der Artikel macht mehrfach deutlich, dass Verbraucher Nahrungsergänzungsmittel eigentlich nicht benötigen, da es in der Allgemeinbevölkerung keinen Mangel gibt. Der Beitrag beschreibt Ausnahmen, bei denen diese nötig sein könnten: Bettlägerige und Vitamin D, Schwangere und Folsäure, Vitamin B12 und Vegetarier. Allerdings gibt es in keinem Fall konkrete Angaben zum Ausmaß der E!ekte. Daher werten wir nur knapp „erfüllt“.
2. Die negativen Effekte werden angemessen berücksichtigt.
Dass Nahrungsergänzungsmittel auch negative E!ekte haben können, wird zwar an einer Stelle explizit erklärt: „Studien legen nahe, dass einige Nahrungsergänzungsmittel sogar krank machen, wenn sie in zu hoher Dosis eingenommen werden. So stellten Forscher des renommierten Netzwerks Cochrane Colloboration 2012 fest, dass zu große Mengen von Betacarotin, Vitamin A und Vitamin E im Körper die Lebenserwartung verkürzen können.“ Das klingt zwar bedrohlich, wird nur leider nicht genauer erläutert. (Betacarotin etwa erwies sich damals als Risiko für Raucher). Hinzu kommt: Die Untersuchung ist acht Jahre alt, es wäre wichtig zu wissen, was sich seitdem getan hat. Haben sich die Hinweise bestätigt oder sind neue hinzugekommen? Gibt es andere Risiken und Nebenwirkungen bei anderen Substanzen?
Dass Thema Sicherheit wird dann noch einmal thematisiert, indes in einer für die Leserinnen und Leser etwas unklaren Art und Weise. Die Verbraucherschützerin betont, dass sie es wichtig findet, dass Nahrungsergänzungsmittel sicher sind, was suggeriert, dass sie es nicht sein könnten. Dem wird die Aussage der Lobbyistin aus der Lebensmittelwirtschaft entgegengestellt, dass die Mittel sicher seien, sonst würden sie von der Lebensmittelüberwachung aus dem Verkehr gezogen.
Ob es aber aktuelle, konkrete Fälle gibt, die belegen, dass Nahrungsergänzungsmittel bei normalem Gebrauch Risiken haben, erfahren Leser nicht. Wir wählen daher alles in allem knapp „nicht erfüllt“.
3. Es werden alternative Lebensmittel/Ernährungsformen/Diäten oder andere Maßnahmen vorgestellt/verglichen.
Der Artikel macht mehrfach deutlich, dass eine ausgewogene Ernährung völlig ausreicht, um einen Mangel an Vitaminen und Mineralsto!en erst gar nicht entstehen zu lassen. Ebenfalls wird erklärt, dass zum Beispiel Vitamin D weniger durch die Nahrung als vor allem durch das Sonnenlicht in der Haut gebildet wird. Welche Nahrungsmittel welche Vitamine und Mineralsto!e liefern, erfahren Leserinnen und Leser leider nicht.
4. Die Belege/Studien werden ausreichend eingeordnet.
Positiv ist, dass der Beitrag allgemein deutlich macht, dass es für die postulierten positiven E!ekte und Risiken meist keine gut gemachten Studien gibt: „Es wird anders als bei Arzneimitteln nicht so aufwendig überprüft, ob die Mittel auch wirken, ob sie sicher sind und was hinter der Werbeaussage steckt. Für all das ist allein der Hersteller zuständig.“ Wie es dann aber mit den Belegen und Studien für die Ausnahmefälle aussieht, bleibt ebenfalls o!en. Auch wird nicht klar, wie gut inzwischen die Risiken von Beta-Carotin, Vitamin A und E untersucht. Der einzige konkrete Verweis stammt aus einer Studie aus dem Jahr 2012 und selbst da können Leserinnen und Leser nur erahnen, dass es damals eine gut gemacht Studie gewesen sein könnte, weil es sich um das „renommierte“ Netzwerk der Cochrane Collaboration handelt. Wir werten knapp „nicht erfüllt“.
5. Es gibt weitere, unabhängige Experten und die Quellen sind transparent.
Der Beitrag präsentiert mehrere Experten und Quellen, eine Verbraucherschützerin, einen Ernährungsmediziner einer Klinik und eine Vertreterin eines Lobbyverbands der Lebensmittelwirtschaft. Weitere Quellen sind eine bundesweite Forsa-Umfrage, die Nationale Verzehrstudie und die Cochrane Collaboration.
6. Es wird auf mögliche Interessenkonflikte eingegangen.
Der Beitrag macht klar, wer auf welcher Seite der Diskussion steht. Interessenkonflikte darüber hinaus sind nicht erkennbar, müssen daher auch nicht erklärt werden.
7. Es gibt eine Einordnung in den Kontext (Neuheit/Verfügbarkeit/Kosten/Herkunft o.a.)
Sowohl die konkrete Preisspanne für Nahrungsergänzungsmittel wird genannt als auch Kundengruppen und das breit angelegte Angebot im Einzelhandel von Apotheke bis Supermarkt. Deutlich wird auch die Problematik der Regulierung der Mittel, da es sich rechtlich nur um Lebensmittel handelt. Zugleich wird klar, dass dies keine neue Diskussion ist, da der Beitrag Untersuchungen und Umfragen aus den vergangenen Jahren zitiert.
8. Die Fakten stimmen.
Echte Faktenfehler haben wir keine gefunden. An einer Stelle heißt es indes nur unvollständig: „So kann es sein, dass Menschen, die sich vegetarisch ernähren, zu wenig Vitamin B12 aufnehmen.“ Diese tri!t indes noch deutlicher auf Veganer zu, da B12 ein Vitamin ist, dass sich in tierischen Produkten findet, die Vegetarier zumindest zum Teil (Käse und Ei) essen.
9. Der Beitrag ist überwiegend eine journalistische Eigenleistung.
Wir haben keine Hinweise, dass dieser Beitrag nur auf Pressematerial oder einer Pressemitteilung beruht.
10. Der Beitrag vermittelt das Thema attraktiv.
Das Thema ist attraktiv vermittelt. Es hat einen reportageartigen Stil, begleitet etwa zu Beginn die Verbraucherschützerin in eine Drogerie, oder besucht den Ernährungsmedizin an der Universität. Anschaulich ist auch der Blick ins Regal im Drogeriemarkt, der vermittelt wie das Angebot der Nahrungsergänzungsmittel dort präsentiert wird. Zugleich wird deutlich wie das Thema die Verbraucherschützerin sorgt, weil Verbraucher nur schlecht erkennen können, was wirklich von den Mitteln zu halten ist. Durch die Auswahl der Experten und Quellen vermittelt der Beitrag das Thema vielfältig, bietet auch der „anderen“ Seite die Gelegenheit sich zu äußern. Geschickt ist teilweise auch, wie von einem Aspekt zum anderen elegant übergeleitet wird: „Es sind zwei Weltanschauungen, die da aufeinanderprallen. Die einen, die nur empfehlen und einnehmen, was nachgewiesenermaßen wirkt. Die anderen, die vor allem auf ein Gefühl setzen: dass es einem gut, oft sogar besser geht, wenn man Zink oder Vitamin C schluckt. Gefühle spielen auch in der Medizin eine große Rolle. Mit dem Unterschied, dass man dort einen anderen Namen dafür hat: Placebo- Effekt.“
11. Das Thema ist verständlich erklärt.
Der Artikel ist nach den wichtigsten Fragestellungen zum Thema aufgebaut, sowohl ökonomische, medizinische wie physiologische Aspekte werden gestreift, alles ohne, dass der Text in Wissenschaftssprache abgleitet, Fremdwort und Substantivierungen meidet der Text.
12. Das Thema ist aktuell, relevant oder originell.
Leserinnen und Leser bekommen zwar den Hinweis, dass es sich um einen Artikel aus dem Archiv handelt, aus welchem Anlass der Beitrag indes gerade jetzt erscheint bleibt völlig o!en. Einen aktuellen Anlass scheint es nicht zu geben. Dass die meisten Menschen keine Nahrungsergänzungsmittel benötigen, ist auch keine sonderlich neue bzw. originelle Erkenntnis, dies wird seit Jahren berichtet. Ob es neue, relevante Ergebnisse zu dem Thema gibt, bleibt indessen o!en, stattdessen wird zum Thema Risiken auf eine acht Jahre alte Studie verwiesen oder auf eine vier Jahre alte Berechnung des Umsatzes mit den Mitteln. Aus welchem Jahr der Artikel ist, erfahren Leserinnen und Leser nicht. Natürlich gibt es immer wieder auch noch Menschen, für die das Thema neu ist, indes sollten dann auch aktuelle Informationen und Erkenntnisse vermittelt werden oder zumindest erklärt werden, dass es diese nicht gibt.