Abzunehmen ohne Hungern und schlechte Laune wie beim echten Fasten, das verspreche das Scheinfasten, berichtet GEO.de. Das neue „Konzept“ eines US-Forschers wird in einem interessanten, teils auch kritischen Artikel vorgestellt. Leider gibt es keine konkreten Angaben zu den positiven Effekten oder den Belegen. Auch bekommen Leserinnen und Leser kaum Informationen über das damit verbundenen Marketingkonzept des Entwicklers.
Zusammenfassung
In diesem Text der dpa, der von GEO.de veröffentlicht wurde, wird ein noch recht neues Konzept zum Abnehmen vorgestellt, dass als „Fasting Mimicking Diet (FMD)“ oder „Scheinfasten“ von einem US-Forscher entwickelt wurde. Die positiven Effekte werden leider nicht hinreichend konkret erklärt, ob es negative Effekte oder Nachteile gibt, bleibt offen. Der einzige Vergleich wird zum populären „Intervallfasten“ gezogen, aber nicht zu anderen Diäten oder Konzepten. Wie gut die behaupteten Effekte durch unabhängige Studien belegt sind, wird nicht deutlich. Dafür gibt es eine zum Teil auch kritische Einordnung durch zwei Experten. Leider werden potenzielle Interessenkonflikte des Entwicklers des Konzepts nicht hinreichend erläutert und es bleibt offen, seit wann es das Konzept tatsächlich gibt, und wie es in Deutschland verfügbar ist. Der insgesamt interessante Artikel versucht zwar grundlegende Mechanismen hinter der Abnehmmethode zu erklären, dies gelingt indes nur teilweise.
Die Kriterien
1. Die positiven Effekte sind ausreichend und verständlich dargestellt.
Der Artikel berichtet, dass man mit dieser Diät abnehmen kann. In welchem Umfang und in welchem Zeitraum konkret Gewicht verloren wird, erfahren Leserinnen und Leser jedoch nicht. Auch würde man schlanker werden, aber auch dazu gibt es keine konkreten Angaben. Deutlich wird zumindest, dass fünf Tage nicht ausreichen. Einer der Experten nennt als positiven Effekt: „Bei dieser Fastenvariante ändert sich sicher der Blick auf Lebensmittel und deren Nährstoffzusammensetzung. Man nimmt das Hungergefühl anders wahr.“
2. Die negativen Effekte werden angemessen berücksichtigt.
Ob es irgendwelche relevanten negativen Effekte oder Nachteile dieses Ansatzes gibt, wird nicht erklärt.
3. Es werden ALTERNATIVE Lebensmittel/Ernährungsformen/Diäten oder andere Maßnahmen vorgestellt/verglichen.
Das „Scheinfasten“ wird lediglich mit dem gerade populären Intervallfasten (und natürlich dem Fasten) verglichen, dem es überlegen sein soll. Zu anderen Konzept-Diäten oder auch dem klassischen „FDH-Konzept“ (Friss die Hälfte) oder Diäten, die generell auf hohe pflanzliche Anteile setzen, gibt es leider keinen Vergleich, um zu verdeutlichen, wie effektiv das Verfahren tatsächlich ist. Ein Vergleich fällt auch schwer, da es keine konkreten Angaben zu den Effekten gibt. Daher werten wir knapp „nicht erfüllt“, vor allem, weil sich eben hinter FMD ein kommerzielles Interesse versteckt, was im Artikel nur bedingt deutlich wird.
4. Die Belege/Studien werden ausreichend eingeordnet.
Ob es überhaupt überzeugende Belege wie etwa ernährungswissenschaftliche Studien für die behaupteten Effekte gibt, erklärt der Artikel nicht. Dass Studien zum Thema vor allem von Longo stammen, der einen klaren Interessenkonflikt hat, wäre ebenfalls eine interessante Information.
5. Es gibt weitere, unabhängige Experten und die Quellen sind transparent.
Es wird der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Anti-Aging-Medizin befragt sowie Hans Hauner, Ernährungsmediziner der TU München.
6. Es wird auf mögliche INTERESSENKONFLIKTE eingegangen.
Dass sich hinter dem Konzept des Fasting Mimicking Diet (FMD) ein ganzes Marketingkonzept versteckt und auch eine von Longo gegründete Firma namens L-Nutra, die Longo gegründet hat und die entsprechend dem Konzept Fastenboxen verkauft, wird nur indirekt in der zweiten Hälfte des Artikels deutlich, als der Experte Hauner erklärt, dass er dies für eine „geschickte Vermarktung“ hält. Der Artikel hätte viel früher im Text erklären müssen, dass der Wissenschaftler Valter de Longo nicht nur das Konzept entwickelt hat, sondern auch, dass er Gründer des Unternehmens L-Nutra ist, das mit Fastenboxen und weiteren Produkten wie Müsliriegel oder Gemüsekisten Geld verdient. Es handelt sich hier also eindeutig um einen möglichen Interessenskonflikt, den man konkret hätte erklären müssen.
Auch dass Experte Kleine-Gunk, der FMD insgesamt recht positiv darstellt, aktuell ein Buch dazu veröffentlicht hat und auch zu den Sirtuinaktivatoren, die er ausführlicher für die Phasen zwischen den „Scheinfastenzeiten“ empfiehlt, ein Buch veröffentlicht hat, wäre eine Erwähnung wert gewesen.
7. Es gibt eine Einordnung in den Kontext (Neuheit/Verfügbarkeit/Kosten/Herkunft etc.).
Im Artikel wird durch den Experten Hauner und erst spät im Text nur angedeutet, dass sich hinter der Diät ein ganzes Vermarktungskonzept verbirgt, das man kritisieren kann, was Hauner mit diesem einen Satz auch tut. Nur leider wurde dies Leserinnen und Lesern zuvor gar nicht erklärt. Damit bleibt völlig unklar, was es mit den „Fastenboxen“ auf sich hat, die im Artikel ganz unvermittelt auftauchen. Es gibt auch keine Erklärung, ob es sie in Deutschland gibt und was sie kosten. Es wird zwar ausführlicher beschrieben, welche Lebensmittel bei dem Konzept zur Anwendung kommen, aber wo man z.B. Orecchiette-Pasta oder Schoko-Tonka-Quark bekommt bzw. was das ist, wird ebenfalls nicht erklärt. Letztlich bleibt völlig offen, wie lange es dieses konkrete Konzept schon gibt, da es an keiner Stelle ausdrücklich erklärt wird. Es wird lediglich kritisiert,
8. Die FAKTEN stimmen.
Faktenfehler sind uns keine aufgefallen.
9. Der Beitrag ist überwiegend eine JOURNALISTISCHE EIGENLEISTUNG.
Wir haben keine Anhaltspunkte, dass der Text vor allem auf Pressematerial beruht, stattdessen stützt er sich vor allem auf die Informationen der beiden interviewten Experten.
10. Der Beitrag vermittelt das Thema ATTRAKTIV.
Eigentlich liest sich der Text insgesamt kurzweilig und ist informativ, da er einerseits verschiedene Gerichte und Lebensmittel nennt, die gemäß dem Konzept empfohlen werden, und andererseits auch mit „harter“ Wissenschaft kommt, wenn es um Erklärungen zum Mechanismus der Diät geht. Leider sind teilweise Fremdwörter nicht erklärt (s.u.), es gibt viele Substantivierungen. Auch erscheinen einige Formulierungen seltsam, z.B.: „Der Clou: Gegessen werden darf trotzdem. Das klingt total praktisch“. Daher werten wir nur knapp „erfüllt“.
11. Das Thema VERSTÄNDLICH erklärt.
Leider gibt es viele Fremdwörter, die nicht gut erklärt werden. Zudem wird viel von Verjüngung der Zellen berichtet, dabei wird nicht klar, was das mit Abnehmen zu tun hat. Es werden auch einige Mechanismen angesprochen, wie die Diät wirken könnte, ohne, dass dies vollends verständlich ist, etwa die Rolle des Insulins für Alterungsprozesse und Fettabbau.
Im Artikel wird unvermittelt von „Fastenboxen“ berichtet, ohne dass wirklich deutlich würde, was es damit auf sich hat (siehe auch Kriterium Kontext). Alles in allem werten wir – wenn auch knapp – „nicht erfüllt“.
12. Das Thema ist AKTUELL, RELEVANT ODER ORIGINELL.
Die FMD ist eine relativ neue Entwicklung, das gilt auch für die Sirtfood-Diät, die es schon etwas länger gibt. Das Thema Diät ist sicher nichts Neues, aber jährlich zur Fastenzeit, vor der dieser Artikel im Januar erschien, eben doch für viele Menschen interessant. Es ist auch relevant, da viele Menschen in Deutschland übergewichtig sind.
Journalistische Kriterien: 5 von 12 erfüllt
Da die wichtigen Kriterien „Positive Effekte“, „Negative Effekte“ und „Belege/Studien“ nicht erfüllt werden, werten wir um einen Stern ab (von 2 auf 3 Sterne).