Eine Woche lang täglich ein Glas selbstgemachter Zitronensaft und einige andere Vorgaben sollen laut RTL.de helfen, abzunehmen, zu entschlacken und zu entgiften. Irgendeinen Beleg für diese Behauptungen bringt der Artikel in keiner Weise. Lediglich der Verweis auf „einige Hollywoodstars“ muss Leserinnen und Leser genügen.
Zusammenfassung
RTL News stellt in einem längeren Artikel auf RTL.de eine Diät vor, bei der man neben einigen anderen Vorgaben täglich selbstgemachten Zitronensaft trinken soll. Die positiven Effekte werden dabei nur allgemein behauptet, so gut wie nicht konkret in Zahlen gefasst. Mögliche negative Effekte werden praktisch gar nicht angesprochen. Damit ist es auch schwierig die Diät mit anderen Abnehmmethoden zu vergleichen, was im Artikel auch nicht erfolgt. Hauptproblem des Artikels ist, dass Effekte nur behauptet werden, aber es keine einzige konkrete Quelle oder Verweise auf Studien gibt, in denen diese belegt würden. Zugleich gibt es einige Fehler im Text. Auch wenn der Artikel im Großen und Ganzen leicht zu lesen und verständlich ist, bleibt letztlich offen, welche journalistischen Gründe es geben könnte, einen solchen, völlig unbelegten Artikel – Text zu veröffentlichen.
Hinweis: Wir bewerten die Version vom 14.11.2021, inzwischen wurde der Artikel mit teilweise neuem Titel, aber ansonsten nahezu unverändert erneut veröffentlicht (am 15.12. und auch am 6.2.2022).
Die Kriterien
1. Die positiven Effekte sind ausreichend und verständlich dargestellt.
In dem Artikel werden zahlreiche positiven Effekte behauptet: „Einige Hollywood-Stars schwören auf die Zitronendiät, um schnell so viele Pfunde wie möglich purzeln zu lassen.“ Oder: „So soll man angeblich sogar bis zu einer Kleidergröße innerhalb von sieben Tagen verlieren.“ Zudem soll die Diät entgiften bzw. entschlacken, die Haut zum Strahlen bringen und dazu führen, dass man sich rundum wohl fühlt. Zudem soll die Verdauung angeregt werden. Eine Zitronenlimonade und viel Wasser sollen entschlacken und die Verdauung ankurbeln.
Leider wird nur die Gewichtsabnahme ansatzweise quantifiziert, indes nur als Extremwert („bis zu einer Kleidergröße“), den wahrscheinlich – wenn überhaupt – nur wenige erreichen. Besser ist in solchen Fällen ein Mittelwert, den die meisten erzielen können. Auf welcher Grundlage der Wert zustande kommt, wird nicht deutlich. Da für andere positive Effekte überhaupt keine konkreten Werte genannt werden, werten wir alles in allem knapp „nicht erfüllt“.
2. Die negativen Effekte werden angemessen berücksichtigt.
Risiken oder negative Effekte der (vermeintlich richtig durchgeführten) Zitronendiät werden nicht thematisiert. Die Zitronenlimonade könnte bei manchen Menschen zu Sodbrennen führen und kann auch auf Dauer Schäden an Zähne verursachen, manche Menschen vertragen auch nicht viel Obst (Fruktosemalabsorption). Auch Vollkorn kann zu Verdauungsproblemen führen.
Gegen Ende wird nur kurz auf den JoJo-Effekt, der ein generelles Problem von zeitlich begrenzten Diäten ist, eingegangen. Wir werten – wenn auch knapp – „nicht erfüllt“.
3. Es werden ALTERNATIVE Lebensmittel/Ernährungsformen/Diäten oder andere Maßnahmen vorgestellt/verglichen.
Alternative Diäten oder Maßnahmen, um ähnliche Effekte zu erreichen, werden nicht thematisiert oder auch nicht mit diesen verglichen. Sport wird nur als Teil der Diät kurz erwähnt.
4. Die Belege/Studien werden ausreichend eingeordnet.
Als einzigen Beleg für die Wirksamkeit der Zitronendiät wird allgemein auf „einige Hollywood-Stars“ verwiesen. Darüber hinaus gibt es keinerlei weitere Belege für die Behauptungen.
5. Es gibt weitere, unabhängige Experten und die Quellen sind transparent.
ExpertInnen werden im gesamten Beitrag nicht zitiert. Es wird nicht mal transparent gemacht, welche „Hollywood-Stars“ auf die Zitronendiät schwören.
6. Es wird auf mögliche INTERESSENKONFLIKTE eingegangen.
Beim Thema selbst spielen Interessenkonflikte von ExpertInnen keine Rolle. Das Medium selbst macht transparent, dass im Artikel Verkaufslinks eingesetzt werden.
7. Es gibt eine Einordnung in den Kontext (Neuheit/Verfügbarkeit/Kosten/Herkunft etc.).
Wie lange es die Zitronendiät schon gibt, wird Leserinnen und Lesern nicht erklärt. Auch nicht, welche Kosten auf sie zukommen. Dass man bei Frischware auch noch darauf achten könnte, Bioware zu nutzen (vor allem, wenn man an Zitronen denkt, deren Schale abgerieben wird), wird nicht thematisiert.
8. Die FAKTEN stimmen.
Keiner der behaupteten Effekte werden belegt, sodass wir sie nicht konkret überprüfen können. Dennoch gibt es auch einzelne klare Fehler im Text: Reis oder auch Reiswaffeln haben beispielsweise keinen niedrigen glykämischen Index, sie werden im Artikel aber empfohlen, um den Blutzucker niedrig zu halten.
Schlacken gibt es generell im Körper nicht, man kann diesn auch nicht durch eine Diät entgiften (siehe zum Beispiel diesen Artikel auf der Seite der Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE)).
Der Begriff Fastenkur finden wir in diesem Zusammenhang unpassend, weil es sich nicht auf das Beschränken einer oder nur weniger Lebensmittel handelt. Was eine Fastenkur ausmacht, kann man hier nachlesen. Abnehmen ist bei Fastenkuren nur ein Nebeneffekt, hier wird er prominent im Titel und Vorspann beworben.
9. Der Beitrag ist überwiegend eine JOURNALISTISCHE EIGENLEISTUNG.
Wir haben keine konkreten Hinweise dafür, dass der Artikel überwiegend auf Pressematerial beruht, daher werten wir „erfüllt“.
10. Der Beitrag vermittelt das Thema ATTRAKTIV.
Die Ansprache ist locker gehalten, selten werden Fremdworte verwendet, und wenn vorhanden, werden sie erklärt. Der Artikel erklärt Tag für Tag, was man essen und trinken soll, indes auf eine Art und Weise, die störend und teilweise langatmig ist, weil man immer wieder „den Faden“ verliert. Daher werten wir nur knapp „erfüllt“.
11. Das Thema VERSTÄNDLICH erklärt.
Der Text ist im Großen und Ganzen verständlich für Laien, auch wenn er nur wenige echte Erklärungen für Effekte liefert, die zwar immer wieder plausibel klingen, aber eben nie durch Quellen belegt sind. Dann gibt es indes immer wieder auch Sätze, die wenig verständlich sind, wie dieser hier: „Damit der aufgenommene Zucker aus der Nahrung in der Diät nicht sofort als Fettdepot angelagert wird, muss der Blutzucker (Link zu Beitrag im Medium) reguliert werden. Um ihn den ganzen Tag über auf einem niedrigen Niveau zu halten, sollte man sich einem ordentlichen Frühstück widmen. Nehmen Sie zu jeder Mahlzeit Eiweißprodukte zu sich und vergessen Sie auch das übliche Glas Zitronensaft nicht.“
Warum nun ausgerechnet jeden Tag Zitronensaft getrunken werden muss und kein anderer Saft, wird auch nicht recht deutlich. Wir werten daher nur knapp „erfüllt“.
12. Das Thema ist AKTUELL, RELEVANT ODER ORIGINELL.
Warum der Artikel auf Google News wiederholt erscheint, bleibt offen. Relevanz erhielte er durch eine Einordnung der Diät durch ExpertInnen oder Verweise auf Quellen, die völlig fehlen. Regelmäßig Zitronensaft zu trinken erscheint auch nur mäßig originell, zumal nicht deutlich wird, warum dies tatsächlich so gemacht werden sollte. So bleibt nur die stetige Suche von Leserinnen und Lesern nach der nächsten Möglichkeit, abzunehmen und dem Körper etwas „Gutes“ zu tun, oder für das Medium Verkaufslinks zu platzieren. Bedeutende journalistisch Gründe erschließen sich uns nicht.
Journalistische Kriterien: 4 von 12 erfüllt
Wegen des völligen Fehlens von Quellen und Belegen werten wird das Ergebnis um einen Stern ab (von 2 auf 1 Stern).