Bewertet am 11. Februar 2022
Veröffentlicht von: inFranken.de

Palmöl ist in vielen Lebensmitteln und Kosmetika enthalten. Laut einer Studie regt das Öl die Bildung von Krebsmetastasen an, berichtet InFranken.de. Der zwar informative Artikel übertreibt dabei die negativen Effekte auf alarmistische Art und Weise, obwohl diese lediglich an Labormäusen beobachtet wurden. Dass einer der Forscher einen erheblichen Interessenkonflikt hat, erfahren Leserinnen und Leser nicht.

Zusammenfassung

Das Regionalportal InFranken.de berichtet über mögliche gesundheitsschädliche Effekte von Palmöl, das in vielen Lebensmitteln und Kosmetika eingesetzt wird. Anlass ist eine Laborstudie an Mäusen, nach der das Öl die Ausbreitung von Krebsmetastasen begünstigt. Die positiven Effekte von Palmöl werden hinreichend beschrieben. Die negativen Effekte werden hingegen übertrieben dargestellt und nicht quantifiziert. Welche Alternativen es gäbe erklärt der Artikel nur eingeschränkt und berücksichtigt dabei nicht die Interessenkonflikte des zitierten Co-Autors der Studie. Der Artikel bezieht einige Quellen mit ein und verlinkt diese auch und erklärt auch den Kontext zum umstrittenen Palmöl generell, indes nicht zum eigentlichen Ergebnis der Untersuchung, in der eigentlich ein Mechanismus für die Aktivierung der Metastasen erforscht werden sollte. Sprachlich ist der Artikel teilweise wenig gelungen und verwirrend und das eigentliche Ergebnis der Untersuchung wird in keiner Weise verständlich dargestellt. Hauptproblem des Artikels ist, dass die Ergebnisse der Laborstudie an Mäusen ohne Vorbehalt auf die Ernährungsweise von Menschen übertragen werden und somit unnötig alarmistisch und teilweise auch falsch berichtet wird.

Hinweis: Wir haben den Artikel in der Version vom 15.12.21 bewertet, nicht die am 4.2.22 aktualisierte Version, bei der indes nur der Titel geändert wurde. Ein Grund für die Aktualisierung wird nicht genannt.

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Die Kriterien

1. Die positiven Effekte sind ausreichend und verständlich dargestellt.

Als positiven Effekte werden verschiedene Aspekte benannt: Es handele sich um ein billiges Fett, dass ähnlich wie Butter schmeckt und eine streichfeste, cremige Konsistenz verleiht. Zudem habe es einen sehr hohen Ertrag pro Hektar im Vergleich zu anderen Fetten/Ölen. Da im Artikel die negativen Effekte im Zentrum der Berichterstattung stehen, halten wir eine Quantifizierung der positiven Effekte in diesem Fall für nicht unbedingt nötig. Hinsichtlich des Ertrags werden diese dennoch in konkrete Zahle gefasst: „(…) da diese Alternativen deutlich niedrigere Öl-Erträge liefern: Während Ölpalmen durchschnittlich 3,3 Tonnen Öl je Hektar erbringen, sind es bei Raps, Kokos und Sonnenblumen nur etwa 0,7 Tonnen.“

2. Die negativen Effekte werden angemessen berücksichtigt.

Der behauptete spezifische negative Effekt von Palmitinsäure, das in Palmöl enthalten ist, wird im Text mehrfach beschrieben. Dass Palmitinsäure die Streuung von Krebszellen fördere und somit Metastasen begünstige, wird an acht Stellen im Text erklärt. Allerdings wird dieser zentrale Befund der Studie dabei nur wiederholt und der Text geht kaum weiter ins Detail, es gibt keinerlei Quantifizierung. Zugleich wird so getan, als gelte dieser Befund aus den Laborexperimenten an Mäusen uneingeschränkt für Menschen, sodass es im Titel etwa klar heißt: „Krebserregendes Palmöl: So schädlich sind Pizza, Nutella und Co.“ Auch bekommt man zu dieser Behauptung keinerlei konkrete Information, was indes auch gar nicht aus der Studie, abgleitet werden kann, mit der eigentlich ein möglicher Mechanismus geklärt werden sollte.

Als weiteren negativen Effekt wird noch auf folgendes hingewiesen: „Doch Palmöl gehört nicht gerade zu den hochwertigsten Pflanzenfetten. Es hat einen ziemlich hohen Gehalt an ungesunden, gesättigten Fettsäuren und einen niedrigen Gehalt an gesunden, ungesättigten Fettsäuren.“ Aber auch hierzu gibt es keinerlei konkrete Angaben.

3. Es werden ALTERNATIVE Lebensmittel/Ernährungsformen/Diäten oder andere Maßnahmen vorgestellt/verglichen.

Warum Palmöl nicht durch andere Öle in Lebensmitteln ausgetauscht werden kann, erklärt der Autor und zitiert dabei den WWF Report. Auch eine spezielle Diät/Ernährungsweise könne nicht empfohlen werden, um Palmöl zu meiden und die Metastasierung zu verlangsamen. Als einzigen Lichtblick, wird im Artikel die Entwicklung eines speziellen Proteins beschrieben, dass die Reaktion auf Palmitinsäure stören könne. Dass sei viel realistischer, als die Vorlieben für Pizza und Nutella in Frage zu stellen. Auch wenn es bisher keine Belege für eine spezielle Krebsdiät gibt, so hätte man dennoch eine allgemein gesunde Ernährung empfehlen können, die einen maßvollen Konsum von Fertiggerichten und kalorienreichen Lebensmitteln wie Nutella und Pizza einschließt. Denn ein noch zu erforschendes Protein ist zum aktuellen Zeitpunkt wohl ebenso wenig eine realistische Alternative. Der Interessenskonflikt des Zitatgebers und Mitautors der Studie scheint hier Einfluss zu nehmen (siehe Kriterium Interessenkonflikte). Eine realistische Alternative wird im Text also nicht aufgezeigt.

4. Die Belege/Studien werden ausreichend eingeordnet.

Dass es sich um Mausversuche handelt, wird zwar kurz erwähnt – nicht jedoch die vorangegangenen Versuche in Zellkultur und der Transfer der Zellen in die Maus. Die Übertragbarkeit der Studienergebnisse auf den Menschen wird als selbstverständlich angesehen, aber von keinem Experten eingeordnet. Unklar bleibt auch, in wieweit die Mengen der eingesetzten Palmitinsäure mit Mengen in Lebensmitteln und Kosmetika übereinstimmen. Welchem Zweck die Studie eigentlich dient (Mechanismus für die Anregung von Metastasen) wird eigentlich nicht hinreichend deutlich.

5. Es gibt weitere, unabhängige Experten und die Quellen sind transparent.

Es werden neben der Studie und Pressemeldung noch vier weitere Quellen zitiert und beschrieben – u.a. der WWF Report, die WHO, Stiftung Warentest, ein Interview im Guardian und das Bundesinstitut für Risikobewertung.

6. Es wird auf mögliche INTERESSENKONFLIKTE eingegangen.

Die Forschungen fanden in den Laboren von S.A.B. (wissenschaftlicher Beirat) statt. Diese sind ein Co-Gründer von Ona Therapeutics, einem Biotech-Unternehmen, das sich auf die Entdeckung und Entwicklung von therapeutischen Biologika spezialisiert hat, die auf Tumormetastasen auslösende Zellen und den Lipidstoffwechsel abzielen. Co-Autor Benitah ist Migründer von Ona Therapeutics, damit hat er einen klaren Interessenkonflikt, der bei seinem Zitat zur Einordnung hätte erwähnt werden müssen (spezielle Proteine zu entwickeln sei realistischer als von einer persönlichen Vorliebe für Nutella und Pizza abzuweichen).

Am Ende des Artikels wird darauf verwiesen, dass im Beitrag Verkaufslinks eingesetzt werden, die optisch auch von den anderen Links abgesetzt sind.

7. Es gibt eine Einordnung in den Kontext (Neuheit/Verfügbarkeit/Kosten/Herkunft etc.).

Dass Palmöl schon länger unter Verdacht steht, die Entstehung von Krankheiten zu fördern, wird ausreichend erläutert. Auch über die Bedeutung von Palmöl für die Industrie erfährt der Leser einiges, was eine Einordnung in den Kontext ermöglicht. Die tatsächliche Neuheit der Studie liegt eher in der Erforschung des Mechanismus und dem Vergleich zu anderen Fettsäuren wie Öl- und Linolsäure. Diese neuen Erkenntnisse zum Mechanismus werden indes so gut wie gar nicht beschrieben.

8. Die FAKTEN stimmen.

Im Artikel heißt es in der zusammenfassenden Liste zu Beginn: „Nutella, Fertigpizza & Co.: Neue Studie zeigt, wie gefährlich Produkte des täglichen Lebens sein können.“ Dies wurde in der Studie gar nicht untersucht, und es ist auch nicht möglich anhand dieser Studie diese Aussage zu treffen.

Im Text steht: „Keine der anderen getesteten Fettsäuren erhöhten generell das Risiko, an Krebs zu erkranken. Bei Palmitin ist das jedoch anders.“ Palmitinsäure erhöht laut dieser Studie nicht das Risiko an Krebs zu erkranken, sondern nur das Risiko einer Metastasierung eines bereits bestehenden Tumors. In der Studie steht dazu: „No fatty acid treatment affected primary tumour initiation.“

Beide Fehler tragen dazu bei, dass der Artikel alarmistisch wird, weil die Risiken übertrieben dargestellt werden. Daher werten wir „nicht erfüllt“.

9. Der Beitrag ist überwiegend eine JOURNALISTISCHE EIGENLEISTUNG.

Der Text geht deutlich über die Pressemitteilung zur Studie hinaus und führt diverse Quellen zum Thema zusammen.

10. Der Beitrag vermittelt das Thema ATTRAKTIV.

Die Zusammenfassung der Kernaussagen zu Beginn und die Zwischenüberschriften leiten gut durch den Text (siehe aber auch Kriterium Fakten). Die Quellen wurden verlinkt. Der Artikel ist indes teils seltsam formuliert („(…) wie Palmitinsäure aus Palmfett Krebs erregt, (…)“, „Mit Diäten zu spielen ist so kompliziert.“)

Ein Grund könnte sein, dass vor allem Zitate aus dem Englischen nicht gut übersetzt wurden. Dies macht das Thema, das schon ziemlich in die wissenschaftlichen Details der Krebsentstehung geht, noch etwas schwerer verständlich. Hinzu kommen Fachbegriffe wie Tumorprogression oder Mausmodelle. Zudem gibt es viele Schachtelsätze und Substantivierungen. Das zentrale Ergebnis der Studie (Palmitinsäure fördert Krebsmetastasen) wird zu häufig wiederholt. An einigen Stellen bricht der Erzählstrang ab und hinterlässt eine Lücke.

Problematisch ist die alarmistische Überschrift „Krebserregendes Palmöl“, die wir aufgrund einer solchen Laborstudie, durchgeführt zudem von Forschern mit einem klaren Interessenkonflikt nicht für angemessen halten.

11. Das Thema VERSTÄNDLICH erklärt.

Da der Artikel die Ergebnisse direkt auf den Menschen überträgt und eigentlich nicht erklärt, dass die Studie vor allem dazu diente einen Mechanismus aufzuspüren, wie Palmitinsäure Metastasen fördert, trägt der Text nur sehr eingeschränkt zum Verständnis der Leserinnen und Leser bei, eigenartige Formulierungen (siehe Kriterium Attraktivität) sind dabei auch nicht hilfreich. Der Artikel schreckt Leserinnen und Leser nur unnötig auf, als dass er etwas erklären würde. Wir werten knapp „nicht erfüllt“.

12. Das Thema ist AKTUELL, RELEVANT ODER ORIGINELL.

Palmöl ist ein Inhaltsstoff zahlreicher Lebensmittel und seit Jahren vor allem aus ökologischen Gründen in der Diskussion, daher erscheint der Hinweis auf Gesundheitsaspekte durchaus interessant und auch eine Relevanz gegeben, auch wenn solche Laborergebnisse nur sehr eingeschränkt auf Menschen übertragbar sind. Der Artikel in einem renommierten Fachmagazin erschien gut vier Wochen nach der Veröffentlichung des Fachartikels, was nur noch eingeschränkt aktuell ist für ein tagesaktuelles Newsmedium. Daher werten wir nur knapp „erfüllt“.

Journalistische Kriterien: 5 von 12 erfüllt

Aufgrund der übertrieben negativen Darstellung der Studienergebnisse, die Leserinnen und Leser unbegründet verunsichern kann, haben wir das Gesamtergebnis um einen Stern abgewertet (von 3 auf 2 Sterne).

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Kriterium erfüllt

Kriterium nicht erfüllt

Kriterium nicht anwendbar