Bewertet am 3. Januar 2022
Veröffentlicht von: Elle.de

Fünf Tipps für eine gesunde Vaginalflora verspricht der Text auf Elle.de. Mehr als bloße Behauptungen, wie Lebensmittel „gute“ Bakterien unterstützen, bietet der Artikel indes nicht, denn nachvollziehbare Belege fehlen völlig.

Zusammenfassung

Der Artikel auf der Webseite von Elle verspricht fünf Tipps, die helfen sollen, die Vaginalflora gesund zu halten, vor allem indem man versucht die „guten Bakterien“ durch die richtige Ernährung zu unterstützen. Wie gut dies konkret gelingt, erklärt der Artikel genau so wenig, wie er auf mögliche negative Effekte dieser Lebensmittel eingeht. Der Text stellt verschiedene Maßnahmen vor, ohne auch nur für eine zu erklären, wie gut die Aussagen belegt sind. Eine relevante Einordnung der Maßnahmen und Lebensmittel durch ExpertInnen gibt es nicht, auch bleibt völlig offen, um welche Studien es sich handelt, die kurz erwähnt werden. Leserinnen und Leser bekommen keinerlei Hinweise, wie lange das Thema schon erforscht wird, und ob es echte Neuigkeiten dazu gibt. Der Text stellt zahllose Behauptungen auf, ohne einen einzigen, nachprüfbaren Beleg, sodass Leserinnen und Leser zwar eine leicht konsumierbare Liste von Tipps bekommen, sich aber in keiner Weise sicher sein können, ob die Ratschläge funktionieren oder nicht.

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Die Kriterien

1. Die positiven Effekte sind ausreichend und verständlich dargestellt.

Es wird deutlich, dass der beschriebene positive Effekt die Vermeidung von Erkrankungen der Vagina, insbesondere bakterieller Vaginosen sein soll. Dazu werden Ernährungstipps gegeben („5 Ernährungs-Tipps für eine gesunde Vaginalflora“). Wie gut und in welchem Ausmaß das tatsächlich gelingt, bleibt indes völlig offen, weil die Effekte oder Ergebnisse der angesprochenen Studien nicht quantifiziert sind.

2. Die negativen Effekte werden angemessen berücksichtigt.

Ob Lebensmittel oder Produkte, die die Bakterienflora günstig beeinflussen sollen, irgendwelche negativen Effekte haben, wird nicht thematisiert. Es wird lediglich auf negative Effekte bestimmter Inhaltsstoffe einiger Lebensmittel hingewiesen wie zu viel Zucker, zu viel Fett oder „künstliche“ Hormone, die man vermeiden sollte. Auch wenn es keinerlei Nachteile geben sollte, hätte man das erwähnen können.

3. Es werden ALTERNATIVE Lebensmittel/Ernährungsformen/Diäten vorgestellt/verglichen.

Als Alternativen für eine gesunde Vaginalflora nennt der Artikel eine regelmäßige Reinigung mit Wasser oder Reinigungsgels und Kondome. Diverse alternative Lebensmittel und Ernährungsformen werden vorgestellt. Der Vergleich zwischen den Ernährungstipps bleibt allerdings aus. Der Artikel macht nicht klar, ob etwa der Verzicht auf Zucker einen größeren Effekt verspricht als etwa „öfter mal Nüsse naschen“.

4. Die Belege/Studien werden ausreichend eingeordnet.

Es findet keinerlei Einordnung statt. Es wird an mehreren Stellen auf Studien oder Forschende verwiesen. Es ist aber nicht nachvollziehbar, um welche Studien es geht, von wann diese Studien sein sollen, wo sie publiziert wurden oder wie aussagekräftig diese sind. Es fehlen jegliche Informationen, um die behaupteten Ernährungstipps einzuordnen.

5. Es gibt weitere, unabhängige Experten und die Quellen sind transparent.

Ein gibt lediglich ein sehr allgemeines Expertinnenzitat, das aus einem anderen Medium zitiert wird: „Eine ungesunde Vagina ist „‚oft das Ergebnis eines Ungleichgewichtes von guten und schlechten Bakterien in der Vagina‘, bestätigt auch die Professorin Dr. Mary Jane Minkin von der Yale University School of Medicine gegenüber der Seite ‚hudabeauty‘.“ Damit ist zwar diese Quelle transparent, auch wenn nicht deutlich wird, was sie zur Expertin macht. Darüber hinaus wird mehrmals von „Studien“ gesprochen, die vermeintlich etwas gezeigt hätten, es lässt sich aber nicht nachvollziehen, welche Studien das sind. Andere ExpertInnen für eine Einordnung gibt es leider nicht.

6. Es wird auf mögliche INTERESSENKONFLIKTE eingegangen.

Nach unseren Recherchen hat die zitierte Expertin keine Interessenkonflikte. Ob Interessenkonflikte bei den Studien eine Rolle spielen lässt sich mangels genauer Angaben der Studien nicht überprüfen. Daher werten wir nur knapp „erfüllt“.

7. Es gibt eine Einordnung in den Kontext (Neuheit/Verfügbarkeit/Kosten/Herkunft etc.)

Ob es sich bei dem Thema um eine neue oder eher alte Problematik handelt, erfahren Leserinnen und Leser nicht, da der Artikel dies überhaupt nicht einordnet, sondern einfach nur berichtet, dass es Studien gebe. Tatsächlich wird das Thema schon lange erforscht, große Metastudien konnten aber nach all den Jahren kaum einen Nutzen nachweisen. Zum Thema Kosten liefert der Beitrag keine Informationen, die hier indes auch nicht so relevant erscheinen. Was indes fehlt sind genauere Angaben zu einzelnen Gesundheitstipps, die deutlich machen, in welcher Form z.B. Zucker schädlich sein soll, oder welche Fleisch- und Milchprodukte angeblich Xenoöstrogene enthalten.

8. Die FAKTEN stimmen.

Wir wenden das Kriterium nicht an, weil es im Rahmen dieses Gutachtens nicht möglich ist all die Behauptungen ohne Quellenangaben zu überprüfen.

9. Der Beitrag ist überwiegend eine JOURNALISTISCHE EIGENLEISTUNG.

Der Beitrag stützt sich in Teilen auf den Text des englischsprachigen Schönheitsblogs „hudabeauty.com“. So bietet auch dieser eine Liste mit fünf, wenn auch großteils anderen Ernährungstipps für eine gesündere Vagina. Im Internet findet man zu diesem Thema diverse Seiten von Lifestylemagazinen und Frauenzeitschriften, die vergleichbare Texte veröffentlicht haben. Das legt zwar den Verdacht nahe, dass der Artikel sich nur bei diesen sekundären Quellen „bedient“ hat, doch lässt sich dies nicht zweifelsfrei nachweisen, daher werten wir – wenn auch knapp – „erfüllt“, da auch nicht erkennbar ist, dass der Artikel nur auf Pressematerial beruht.

10. Der Beitrag vermittelt das Thema ATTRAKTIV.

Die Auflistung der 5 Tipps mit ihren Zwischenüberschriften sind für Leserinnen und Leser leicht zu erfassen. Die einleitenden Absätze und vor allem die ersten beiden Absätze hätte man indes deutlich straffen können. Die Überschrift ist etwas missglückt, da sie in sich widersprüchlich ist: Wenn es für die Vagina „gute“ Lebensmittel gäbe, sollte es keine Frage sein, dass Ernährung sich auf die Vaginalflora auswirkt. Angesicht der kaum vorhandenen Belege stellt sich auch die Frage, ob es „gute“ und „schlechte“ Lebensmittel in diesem Zusammenhang überhaupt gibt. Pauschal wird auch Zucker als „schlechte“ Substanz dargestellt ohne zu erklären, in welcher Form oder in welchen Mengen. Und dass pauschal behauptet wird, es gebe künstliche Hormone in Fleisch- und Milchprodukten, ohne dies genauer zu erklären, macht Leserinnen und Leser nur unnötig Angst.

Auch einige sprachliche und redaktionelle Unzulänglichkeiten trüben das Lesevergnügen, wie in diesem Beispiel: „Auch das führt dazu, dass die Scheibenflora gesund bleibt und die Vagina vor Infektionen schützt.“ oder „Auf diesen Vagina-Superfood setzen“ so wie einige unnötige Füllwörter wie also, nämlich, tatsächlich.

11. Das Thema VERSTÄNDLICH erklärt.

Der Artikel behauptet zwar viel, erklärt indes wenig. So heißt es etwa: „Lactobazillen in vielen Lebensmitteln enthalten.“ In welchen genau und in welchen Mengen erfahren Leserinnen und Leser dann aber nicht. Nur bei einem der fünf Punkte wird kurz erwähnt, dass man „probiotische Nahrungsmittel wie Joghurt“ essen sollte. Was „probiotisch“ indes bedeutet, wird nicht erklärt. Warum in dieser Aufzählung dann zum Beispiel Gurken neben Sauerkraut (reich an Milchsäurebakterien) steht, bleibt ebenfalls offen. An einer Stelle wird von einer bakteriellen Vaginose gesprochen, und als bakterielle Entzündung erklärt, an anderer Stelle von einer Vaginitis, ohne dass deutlich würde, was der Unterschied ist. Gleich zu Beginn heißt es: „In unserem Magen befinden sich Darmmikroben. Sie helfen dabei, Nahrung zu verdauen (…).“ Warum sich DARMmikroben im Magen aufhalten sollten, der vor allem Magensäure enthält, erschließt sich uns nicht.

12. Das Thema ist AKTUELL, RELEVANT ODER ORIGINELL.

Ein aktueller Anlass ist nicht erkennbar, der Artikel aus dem das Zitat der Wissenschaftlerin stammt, ist aus dem Februar 2021, also etwa ein halbes Jahr vor der Veröffentlichung dieses Artikels. Die Gesundheit der Vagina ist letztlich natürlich eine für jede Leserin relevantes Thema, nur würde man dann natürlich den aktuellen Stand der Ernährungsforschung erwarten, der in diesem Artikel indes nicht deutlich wird. Letztlich ist das Thema für eine Lifestyle-Magazin für Frauen ein gar nicht so originelles Thema wie es auf den ersten Blick erscheint, da dies immer wieder in solchen Magazinen thematisiert wird. Alles in allem werten wir – wenn auch knapp – „nicht erfüllt“..

Journalistische Kriterien: 3 von 11 erfüllt

Da alle drei „erfüllten“ Kriterien nur knapp erfüllt sind, werten wir um einen Stern ab (von 2 auf 1 Stern).

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Kriterium erfüllt

Kriterium nicht erfüllt

Kriterium nicht anwendbar