Bewertet am 18. Januar 2022
Veröffentlicht von: wmn.de

Eine US-Studie findet bei Laborratten Hinweise, dass die Ernährungsweise das Risiko für Alzheimer erhöht. Das Lifestyle-Magazin wmn.de zieht daraus voreilig konkrete Schlüsse.

Zusammenfassung

Das Lifestyle-Magazin wmn.de der Funke Mediengruppe berichtet, dass Fertigmahlzeiten laut einer Untersuchung zu Alzheimer führen, dabei werden stellvertretend drei konkrete Mahlzeiten genannt. Eine ausgewogene Ernährung und Omega-3-Fettsäuren könnten dem aber entgegenwirken. Die positiven Effekte der Fettsäuren werden übertrieben dargestellt, ebenso die negativen Effekte der Fertigmahlzeiten, weil sie direkt auf den Menschen übertragen werden, obwohl sie in einer Laborstudie an einem speziell gezüchteten Rattenstamm durchgeführt wurden. Der Beitrag schafft es nicht, die Studie einzuordnen und die Aussagekraft zu erklären. Der Text macht auch nicht deutlich, ob es sich um bereits bekannte Phänomene handelt oder um völlig neue. Der Text geht nur insofern über die Pressemitteilung zur Studie hinaus, als er die Ergebnisse direkt auf Menschen überträgt. Auch wenn der Artikel leicht lesbar ist, stellt er doch einige Aspekte falsch dar und ist dadurch nur scheinbar verständlich. Es stellt sich die Frage, welche Relevanz der Artikel noch hat, wenn die Ergebnisse nicht so einfach auf den Menschen übertragbar sind. Der Alarmismus ist völlig überzogen.

Title

Die Kriterien

1. Die positiven Effekte sind ausreichend und verständlich dargestellt.

Die positiven Effekte der Omega-3-Fettsäure DHA werden in den letzten beiden Absätzen erklärt, jedoch in keinem Fall in konkrete Zahlen gefasst. Die Zusammenfassung ist zudem ungenau formuliert und gibt die Studienergebnisse nicht ganz korrekt wieder. Das Grundproblem: Ohne Umschweife werden Ergebnisse dieser einzelnen Laborstudie an Ratten auf Menschen übertragen. Nicht Personen, die sich lange Zeit von Fertigprodukten ernährt haben, können dies mit gesunder Ernährung wieder rückgängig machen, in der Studie zeigte sich der Effekt ausschließlich bei der älteren Rattenpopulation, die DHA und eine Fertigprodukt-vergleichbare (processed foods diet (PD)) Ernährung gleichzeitig angeboten bekommen hatten.

Falsch bzw. nicht Teil der Studie ist auch, dass eine ausgewogene Ernährung den negativen Auswirkungen von Fertigprodukten entgegenwirken würde. Das wurde zum einen nicht in der Studie untersucht, zum anderen lässt sich der Studienautor lediglich damit zitieren, dass der Fokus auf eine umfassend bessere Ernährung („overall diet improvement“) sinnvoll wäre. Die positiven Effekte von Omega-3-Fettsäuren sind damit übertrieben dargestellt.

2. Die negativen Effekte werden angemessen berücksichtigt.

Im Text wird suggeriert, dass Experimente bei Ratten sich eins zu eins auf Menschen übertragen lassen. Bereits nach vier Wochen Fertiggerichten (PD) soll die Ernährung mit Fertigprodukten eine Auswirkung auf unser Gehirn haben. Diese Zeitspanne wurde im Tierversuch beobachtet, muss aber nicht für den menschlichen Stoffwechsel gelten, trotzdem wird dies so dargestellt. Es fehlt auch der Hinweis, dass die negativen Auswirkungen nur bei der älteren Tiergruppe beobachtet werden konnte, nicht aber bei den jungen Ratten. Der negative Effekt der Gewichtszunahme durch PD wird nicht erwähnt. Keines der Ergebnisse wurde quantifiziert, obwohl dies der Studie zu entnehmen wäre. Die Aussage, dass Fleisch- und Wurstwaren neben Gehirnschädigungen auch Entzündungen auslösen, die zu schweren Herz-Kreislauf-Problemen führen können, ist in der Studie so nicht zu finden. Es handelt sich auch nicht um Gehirnschäden, sondern um eingeschränkte Gedächtnisleistungen.

3. Es werden ALTERNATIVE Lebensmittel/Ernährungsformen/Diäten oder andere Maßnahmen vorgestellt/verglichen.es Kriteriums einsetzen

Als Alternative, um Alzheimer vorzubeugen, wird eine ausgewogene und frische Ernährung mit Obst usw. erwähnt. Allerdings ist auch hier der Kontext nicht ganz korrekt dargestellt worden. Denn es wird behauptet, dass man mit dieser Ernährung den Konsum von Fertigprodukten ausgleichen könnte. Das wurde in der Studie aber nicht untersucht. Daher werten wir nur „knapp erfüllt“.

4. Die Belege/Studien werden ausreichend eingeordnet.

Es wird zwar erwähnt, dass die Studie mit Ratten durchgeführt wurde. Es fehlt jedoch jegliche Einordnung, inwiefern sich diese Ergebnisse auf den Menschen übertragen lassen. Stattdessen werden die Ratten erst sehr spät erwähnt und dem Leser wird vermittelt, dass die Ergebnisse allesamt für Menschen gültig sind – einschließlich der Zeitangaben von vier Wochen.

Eine Einordnung erfolgt nicht, insbesondere nicht, dass es sich um einen reinen Tierversuch an einem hybriden und speziellen Rattenstamm handelt. Die ForscherInnen sprechen selbst nur von Ratten, nicht von Menschen. Tierstudien dieser Art sollen zwar Modelle für den Menschen liefern. Aber die Einzelerkenntnisse sind nicht übertragbar.

5. Es gibt weitere, unabhängige Experten und die Quellen sind transparent.

Es gibt keine weiteren, von der Studie unabhängigen ExpertInnen, die die Ergebnisse einordnen.

Auf eine Quelle wird verwiesen, indem auf die Pressemitteilung verlinkt wird, die zur Originalpublikation führt, diese wird indes nicht verlinkt.

Wir werten knapp „nicht erfüllt“.

6. Es wird auf mögliche INTERESSENKONFLIKTE eingegangen.

In der Studie wird erklärt, dass es keinen Interessenkonflikt der AutorInnen gibt. Im Text muss daher darauf auch nicht extra eingegangen werden.

7. Es gibt eine Einordnung in den Kontext (Neuheit/Verfügbarkeit/Kosten/Herkunft etc.).

Der Artikel erklärt nicht hinreichend, wie neu die Erkenntnisse der Untersuchung sind: Bestätigt die Untersuchung vorherige Ergebnisse oder sind es völlig neue Erkenntnisse, die nun in weiteren Untersuchungen bestätigt werden müssen. Leserinnen und Leser wird auch nicht klar, dass es bereits umfangreiche Forschung zur Wirkung von Omega-3-Fettsäuren, zur Alzheimerforschung und zu Nahrungsergänzungsmitteln mit Omega-3-Fettsäuren gibt. Es ist klar, dass dies nicht im Rahmen eines solchen Artikels in größerem Umfang möglich ist, aber zumindest sollte es einzelne Sätze geben, oder Zitate von unbeteiligten ForscherInnen, die die Ergebnisse kurz einordnen.

8. Die FAKTEN stimmen.

Im Artikel heißt es: „Eine Studie hat nun herausgefunden, welche Produkte dafür verantwortlich sind, dass du später an Alzheimer erkrankst. Wieso man schon nach wenigen Wochen gesundheitliche Schäden davontragen kann.“ Pizza und Tiefkühllasagne führe laut Artikel „direkt zu Alzheimer“, das stimmt so nicht und wird in der Studie und der Pressemitteilung auch nicht behauptet. Der Alarmismus, mit dem behauptet wird, dass bestimmte Lebensmittel direkt und monokausal zu Alzheimer führen, ist sachlich falsch und völlig unangebracht.

Im Artikel heißt es: „Jetzt haben die Forscher der Ohio State University herausgefunden, dass die Produkte sich auch negativ auf unser Gehirn auswirken können und das bereits nach vier Wochen“

Dies ist falsch, weil dies gar nicht an Menschen untersucht wurde, sondern an einer speziell gezüchteten Rattenlinie.

Im Artikel wird behauptet, dass Menschen, die sich lange Zeit von Fertigprodukten ernährt haben, Schäden im Gehirn mit Omega-3-Fettsäuren reparieren können. Das hat die Studie weder untersucht noch ergeben.

9. Der Beitrag ist überwiegend eine JOURNALISTISCHE EIGENLEISTUNG.

Der Beitrag gibt ausschließlich das wieder, was auch in der Pressemitteilung zu finden ist. Es ist keine journalistische Eigenleistung erkennbar, außer der, dass im Artikel Ergebnisse von Laborraten unberechtigt auf den Menschen übertragen werden.

10. Der Beitrag vermittelt das Thema ATTRAKTIV.

Der Artikel liest sich flüssig, verzichtet auf Fremdworte oder erklärt sie soweit nötig. Die Auswahl der beiden Bilder ist angemessen, die Aussage in der Bildunterschrift zum ersten Bild hätte im Konjunktiv formuliert werden müssen. Die Frage in der Überschrift regt zum Lesen an – und man bekommt drei konkrete Lebensmittel auch direkt im dritten Absatz präsentiert – auch wenn es natürlich nicht diese drei Produkte alleine sind, die das Alzheimerrisiko erhöhen sollen und dies zum insgesamt übertriebenen und irreführenden Charakter des Artikels passt. Daher werten wir nur „knapp erfüllt“.

11. Das Thema ist VERSTÄNDLICH erklärt.

Der Artikel ist leicht verständlich, führt indes in die Irre, weil der Inhalt der Studie zu stark vereinfacht wird. Zudem ist der Inhalt der Studie und Pressemitteilung an einigen Stellen nicht korrekt dargestellt (siehe Kriterium Fakten).

12. Das Thema ist AKTUELL, RELEVANT ODER ORIGINELL.

Der Beitrag bezieht sich auf eine relativ aktuelle Studie, die schon im August 2021 veröffentlicht wurde, währende der Beitrag Anfang November online ging. Da es sich um eine Laborstudie an Tieren handelt, erscheint die Aktualität noch ausreichend, es fragt sich indes, wie relevant eine Untersuchung an Labortieren ist. Im Beitrag wird die Relevanz erzeugt, indem die Ergebnisse ohne Umschweife auf Menschen übertragen werden, was in dieser Form jedoch übertrieben ist. Daher werten wir – wenn auch knapp – „nicht erfüllt“.

Journalistische Kriterien: 3 von 12 erfüllt

Wir werten um einen Stern ab wegen der übertriebenen Übertragung der Ergebnisse von Ratten auf Menschen auf Grundlage nur einer einzigen Laborstudie (von 2 auf 1 Stern).

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Kriterium erfüllt

Kriterium nicht erfüllt

Kriterium nicht anwendbar