Bewertet am 18. November 2021
Veröffentlicht von: Jolie.de

Der Artikel auf Jolie.de suggeriert, als wolle er sich kritisch mit der „Blutgruppendiät“ auseinandersetzen, gibt dabei aber nur oberflächlich Inhalte wieder, die aus zwei Artikeln anderer Online-Magazine stammen, aus denen teilweise Textstellen kopiert wurden.

Zusammenfassung

Der Artikel auf der Onlineseite des Lifestyle-Magazins Jolie versucht Leserinnen und Lesern zu vermitteln, was von der Blutgruppendiät zu halten ist, die von dem amerikanischen Naturheilkundlers Peter J. D’Adamo entwickelt wurde. Bei der Beschreibung der positiven Effekte bleibt der Text indes viel zu vage, weist aber zumindest auf einen wichtigen negativen Effekt hin. Was die Ernährungsform im Vergleich zu anderen Formen leistet oder auch nicht, erklärt der Artikel nicht. Es wird zwar richtigerweise – wenn auch nur in einem Satz – berichtet, dass es für die Blutgruppendiät keine wissenschaftlichen Belege gibt, trotzdem wird sie lang und breit vorgestellt und dann auf eine Studie aus dem Jahr 2014 verwiesen, ohne zu erklären, um was für eine Studie es sich handelt und warum gerade diese aus mehr als zwanzig Jahren Forschung herausgegriffen wurde. Die Studie ist weder verlinkt noch wird deutlich, wo sie veröffentlicht wurde. Unabhängige Expertinnen, die die Blutgruppendiät einordnen, kommen im Artikel ebenso nicht vor. Leserinnen und Leser erfahren nicht, dass die „Diät“ schon in den 90er Jahre entwickelt wurde, und seitdem z.B. die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) mehrfach darauf verwiesen hat, dass es keine Belege für diese Diät gibt. Der Artikel führt Leserinnen und Leser in die Irre, weil er zunächst suggeriert, die Ernährungsform könnte beim Abnehmen helfen. Insgesamt fehlen wichtige Informationen, die in zwei Texten zweier anderer Publikumsmedien, bei denen der Artikel Textstellen kopiert, vorhanden sind.

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Die Kriterien

1. Die positiven Effekte sind ausreichend und verständlich dargestellt.

Im Text wird erwähnt, dass bei einer Ernährung nach dem Blutgruppensystem Nahrungsmittel verzehrt werden, die „perfekt auf das Verdauungssystem angepasst sind“. Was das genau bei welchen Lebensmitteln bedeutet, bleibt ungewiss; ebenso bleibt unklar, was die „Bedürfnisse des Körpers“ genau sein sollen, die bestimmte Lebensmittel, die für die jeweilige Blutgruppe vorgesehen sind, stillen sollen. Als biologische Grundlage für das bessere oder schlechtere Vertragen bestimmter Lebensmittel oder Nahrungsbestandteile werden Lektine angeführt, die „mit Blutbestandteilen reagieren“. Was diese Reaktion je nach verzehrtem Lebensmittel auslöst, bleibt unklar – ebenso die Art und Weise, wie man mit dieser Diät Gewicht verliert. Eine alleinige Eingrenzung der Art der Lebensmittel, die verzehrt werden dürfen, bedingt keine Gewichtsabnahme.

2. Die negativen Effekte werden angemessen berücksichtigt.

Es wird unter „Nachteile“ auf die negativen Effekte der Diät eingegangen. So steht dort: „Außerdem kann diese Diät zu einer sehr einseitigen Ernährung führen, da ganze Lebensmittelgruppen ausgeschlossen werden. So liefert etwa die Ernährungsweise der Blutgruppentyp 0 zu wenig Ballaststoffe (..) und Kohlenhydrate (..).“ Auch im Fazit wird nochmal darauf hingewiesen, dass es langfristig wichtig ist, sich ausgewogen zu ernähren.

3. Es werden ALTERNATIVE Lebensmittel/Ernährungsformen/Diäten oder andere Maßnahmen vorgestellt/verglichen.

Nach dem zweiten Absatz erfolgt ein Hinweis mit Verlinkung zu anderen ausgefallenen Diäten, die jedoch nicht näher beschrieben werden. Es gibt keinen Vergleich mit anderen Ernährungsformen. Auch wird nicht auf andere Maßnahmen verwiesen, die helfen könnten, zum Beispiel Gewicht zu verlieren.

4. Die Belege/Studien werden ausreichend eingeordnet.

Es wird zwar klar gemacht, dass es keine wissenschaftlichen Belege für die Wirksamkeit dieser Ernährungsform gibt. („Leider gibt es keine wissenschaftlichen Belege für die Wirksamkeit der Blutgruppendiät.“) Indes wird dies nur mit diesem einen Satz und lediglich unter dem Absatz „Nachteile der Blutgruppendiät“ abgehandelt. Dies ist indes kein „Nachteil“, sondern ein grundlegendes Problem. Dass dies bereits 2000 ebenso wie 2013 der Fall war, zeigen Bewertungen der Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE).

Warum dann ausgerechnet auf eine einzelne Studie aus dem Jahr 2014 der Universität Toronto verwiesen wird, bleibt völlig offen, zumal nicht erklärt wird, um was für eine Untersuchung es sich handelt, es heißt lediglich: „Eine Studie des Forscherteams der Universität von Toronto von 2914 verwirft gar die Theorie der Ernährungsform (…). Womöglich hängt es schlicht damit zusammen, dass der Absatz aus einem Artikel abgeschrieben wurde (wobei jedoch die Jahreszahl falsch übertragen wurde, siehe Kriterium Fakten).

Alles in allem reicht es daher nur zu einem knapp „nicht erfüllt“.

5. Es gibt weitere, unabhängige Experten und die Quellen sind transparent.

Es werden keinerlei unabhängige ExpertInnen für ein Einordnung zitiert. Die Studie aus dem Jahr 2014, die kurz erwähnt wird, ist nicht identifizierbar, weil nicht klar wird, wo sie veröffentlicht wurde. Es gibt auch keinen Link. Als Quellen werden lediglich zwei Publikumsmedien am Ende genannt, ohne die konkreten Beiträge zu verlinken. Wäre dies für Leserinnen und Leser möglich, würden sie feststellen, das dieser Beitrag zu großen Teilen bei den beiden anderen Artikeln abgeschrieben ist und umformuliert wurde.

6. Es wird auf mögliche INTERESSENKONFLIKTE eingegangen.

Interessenkonflikte spielen in diesem Beitrag keine Rolle, daher wenden wir dieses Kriterium nicht an, auch wenn es möglicherweise interessant gewesen wäre, zu erfahren, ob der Erfinder der Blutgruppendiät seine Entdeckung auch in Form von Büchern, Vorträgen oder anderen Angeboten über das normale Maß hinaus kommerzialisiert hat.

7. Es gibt eine Einordnung in den Kontext (Neuheit/Verfügbarkeit/Kosten/Herkunft etc.).

Leserinnen und Leser erfahren nicht, ob es sich um eine neuere oder ältere Ernährungsform handelt, da es überhaupt keine zeitliche Einordnung gibt. Dass die Ernährungsform bereits Ender der neunziger Jahre von D‘Adamo entwickelt wurde, bliebt völlig offen. Aspekte wie Kosten werden nicht thematisiert, etwa im Zusammenhang mit der Blutgruppe 0, bei der täglich Fleisch konsumiert werden soll. Wie die Theorie der Blutgruppenentstehung zu beurteilen ist, wird ebenfalls nicht erläutert. Es wird einfach so getan, als stimme das, was D’Adamo erklärt.

8. Die FAKTEN stimmen.

Der Artikel gibt die Theorie von D’Adamo weitgehend richtig wieder, die sich jedoch als insgesamt nicht haltbar erweist, auch was die Entstehung der Blutgruppen betrifft. Dies wird im Artikel indes gar nicht angezweifelt, sondern einfach nur seine Theorie wiedergegeben, wodurch der Eindruck entsteht, die Entstehung der Blutgruppen sei so verlaufen wie D’Adamo sie schildert. Dass die vom Menschen bekannt Blutgruppen aber zum Beispiel auch bei Primaten zu finden sind und wahrscheinlich schon beim gemeinsamen Vorfahren von Menschen und Affen entstand, erfahren Leserinnen und Leser nicht. Auch dass etwas Parasiten und Erkrankungen bei der Evolution der Blutgruppen beim Menschen eine wichtige Rolle spielten wird völlig außer Acht gelassen.

Im Artikel heißt es an einer Stelle: „Wenn es um die Wirkung der Blutgruppendiät geht, scheiden sich die Geister der Ernährungswissenschaft.“ Dies stimmt so nicht, da die Blutgruppendiät seit vielen Jahren als wissenschaftlich nicht belegt betrachtet wird (was später im Artikel indes nur kurz erklärt wird.)

Im Artikel heißt es: „Eine Studie des Forscherteams der Universität von Toronto von 2914 verwirft (…).“ Dies soll wahrscheinlich 2014 heißen, wir gehen von einem Tippfehler aus.

9. Der Beitrag ist überwiegend eine JOURNALISTISCHE EIGENLEISTUNG.

Große Teile des Artikels stammen aus den beiden Artikeln in den zitierten Medien myself.de und stern.de – ganze Textpassagen wurden übernommen bzw. einfach umgestellt, allerdings so verkürzt, dass alle wichtigen Informationen, die etwa im stern-Artikel zusammengetragen wurden, herausgefallen sind. Auch der Hinweis auf die am Ende des Artikels zitierte Studie stammt aus einer der beiden Quellen. Das einzig Positive ist, dass zumindest auf die beiden Medien als Quelle verwiesen wird (wenn auch nur allgemein, sie Kriterium Quellentransparenz).

10. Der Beitrag vermittelt das Thema ATTRAKTIV.

Positiv ist die klare Strukturierung und eindeutigen Zwischenüberschriften, die helfen, konkrete Informationen direkt anzuwählen.

Die Überschrift – wie auch die Zwischenüberschriften lesen sich indes nicht besonders attraktiv, suggerieren aber einen hohen Informationsgehalt. Im ersten Absatz baut der Artikel eine gewisse Spannung auf, da der Leser erfahren soll, wie man mit Hilfe der Blutgruppe abnehmen kann – und führt Leserinnen und Leser damit in die Irre. Denn erst nach ausführlichen Infos zur Evolutionsgeschichte und der angeblichen Entstehung der Blutgruppen sowie zu diesen jeweiligen Zeiten verzehrten Lebensmitteln erfährt der Leser, dass die Wirkung der Diät niemals wissenschaftlich belegt wurde und eigentlich nicht funktioniert. Die Lektüre hätte er sich also im Grunde sparen können.

11. Das Thema VERSTÄNDLICH erklärt.

Die Informationen werden so stark verkürzt wiedergegeben, dass man nicht wirklich versteht, wie die Blutgruppendiät funktionieren soll. Es bleiben mehr Fragen als Antworten zurück, was auch darauf zurückzuführen ist, dass wichtige Informationen der Artikel, die hier als Vorlage dienten, nicht übernommen wurden. Wie genau hilft die Ernährungsform der Gesundheit? Was hat es mit den Lektinen auf sich? Und was hat die Verträglichkeit von Lebensmitteln mit dem Abnehmen zu tun? Stimmt es, dass man sich bei dieser Diät intensiv mit den Bedürfnissen seines Körpers auseinandersetzt? Wie ist das gemeint?

12. Das Thema ist AKTUELL, RELEVANT ODER ORIGINELL.

Ein aktueller Anlass ist nicht erkennbar, die angesprochene Studie stammt aus dem Jahr 2014. Die Artikel, auf denen dieser Beitrag hier beruht, sind aus dem Jahr 2019. Der Text ist weder originell, noch wird die Relevanz deutlich. Zumal er nur Informationen wiedergibt, die in den beiden anderen Artikeln schon 2019 veröffentlicht wurden.

Journalistische Kriterien: 1 von 11 erfüllt

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Kriterium erfüllt

Kriterium nicht erfüllt

Kriterium nicht anwendbar