Bewertet am 30. September 2021
Veröffentlicht von: Deavita.de

Fruchtzucker zeige negative Effekte auf das Immunsystem, berichtet Deavita. Welche genau das sein sollen, die sich nur in einer Laborstudie an Zellen und Mäusen ergaben, erschließt sich für Leserinnen und Leser in diesem in großen Teilen unverständlichen Text kaum.

Zusammenfassung

Ein Artikel auf dem Lifestyle-Portal Deavita.de berichtet über eine Laborstudie an Zellen und Mäusen, die einen Effekt von Fruktose auf Immunreaktionen belegen soll. Der sehr technische und teilweise sehr schwer verständliche Artikel erklärt nicht, welche Vorteile Fruktose hat, noch welche negativen Effekte die Substanz in konkreten Zahlen in der Studie hervorrief. Da die Schäden durch Fruktose im Zentrum des Artikels stehen, wären Informationen zu Alternativen hilfreich gewesen, die jedoch fehlen. Dass es sich lediglich um eine Laborstudie an Zellen und Mäusen handelt, die nur eine sehr begrenzte Aussagekraft hat, erfahren Leserinnen und Leser nicht. Eine Einordnung durch unbeteiligte Experten findet nicht statt, wenigstens wird die Studie verlinkt. Dass es seit Jahren eine Diskussion über die gesundheitlichen Effekte von Fruchtzucker gibt, macht der Artikel deutlich. Hauptmanko des Textes ist, dass er weitgehend eine Übernahme der englischsprachigen Pressemitteilung und eines Absatzes der Studie ist, und zudem teils schlecht und für Laien kaum verständlich übersetzt wurde.

Title

Die Kriterien

1. Die positiven Effekte sind ausreichend und verständlich dargestellt.

Der Artikel fokussiert sich auf die negativen Effekte von Fruktose, daher erwarten wir keine konkreten, quantifizierten Abgaben zu positiven Effekten des Fruchtzuckers. Dennoch wäre es schön gewesen zu erfahren, welche positiven Effekte Fruchtzucker überhaupt haben könnte, entweder für den menschlichen Organismus oder die Herstellung von Lebensmitteln. Leider gibt es dazu gar keine Informationen, daher werten wir – wenn auch knapp – „nicht erfüllt“.

2. Die negativen Effekte werden angemessen berücksichtigt.

Die schädlichen Effekte der Fruktose stehen im Fokus dieses Artikels, der sich auf eine aktuelle Studie stützt. Dabei soll ein zu hoher Fruktose-Konsum das Immunsystem des Menschen schädigen, ausgelöst durch entzündliche Prozesse. Leider wird der Effekt oder die Ergebnisse der Studie an keiner Stelle in konkreten Zahlen erklärt, oder auch nicht deutlich gemacht, warum diese an dieser Stelle wenig aussagekräftig sein könnten (Mausstudie). Es wird nicht definiert, was „zu viel“ Fruktose heißen soll. Es wird auch nicht erklärt, wie man zu viel Fruktose aufnehmen kann.

3. Es werden ALTERNATIVE Lebensmittel/Ernährungsformen/Diäten oder andere Maßnahmen vorgestellt/verglichen.

Welche Alternativen zu Fruktose genutzt werden, um Lebensmittel zu süßen, erfahren Leserinnen und Leser nicht. Eine Fruktose-arme oder -reiche Ernährungsweise wird mit keinerlei anderen Ernährungsformen oder Maßnahmen verglichen. Bekannt ist, dass systemischen Entzündungen durch eine zuckerarme und ballaststoffreiche Ernährung zumindest in Maßen entgegengewirkt werden kann. Auch Sport und Schlaf sind hilfreich gegen systemische Entzündungen.

4. Die Belege/Studien werden ausreichend eingeordnet.

Dass es sich bei dieser Studie um eine Untersuchung an Mäusen und menschlichen Zellkulturen handelt, wird nicht explizit erklärt. Lediglich ganz am Ende des Artikels könnte Leserinnen und Lesern auffallen, dass es nicht um eine Studie geht, die mit menschlichen Probanden durchgeführt wurde. Nur nebenbei und für viele unverständlich heißt es dort: „(…) Sie zeigten, wie aktivierte menschliche Monozyten und Mausmakrophagen metabolisch und funktionell auf Exposition von Fruktose reagieren. Das mononukleär-phagozytierende System beider Spezies (…).“ Ein Hinweis wie aussagekräftig solche Tier- und Zellkulturexperimente sind, gibt es nicht. Dass eine solche Untersuchung lediglich Hinweise für Effekte im menschlichen Körper geben kann, macht der Artikel nicht deutlich.

5. Es gibt weitere, unabhängige Experten und die Quellen sind transparent.

Es wird leider keine weitere Quelle oder ein anderer Experte als diese Studie zitiert. Damit gibt es keine unabhängige Einordnung der Ergebnisse. Zumindest ist die angesprochene Studie verlinkt und damit die Quelle indirekt transparent.

6. Es wird auf mögliche INTERESSENKONFLIKTE eingegangen.

Eine der sechzehn Autorinnen hat laut dem Fachartikel verschiedene Interessenkonflikte, weil sie etwa im Advisory Board von Pharmafirmen sitzt. Diese erscheinen indes im Zusammenhang mit der Berichterstattung über diese Forschung zu wenig relevant zu sein, als dass man sie unbedingt in einem solchen Artikel berichten müsste. Daher werten wir „erfüllt“.

7. Es gibt eine Einordnung in den Kontext (Neuheit/Verfügbarkeit/Kosten/Herkunft etc.).

Es wird nicht deutlich, dass Fruktose Bestandteil des Haushaltszuckers ist und vor allem in zuckerreichen Lebensmitteln wie Softdrinks oder Süßigkeiten vorkommt. In diesem Zusammenhang hätte man kurz darauf eingehen können, dass es für viele Firmen ein billiges Mittel ist, um Lebensmittel zu süßen. Ebenso wenig erfahren Leserinnen und Leser, dass Fruchtzucker auch in Obst enthalten ist („natürliche Süße“) und sich die Frage stellt, wie sich dies gesundheitlich auswirkt.

Positiv ist, dass deutlich wird, dass es seit vielen Jahren eine Diskussion um Fruchtzucker und dessen Auswirkungen auf die Gesundheit gibt, und dass bisher nur wenig bekannt ist, wie dieser hohe Fruchtzucker-Konsum sich auf das Immunsystem auswirkt. Daher werten wir alles in allem – wenn auch knapp – „erfüllt“.

8. Die FAKTEN stimmen.

Wir haben verschieden Fehler gefunden, die offenbar durch eine falsche oder ungenaue Übersetzung herrühren: Es wird an einer Stelle von „Diät“ gesprochen, wo es indes „Ernährungsweise“ heißen muss, weil im englischen Originaltext „diet“ steht. Ein Übersetzungsfehler ist auch die „alkoholfreie Fettlebererkrankung“, die eigentlich „nicht-alkoholische Fettlebererkrankung“ heißen muss. Ein Missverständnis der grundlegenden Mechanismen offenbart auch die Formulierung, dass „Fruktose das Immunsystem entzünden kann“. Tatsächlich sind Entzündungen ein Abwehrmechanismus des Immunsystems, was zu Entzündungen in diversen Geweben führt.

9. Der Beitrag ist überwiegend eine JOURNALISTISCHE EIGENLEISTUNG.

Der Beitrag gibt in großen Teilen die Pressemitteilung der Universität Swansea sowie des Studien-Abstracts wieder. Diese Übersetzung ist zudem sehr schlecht, womöglich mit einem Übersetzungsprogramm erstellt. Wörtliche Zitate wurden in indirekte Zitate im Lauftext umgewandelt, an einigen Stellen wurden allgemeine Sätze eingeflochten oder leicht umformuliert. Eine ausreichende journalistische Eigenleistung ist insgesamt nicht erkennbar.

10. Der Beitrag vermittelt das Thema ATTRAKTIV.

Der Text erscheint wie eine schlechte Übersetzung der englischen Pressemitteilung sowie einer Passage aus dem Fachartikel. Daraus resultieren viele kryptische Passagen, die für den Laien kaum verständlich sein dürften. Zum Beispiel: „Fruktose programmiert den oxidativen Stoffwechsel neu, um eine vom Lipopolysaccharid induzierte Entzündung zu unterstützen.“ oder „Das mononukleär-phagozytierende System beider Spezies ist metabolisch plastisch am Stoffwechsel einer alternativen Kohlenstoffquelle beteiligt“. Auch immer wieder auftretende sprachliche Mängel (Nominalstil, Passivkonstruktionen) und Allgemeinplätze trüben die Attraktivität des Artikels („Dies baut auch auf der wachsenden Zahl von Beweisen auf, die den Entscheidungsträgern der öffentlichen Gesundheitspolitik über die schädlichen Auswirkungen des Konsums von Fruktose zur Verfügung stehen.“). Dass es für die beiden Symbol-Fotos, keinerlei Unterzeile gibt, fällt dabei kaum noch ins Gewicht, zumal die Auswahl der Fotos nur bedingt nachvollziehbar erscheint.

11. Das Thema VERSTÄNDLICH erklärt.

Der Artikel startet vielversprechend mit einem einfachen Erklärungsniveau und ordnet ein, was die neue Studie dem bisherigen Wissensstand hinzufügt, wenn auch sprachlich nicht immer ansprechend (siehe Kriterium Attraktivität). Doch in der zweiten Hälfte, als es in die Details geht, wird es zunehmend unverständlicher. Vor allem der mit Fachbegriffen gespickte letzte Absatz erscheint vollständig aus der Publikation oder von den Forschern übernommen zu sein. Was die Forscher eigentlich genau gemacht haben, bleibt völlig offen.

12. Das Thema ist AKTUELL, RELEVANT ODER ORIGINELL.

Der Artikel berichtet zeitnah über das Forschungsergebnis und kann zumindest teilweise deutlich machen, wodurch die Relevanz dieser Laborstudie entsteht.

Journalistische Kriterien: 3 von 12 erfüllt

Wir werten aufgrund der erheblichen sprachlichen Mängel und unattraktiven Darstellung um einen Stern ab (von zwei auf einen Stern).

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Kriterium erfüllt

Kriterium nicht erfüllt

Kriterium nicht anwendbar