Merkur.de berichtet über eine Studie, nach der Weißmehl-Produkte das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen „enorm“ erhöhen können. Der Artikel übertreibt das Risiko offenbar nur, um Leserinnen und Leser unbedingt in den Artikel zu ziehen.
Zusammenfassung
Das Vollkornprodukte gesünder sein sollen als Lebensmittel, die nur aus Weißmehl hergestellt werden, ist keine so neue Erkenntnis. Dennoch berichtet Merkur.de über eine Studie, nach der Menschen, die vergleichsweise viele Nahrungsmittel auf Weißmehlbasis essen auch ein höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen als Menschen, die wenige solcher Produkte essen. Dabei wird durchaus noch deutlich, dass Weißmehl auch positive Effekte hat. Die Nachteile werden zwar konkret beziffert, indes nur in relativen Zahlen und insgesamt stark übertrieben. Auf die Grenzen der Studie und die generelle Kritik geht der Artikel gar nicht ein. Es gibt keine unbeteiligten Expertinnen, die die Ergebnisse einordnen, stattdessen hinterlässt der Text den Eindruck als gebe er nur die Zusammenfassung eines anderen Mediums wieder. Alternativen nennt der Beitrag erfreulicherweise, macht dafür aber nicht deutlich, dass die Erkenntnis, dass Vollkornprodukte gesünder sein sollen als Weißmehlprodukte, gar kein neues Ergebnis ist. Stattdessen greift der Artikel zu fragwürdigen stilistisch Mitteln, die nur dazu dienen, Leserinnen und Leser in den Text zu ziehen und zu halten, anstatt sie angemessen zu informieren, zumal die Studie nicht mal zeitnah berichtet wird.
Die Kriterien
1. Die positiven Effekte sind ausreichend und verständlich dargestellt.
2. Die negativen Effekte werden angemessen berücksichtigt.
Nur in einem Fall wird also die Risikoerhöhung quantifiziert. In diesem einen Fall wird indes nur eine relative Risikoerhöhung berichtet: „ein um 27 Prozent höheres Risiko für einen vorzeitigen Tod.“ Was dies indes genau bedeutet, bleibt offen, weil keine absoluten Zahlen genannt werden. Da dies indes das Hauptthema des Artikels ist, wäre eine genauere Einordnung wichtig gewesen. Daher werten wir trotz der Quantifizierung knapp „nicht erfüllt“.
3. Es werden ALTERNATIVE Lebensmittel/Ernährungsformen/Diäten oder andere Maßnahmen vorgestellt/verglichen.
4. Die Belege/Studien werden ausreichend eingeordnet.
5. Es gibt weitere, unabhängige Experten und die Quellen sind transparent.
Am Ende des Artikels gibt es noch einen Link ohne weitere Erklärung, der zur Webseite des Statistischen Bundesamtes führt auf eine alphabetisch geordnete Tabelle mit einer Todesursachenstatistik, wahrscheinlich als Beleg für den allerersten Satz („Herzkrankheiten sind in Deutschland die häufigste Todesursache, noch vor Krebserkrankungen.“)
6. Es wird auf mögliche INTERESSENKONFLIKTE eingegangen.
7. Es gibt eine Einordnung in den Kontext (Neuheit/Verfügbarkeit/Kosten/Herkunft etc.).
8. Die FAKTEN stimmen.
Sachlich falsch ist die verkürzte Angabe „Herzkrankheiten“ statt „Herz-Kreislauf-Erkrankungen“, da unter „Herzkrankheiten“ ganz andere Syndrome erfasst werden, etwa angeborene Herzfehler, Herz-Rhythmusstörungen u.a.
9. Der Beitrag ist überwiegend eine JOURNALISTISCHE EIGENLEISTUNG.
10. Der Beitrag vermittelt das Thema ATTRAKTIV.
11. Das Thema VERSTÄNDLICH erklärt.
Der Text verwendet häufig die direkt übersetzte Begrifflichkeit „raffiniertes Mehl“ (für „refined grains“), die im normalen Sprachgebrauch eher unüblich ist, indes nicht erklärt wird, zumal „raffiniert“ durchaus auch eine positive Konnotation haben kann.