Bewertet am 30. November 2020
Veröffentlicht von: Ajoure.de

Bittertropfen sollen beim Abnehmen helfen, behauptet das Lifestyle-Magazin Ajouré. Belege liefert das Magazin keine, es gibt auch keine Expertinnen oder Experten, die das Thema einordnen. Dafür gibt’s Links zu Amazon-Produktseiten eines Bittertropfen-Anbieters.

Zusammenfassung

Die Online-Seite des Lifestyle-Magazins Ajouré berichtet, dass Bittertropfen und -kapseln verschiedene positive Effekte haben können; so sollen sie etwa beim Abnehmen helfen oder Heißhungerattacken entgegenwirken. Der Artikel behauptet zwar eine Vielzahl von Effekten von Bitterstoffen, die zum Beispiel in pflanzlichen Lebensmitteln oder auch alkoholischen Getränken zu finden sind. Indes gibt es dazu keine konkreten, quantifizierten Angaben, noch Informationen zu Risiken und Nebenwirkungen der Bittertropfen oder -kapseln. Nachvollziehbare, konkrete Belege für all die behaupteten Effekte bleibt der Artikel den Leserinnen und Leser vollends schuldig, Einordnungen durch Expertinnen oder Experten gibt es auch nicht.

Positiv ist die Bandbreite an vorgestellten Nahrungsmitteln,  die größere Mengen an Bitterstoffen enthalten sollen. Auffällig ist, dass lediglich zwei Produkte einer einzigen Firma in zwei Fotos vorgestellt werden, deren Bildunterzeilen durch Links auf eine Amazon-Produktseite verweist. Dass das Medium durch Affiliate-Links eine Provision für Links erhält, erfahren Leserinnen und Leser indes nicht. Auch wenn es sich um ein durchaus interessantes Thema handelt, bleibt der mit sprachlichen Mängeln und inhaltlichen Redundanzen gespickte Text eigentlich unverständlich, weil er völlig auf Erklärungen verzichtet, die nachvollziehbar machen, warum Bitterstoffe und auch Bittertropfen und -kapseln all diese Effekte haben sollen.

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Die Kriterien

1. Die positiven Effekte sind ausreichend und verständlich dargestellt.

Der Artikel postuliert einige positiven Effekte von Bitterstoffen in der Ernährung: helfen beim Abnehmen, reduzieren Heißhunger auf Süßes, reduzieren den Appetit, regen Verdauung an, hemmen Entzündungen. Lediglich in einem Fall wird der Effekt in konkreten Zahlen beschrieben: „Bei einer in den USA durchgeführten Studie konnte belegt werden, dass Teilnehmer, die morgens eine halbe Grapefruit aßen oder ein Glas Grapefruitsaft tranken, im Schnitt anderthalb Kilo verloren, wohingegen sich das Gewicht der Kontrollgruppe nicht veränderte.“ Es bleibt indes völlig offen, woher diese Zahlen stammen. Für alle anderen Behauptungen fehlen jegliche Angaben, aus denen man irgendein Ausmaß des Effektes ableiten könnte, insbesondere zu der Aussage, Bittertropfen bzw. -kapseln stellten „eine ausgezeichnete Alternative dar.“ Es bleibt völlig offen, wie große die Effekte mit Bittertropfen oder -kapseln sind.

2. Die negativen Effekte werden angemessen berücksichtigt.

Negative Effekte – außer der Bitterkeit der Bitterstoffe – werden nicht angesprochen, indes bleibt von Anfang bis Ende des Textes unklar, ob es in dem Beitrag allgemein um Bitterstoffe in Nahrungsmitteln oder um Bittertropfen im Besonderen und hier etwa um die Bittertropfen eines bestimmten Herstellers geht. Generell wäre es wichtig zu erfahren, welche Risiken und Nebenwirkungen dieses Nahrungsergänzungsmittel haben könnten.

3. Es werden alternative Lebensmittel/Ernährungsformen/Diäten vorgestellt/verglichen.

Der Artikel nennt viele Obst- und Gemüsesorten als Quellen für natürliche Bitterstoffe, ohne indes zum Beispiel Mengenangaben zu machen. Bei den kurz erwähnten Bittertropfen und -kapseln als Alternative wäre es interessant gewesen zu erfahren, welche Stoffe sie enthalten oder aus welchen Lebensmitteln diese stammen. Problematisch ist die Beschränkung auf einen einzigen Anbieter, der im Bild dargestellt wird und auf den ein Amazon-Angebot verlinkt wird (siehe Kriterium Interessenkonflikte). Wir werten nur knapp „erfüllt“.

4. Die Belege/Studien werden ausreichend eingeordnet.

Bis auf eine Ausnahme gibt es keinerlei Verweise auf irgendwelche Belege für die beschriebenen Effekte. In einem Fall wird auf eine nicht näher identifizierbare US-Studie zu Grapefruit verwiesen, ohne dass deutlich würde, wie aussagekräftig diese ist, da nur mitgeteilt wird, dass es eine Kontrollgruppe gebe. Welche Belege es gibt, dass Bittertropfen bzw. -kapseln generell oder die im Bild vorgestellten Produkte positive Effekte haben, bleibt völlig offen.

5. Es gibt weitere, unabhängige Experten und die Quellen sind transparent.

Es wird kein einziger Experte zitiert und die einzige angesprochene Studie wird nicht genauer beschrieben, sodass völlig unklar bleibt, um welche Studie es sich handeln könnte. Nach unseren Recherchen könnte es ich um diese Untersuchung aus dem Jahr 2006 handeln.

 
 

6. Es wird auf mögliche Interessenkonflikte eingegangen.

Da keine Experten oder Institutionen angesprochen werden, spielen diese Art von Interessenkonflikten in diesem Beitrag keine Rolle (abgesehen von der nicht näher beschriebenen Studie zum Abnehmeffekt von Grapefruits).
Nicht transparent gemacht wird indes, warum nur zwei Produkte einer Firma im Beitrag im Bild dargestellt werden und über Links mit Amazon verbunden sind. Im Artikel heißt es direkt vor dem Produktfoto der Bittertropfen: „Da es jedoch nicht immer einfach ist, bittere Lebensmittel in den Speiseplan aufzunehmen, stellen natürliche Bittertropfen eine ausgezeichnete Alternative dar.“
In der Bildunterschrift wird zwar deutlich, dass dies ein Link zur Amazon-Produktseite ist („Bitterliebe Bitterstoffe Tropfen auf Amazon shoppen“), nach unseren Recherchen handelt es sich dabei indes um einen Affiliate-Link, für den das Medium von Amazon eine Provision erhält. Dies wird indes weder im Beitrag noch im Umfeld des Beitrags deutlich gemacht. Erst auf der Seite „Datenschutz“ der Webseite des Mediums wird dies versteckt unter dem Punkt „16. Datenschutzbestimmungen zu Einsatz und Verwendung von Funktionen des Amazon-Partnerprogramms“ erklärt.

7. Es gibt eine Einordnung in den Kontext (Neuheit/Verfügbarkeit/Kosten/Herkunft o.a.)

Dass bestimmte Lebensmittel mehr Bitterstoffe enthalten als andere dürfte bekannt sein, dass dies auch mit positiven Aspekten verbunden ist und dies „seit Jahrhunderten, wenn nicht seit Jahrtausenden“ bekannt ist, damit das Thema an sich kein neues Thema ist, macht der Artikel deutlich. Kosten für die Lebensmittel und deren Verfügbarkeit müssen auch nicht unbedingt erläutert werden.
Völlig ohne Kontext wird indes auf die Bittertropfen einer Firma verwiesen (und zwei Produkte mit Fotos gezeigt, die mit Produktseiten auf Amazon verlinkt sind). Weder wird deutlich, warum gerade diese so hervorhebenswert sind, noch wird deutlich, ob es vergleichbare Produkte anderer Firmen gibt. Abgesehen von den Amazonlinks wird nicht erklärt, wo diese Produkte sonst zu bekommen sind, oder wo es generell solche Produkte gibt und was diese konkret kosten. Es wird nicht einmal deutlich, welche Inhaltsstoffe solche Produkte genau haben, sie werden nur als „natürlich“ beschrieben und „dass es sich um ein Konzentrat aus den Bitterstoffen verschiedener Pflanzen“ handle. Das sind alles in allem viel zu wenige Informationen für eine Einordnung der Bittertropfen und -kapseln.

8. Die Fakten stimmen.

Da der Artikel keine Quellen liefert für seine Behauptungen, können wir diese im Rahmen dieser Bewertung nicht überprüfen und wenden dieses Kriterium nicht an. Es fällt indes auf, dass gleich im ersten Satz behauptet wird: „Bitter ist die wohl am wenigsten erforschte der vier allgemein anerkannten Geschmacksrichtungen.“ Tatsächlich sind seit vielen Jahren fünf Geschmacksrichtungen etabliert, neben süßsauersalzig und bitter auch umami (fleischig, würzig) als fünfte Geschmacksrichtung (siehe zum Beispiel dieser Artikel im Fachmagazin Ernährungsumschau).

9. Der Beitrag ist überwiegend eine journalistische Eigenleistung.

Wir wenden das Kriterium nicht an, weil wir letztlich nicht ausschließen können, dass der Text vor allem auf Informationen aus Pressematerial etwa des Herstellers der Bittertropfen basiert.

10. Der Beitrag vermittelt das Thema attraktiv.

Das Thema wird zwar launig, teils duzend und passend dem Lifestyle-Magazin-Stil des Mediums präsentiert, wirkt aber stellenweise auch recht werblich: „(…) stellen natürliche Bittertropfen eine ausgezeichnete Alternative dar.“ Im Folgenden gibt es zwei Fotos von Produkten einer Firma mit entsprechenden Affiliate-Links, statt etwa Fotos von Nahrungsmitteln, die besonders viele Bitterstoffe enthalten. Der Text bietet zudem weitere Aspekte, die ihn für Leserinnen und Leser unattraktiv machen: unklarer Textaufbau, viele Wiederholungen (etwa den Hinweis, dass Bitterstoffe herausgezüchtet wurden), schiefe Bilder wie „den Appetit herunterkurbeln“, unvermittelter Wechsel der Perspektive hin zur direkten Leseransprache, dazu Phrasen und Plattitüden („Bitterstoffe zeichnen sich durch ihren bitteren Geschmack aus“), Passivkonstruktionen und zusammenhanglose Sätze wie „Bitterstoffe bremsen den Heißhunger auf Süßes und sorgen dafür, dass vermehrt Verdauungssäfte produziert werden. Statt sie zu zerstören, schützen Bitterstoffe die Zellen vor schädlichen Einflüssen.“

11. Das Thema ist verständlich erklärt.

Der Artikel besteht aus Behauptungen und Andeutungen, erklärt die postulierten Zusammenhänge leider gar nicht und bleibt an den meisten Stellen sehr vage.

12. Das Thema ist aktuell, relevant oder originell.

Ein aktueller Anlass für den Artikel ist nicht erkennbar. Mangels Quellen wird die besondere Relevanz des Themas auch nur bedingt deutlich. Bei der Kombination aus Produktfotos und Affilate-Links über Bittertropfen stellt sich die Frage, ob dies der eigentliche Anlass für den Artikel sein könnte. Wir werten alles in allem knapp „erfüllt“, weil der Text erkennen lässt, dass es sich um ein durchaus interessantes und ungewöhnliches Thema handelt.

Journalistische Kriterien: 2 von 10 erfüllt

Wir werten aufgrund des Fehlens jeglicher Quellen und Experten und der fehlenden Transparenz hinsichtlich möglicher Affiliate-Links um einen Stern ab.

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Kriterium erfüllt

Kriterium nicht erfüllt

Kriterium nicht anwendbar