Bewertet am 22. Oktober 2020
Veröffentlicht von: Fitbook.de
Fitbook beschränkt sich darauf, ein Interview zusammenzufassen, wonach fünf Lebensmittel das Leben verlängern könnten. Eine Beurteilung der griffigen Aussage durch eine unabhängige Expertin oder einen Experten wäre hilfreich gewesen.

Zusammenfassung

Das Gesundheits- und Lifestyle-Magazin Fitbook möchte seinen Leserinnen und Lesern verraten, welche fünf Lebensmittel das Leben verlängern können. Dazu fasst es ein Interview des „selbsternannten Entdeckers Dan Buettner“ mit einer US-Journalistin zusammen, die ihn für ihren Vegan-Video/Podcast interviewt hat, was vom US-Magazin „The Beet“ (Magazin für einen veganen Lifestyle) verkürzt wiedergegeben wird. Informationen darüber hinaus präsentiert der Artikel nicht. Wie stark die beschriebenen, pflanzlichen Lebensmittel das Leben verlängern sollen, wird nicht hinreichend deutlich, negative Effekte werden zumindest angedeutet. Wie gut die Ergebnisse letztlich durch gut gemachte Studien belegt sind, bleibt offen. Vor allem wird nicht klar gemacht, dass eine ganz überwiegend vegetarische Ernährungsweise nur einer von neun Parametern ist, die laut dem Blue Zone-Konzept das Leben verlängern könnten. Dass es sich bei „Blue Zone“ nicht nur um geographische Regionen handelt, in denen es überdurchschnittlich viele Menschen gibt, die älter als hundert Jahre werden, sondern auch um eine Lifestyle-Marke handelt, wird ebenfalls nicht hinreichend erklärt. Eine insgesamt nur oberflächliche Zusammenfassung, der eine Einordnung durch unabhängige Expertinnen gutgetan hätte.

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Die Kriterien

1. Die positiven Effekte sind ausreichend und verständlich dargestellt.

Die positiven Effekte der fünf Lebensmittel sind sehr vage und allgemein dargestellt, wenn es etwa heißt: „Während in einem Großteil der Industrienationen Herz-Kreislaufkrankheiten, Krebs oder Demenz immer weiter zunehmen, gibt es fünf Gegenden, in denen die Menschen auf wundersame Weise gesünder sind und vor allem überdurchschnittlich alt werden.“ Wie viele Jahre sie im Durchschnitt älter werden, wird nicht mitgeteilt. Weiter heißt es etwa: „gesunde Fettsäuren“, „sorgen für Power in den Gehirnzellen“ auch hier gibt es keine konkreten Angaben über das Ausmaß der Effekte. So heißt es etwa, es seien vor allem fünf Lebensmittel, „die – täglich verspeist – das Leben verlängern können“. Um wie viele Jahre diese Menschen im Schnitt länger leben, wird indes nicht erklärt. Nur an einer Stelle wird der Text konkreter: „(…) verspeisen Blue Zoners im Schnitt eine Tasse Bohnen, Erbsen, Linsen und Co. pro Tag. Buettner vermutet sogar, dass diese Angewohnheit das Leben um ganze vier Jahre verlängert.“ Ob es sich dabei um einen Durchschnittswert oder einen Extremwert handelt und worauf sich die Vermutung stützt, bleibt offen. Wir werten alles in allem knapp „nicht erfüllt“.

2. Die negativen Effekte werden angemessen berücksichtigt.

Negative Effekte haben die „fünf Säulen der Langlebigkeit“ offenbar keine. Auch wenn etwa eine Vollkorn-Ernährung oder vielen Hülsenfrüchten bei manchen Menschen mit Darmbeschwerden einhergehen können, auf die man hätte hinweisen können. Dass es bei einer so stark vegetarischen Ernährungsweise zu Mangelerscheinungen bestimmter Nährstoffe kommen könnte, wird zumindest an einer Stelle angedeutet, wenn es heißt: „Übrigens: Für Vegetarier sind Hülsenfrüchte eine vergleichsweise gute Eisenquelle.“

Wir werten nur knapp „erfüllt“.

3. Es werden alternative Lebensmittel/Ernährungsformen/ Diäten/Maßnahmen vorgestellt/verglichen.

Der Autor hätte weitere Beispiele neben fünf Lebensmitteln erwähnen können, die ebenfalls Einfluss auf die Lebensdauer haben können: Beispielsweise die Menge des Alkohols, keine Zigaretten, Bewegung, soziale Kontakte. Diese Faktoren bleiben gänzlich unerwähnt, obwohl sie sogar im Konzept der Blue Zones eine wichtige Rolle spielen.

4. Die Belege/Studien werden ausreichend eingeordnet.

Wie gut die Behauptungen des Autors durch Studien belegt sind, lässt der Artikel weitgehend offen. Es wird kurz erwähnt, dass die Datenerhebung auf Fragebögen zum Essverhalten beruhen, ohne zu erklären, welche Probleme damit einhergehen. Wie viele Personen befragt wurden, bleibt völlig offen. Im Originalinterview deutlich, dass sich viele der Befragten gar nicht mehr erinnern konnten, was sie als Kinder regelmäßig gegessen hatten, worauf hin das Team auf alte Fragebögen zurückgreifen musste.

Dass es sich letztlich um reine Korrelationen der Essgewohnheiten und des Lebensalters handelt, und damit unsicher bleibt, was der Grund oder Gründe für ein gehäuftes Auftreten so alter Menschen in diesen Regionen ist, wird nicht erklärt.

Es gibt am Ende des Artikels nur kurz den Hinweis: „Dennoch betont der selbst ernannte „Blue Zone“-Forscher, dass er kein Ernährungswissenschaftler sei, sondern sich viel mehr ein Beobachter und Fragensteller verstehe.“ Das soll deutlich machen, dass die Aussagen des Bestsellerautors nicht so solide belegt sind, wie es bis dahin suggeriert wurde. Was dann gleich wieder konterkariert wird mit dem Hinweis: „Neuste Forschungen, welche die sogenannte Mittelmeerkost (…) erneut zur gesündesten Ernährungsform erklärten, geben dem weit gereisten Bestsellerautoren allerdings recht.“ Um welche Studien es sich dabei handelt, bleibt indes völlig offen. Dass die so genannte „Mittelmeerdiät“ in den letzten Jahren auch mit größerer Skepsis betrachtet wird, erfahren Leserinnen und Leser indes nicht.

5. Es gibt weitere, unabhängige Experten und die Quellen sind transparent.

Eine Einordnung durch einen anderen unabhängigen Experten gibt es nicht, ebenso keine Verweise auf andere unabhängige Institutionen.

6. Es wird auf mögliche Interessenkonflikte eingegangen.

Dass sich hinter dem Namen „Blue Zones“ eine Organisation/Unternehmen und eingetragene Marke befindet, wird im Artikel nicht deutlich. In der Selbstdarstellung heißt es dazu: „BLUE ZONES is a lifestyle brand that designates products and services that are made and marketed consistent with our principles and that enable people to people live longer, better lives by improving their environment.“ Dass das Interview anlässlich eines vor einem Jahr veröffentlichten Kochbuchs des Autors geführt wurde, erfahren Leserinnen und Leser auch nicht.

7. Es gibt eine Einordnung in den Kontext (Neuheit/Verfügbarkeit/Kosten/Herkunft o.a.)

Aspekte wie Kosten oder die Verfügbarkeit oder selbst die Herkunft müssen nicht näher erläutert werden, da diese weitgehend bekannt sein dürften, selbst Süßkartoffeln sind inzwischen in jedem Supermarkt erhältlich. Indes wird nur in einem halben Satz angedeutet, dass die Ernährungsgewohnheiten nur einer von mehreren Faktoren sind, die Buettner und sein Team in Verbindung bringen mit dem längeren Leben. („Obwohl sie geografisch auseinander liegen, scheinen die Bewohner viele Dinge ähnlich zu gestalten, die ihnen ein langes Leben bescheren.“) Tatsächlich ist die Zusammensetzung der Ernährung nur einer von neun Parametern, die herausgearbeitet wurden, zusammengefasst zum Beispiel in diesem Artikel.

Der Artikel vermittelt hingegen weitgehend den Eindruck, als würde die Ernährung schon ausreichen, um so alt zu werden.

Es wird auch nicht auf den Kontext der Lebensgewohnheiten der Menschen eingegangen, die Zeit ihres Lebens vor allem eine pflanzliche Kost zu sich genommen haben sollen. So stellt sich etwa die Frage, inwieweit die Kost auch abwechslungsreich war und nicht einfach nur aus der Not geboren. Wir werten daher knapp „nicht erfüllt“.

8. Die Fakten stimmen.

Echte Faktenfehler haben wir keine gefunden, im Artikel entsteht indes der Eindruck, dass Buettner und sein Team Hundertjährige befragt haben zu den Ernährungsgewohnheiten in ihrer Kindheit. Im Original-Interview spricht er hingegen von Ernährungsfragebögen, die sein Team recherchieren musste, weil sich so alte Menschen gar nicht erinnern können, was sie in ihrer Kindheit gegessen haben.

9. Der Beitrag ist überwiegend eine journalistische Eigenleistung.

Es handelt sich lediglich um eine Zusammenfassung eines Interviews in einem anderen Medium, auf das zumindest verlinkt wird. Darüber hinaus gehende Informationen, durch eine Recherche in anderen Quellen oder Nachfrage bei anderen Experten oder Institutionen ist nicht erkennbar.

10. Der Beitrag vermittelt das Thema attraktiv.

Die Überschrift regt stark zum Lesen an. Dass die Antwort in einer pflanzlichen Ernährung zu finden sei, erfährt der Leser erst im dritten Abschnitt, was zudem recht unvermittelt berichtet wird. („Obwohl sie geografisch auseinander liegen, scheinen die Bewohner viele Dinge ähnlich zu gestalten, die ihnen ein langes Leben bescheren. Was machen diese Menschen in Sachen Ernährung richtig?“). Die fünf Lebensmittel sind übersichtlich aufgelistet. Mit zwei Bildern soll das Thema noch leichter verständlich gemacht werden. Das gelingt nur bedingt. Die abgebildeten Lebensmittel auf Foto 2 entsprechen nur teilweise den fünf angepriesenen. Einige sprachliche Ungenauigkeiten fallen zudem auf, zum Beispiel: „ (…) Menschen (…) körperlich wie psychisch vergleichsweise gesünder sind.“ Im Vergleich zu was wird nicht erklärt. „Das Ernährungsmagazin (…) hat beim Blue-Zone-Experten (…) nachgefragt (..). Es sind vor allem (…).“ Es müsste hier indirekte Rede mit dem Konjunktiv folgen. Zudem gibt es einige überflüssige Adjektive: „besagte Blue Zones“, „genau studiert“, „5 ganz bestimmte Lebensmittel“. Buettners Zitat wurde fast Wort für Wort übersetzt und klingt im Deutschen recht holprig. Eine elegantere Formulierung als indirekte Rede wäre besser gewesen. Das Ende des zitierten Satzes („newly retired“) wird dabei einfach weggelassen. Wir betrachten das Kriterium als knapp „erfüllt“.

11. Das Thema ist verständlich erklärt.

Der Text und seine Botschaft sind leicht verständlich formuliert. Auf Fachbegriffe wird verzichtet. Generell versucht der Artikel indes auch gar nicht zu erklären, warum diese Lebensmittel das Leben verlängern sollen, sondern beschreibt einfach nur den angeblichen Befund. Wir betrachten das Kriterium als knapp „erfüllt“.

12. Das Thema ist aktuell, relevant oder originell.

Das Thema ist leider weder aktuell, relevant noch ungewöhnlich. Über die Ernährung und andere Lebensgewohnheiten von 100-jährigen wurde in den letzten Jahren schon viel berichtet, ebenso wie über die mediterrane Diät, Kritik an ultra-verarbeiteten Lebensmitteln und zu viel Zucker. Auch die genannten Lebensmittel sind als Gesundheitsunterstützer nicht neu. Buettner wird zum Entdecker eines Zusammenhangs stilisiert, der schon lange vermutet wird.

Journalistische Kriterien: 4 von 12 erfüllt

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Kriterium erfüllt

Kriterium nicht erfüllt

Kriterium nicht anwendbar