Zusammenfassung
Die taz nimmt den globalen „Bioeconomy Summit“ in Berlin zum Anlass, über das Thema Bioökonomie zu berichten, also über den Ersatz von Materialien auf Basis fossiler Rohstoffe durch nachwachsende biologische Materialien. Es wird klar, dass das Konzept viele verschiedene Ansätze umfasst – von Gummi aus Löwenzahn oder Chemikalien aus Algen bis zur künstlichen Photosynthese. Der Beitrag präsentiert u.a. Ergebnisse einer Befragung von Experten in einer Delphi-Studie, die im Vorfeld der Konferenz helfen sollte, Schwerpunkte der künftigen Bioökonomie-Forschung zu bestimmen. Dass es sowohl fachliche als auch politische Kontroversen um dieses Forschungsfeld gibt, wird im Artikel klar; es kommen unterschiedliche Experten mit ihren Standpunkten zu Wort, etwa zur Diskussion um Biokraftstoffe oder auch zu forschungspolitischen Aspekten. Mit einigen Beispielen führt der Text zunächst schön an das Thema heran, doch für keines davon wird wirklich klar, welche Perspektiven es in der Praxis hat, und bis wann es gegebenenfalls umgesetzt werden könnte. Der Text weckt so einerseits Interesse an einem Thema, für das beträchtliche Forschungsmittel aufgewendet werden, und liefert einen Überblick über das Thema. Andererseits hätten wir uns zumindest exemplarisch mehr konkrete Informationen zu einzelnen Vorhaben gewünscht.
Umweltjournalistische Kriterien
1. KEINE ÜBERTREIBUNG / VERHARMLOSUNG: Risiken und Chancen werden weder übertrieben dargestellt noch bagatellisiert.
2. BELEGE/ EVIDENZ: Studien, Fakten und Zahlen werden so dargestellt, dass deren Aussagekraft deutlich wird.
3. EXPERTEN/ QUELLENTRANSPARENZ: Quellen werden benannt, Abhängigkeiten deutlich gemacht und zentrale Aussagen durch mindestens zwei Quellen belegt.
4. PRO UND CONTRA: Es werden die wesentlichen relevanten Standpunkte angemessen dargestellt.
5. PRESSEMITTEILUNG: Der Beitrag geht deutlich über die Pressemitteilung / das Pressematerial hinaus.
6. ALT oder NEU: Der Beitrag macht klar, ob es sich um ein neu aufgetretenes Umweltproblem, eine innovative Umwelttechnik o.ä. handelt, oder ob diese schon länger existieren.
7. LÖSUNGSHORIZONTE und HANDLUNGSOPTIONEN / kein „Greenwashing“: Der Beitrag nennt Wege, um ein Umweltproblem zu lösen, soweit dies möglich und angebracht ist.
8. RÄUMLICHE DIMENSION (lokal / regional / global): Die räumlichen Dimensionen eines Umweltthemas werden dargestellt.
9. ZEITLICHE DIMENSION (Nachhaltigkeit): Die zeitliche Reichweite eines Umweltproblems oder Phänomens wird dargestellt.
Die einzige konkrete Zeitangabe bezieht sich auf die Dauer des derzeitigen Förderprogramms der Bundesregierung. Völlig unklar bleibt, in welchem Zeitrahmen eine Umstellung auf überwiegend nachwachsende Rohstoffe praktikabel wäre. Welche Konzepte könnten wann umgesetzt werden? Was ist kurz- mittel- oder langfristig realistisch? Experten-Einschätzungen dazu wären z.B. der zitierten Delphi-Studie zu entnehmen gewesen. Nur die künstliche Fotosynthese wird als „Zukunftsmusik“ zumindest vage zeitlich eingeordnet. Doch gerade bei den weniger utopischen Ansätzen wäre eine zeitliche Einordnung wichtig gewesen.
10. KONTEXT / KOSTEN: Es werden politische, soziale oder wirtschaftliche Aspekte eines Umweltthemas einbezogen.
Allgemeinjournalistische Kriterien
1. THEMENAUSWAHL: Das Thema ist aktuell, oder auch unabhängig von aktuellen Anlässen relevant oder originell.
Die Bioökonomietagung ist ein aktueller Anlass für eine Berichterstattung über das Thema. Da sich die Umsetzung des Konzepts weiterhin in den Anfängen befindet, bietet die Veranstaltung eine gute Gelegenheit, den Stand der Debatte darzustellen.
2. VERMITTLUNG: Komplexe Umweltzusammenhänge werden verständlich gemacht.
3. FAKTENTREUE: Der Beitrag gibt die wesentlichen Daten und Fakten korrekt wieder.
Umweltjournalistische Kriterien: 8 von 10 erfüllt
Allgemeinjournalistische Kriterien: 2 von 3 erfüllt
Wegen dreier nur knapp erfüllter Kriterien werten wir um einen Stern ab.