Wie ließe sich der Verbrauch von Plastik für Lebensmittelverpackungen senken? Die Sächsische Zeitung berichtet über interessante Forschungsarbeiten des Fraunhofer-Instituts für Organische Elektronik, Elektronenstrahl- und Plasmatechnik zu diesem Thema. Allerdings fehlt eine Einschätzung durch eine weitere Quelle.
Zusammenfassung
Ein Beitrag in der Sächsischen Zeitung greift das Thema Plastikmüll in der Umwelt auf und beschreibt wissenschaftliche Ansätze, die Verwendung von Kunststofffolien für Lebensmittelverpackungen zu verringern. Dabei werden allein Forschungsarbeiten des Fraunhofer-Instituts für Organische Elektronik, Elektronenstrahl- und Plasmatechnik herangezogen. Diese Dresdener Forschungseinrichtung und der zitierte Wissenschaftler werden klar benannt. Doch hätten wir uns mindestens eine weitere Quelle gewünscht.
Der Artikel ist gut verständlich und greift am Anfang eine Alltagssituation auf. Allerdings stehen dann der Einkauf verpackter Lebensmittel im Supermarkt und der Müllstrudel im Pazifik recht unvermittelt nebeneinander. Ob und wenn ja in welchem Umfang die hierzulande verwendeten Plastikverpackungen am Ende bei Hawaii im Meer treiben, erklärt der Artikel nicht. Hier wäre eine Einordnung wichtig gewesen, welches die wichtigsten Ursachen für Plastikmüll in den Ozeanen sind.
Es wird deutlich, dass die Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts an Lösungsmöglichkeiten für das Plastikproblem forschen, aber bislang keine praxisreifen Ergebnisse vorliegen. Auch Einschränkungen werden deutlich, etwa, dass biobasierte Folien noch Schwachpunkte haben und auch nicht unbedingt biologisch abbaubar sind.
Allgemeine Anforderungen
1. Im Beitrag werden Fakten korrekt beschrieben und eingeordnet.
Die aufgeführten Fakten sind beim Lesen nachvollziehbar und es weist für uns nichts darauf hin, dass Sachverhalte fehlerhaft dargestellt sind. In etlichen Punkten stimmen die genannten Fakten mit Angaben in einer Pressemitteilung des Fraunhofer-Instituts für Organische Elektronik, Elektronenstrahl – und Plasmatechnik überein.
2. Es wird sachgerecht berichtet, ohne bestimmte Positionen unangemessen zu bevorzugen.
Der Beitrag bezieht sich im Wesentlichen auf nur eine Quelle – das Fraunhofer-Institut, dessen Forschungsarbeiten hier dargestellt werden. Es liegt offenbar eine Pressemitteilung dieses Instituts zugrunde (siehe Kriterium 4), außerdem wird ein beteiligter Wissenschaftler befragt. Zwar bleibt die Darstellung sachlich, und es wird keine „Werbung“ für das Institut gemacht. Dennoch sehen wir es als erheblichen Mangel, dass eine Einschätzung der Arbeiten durch eine unabhängige Quelle fehlt und werten daher „eher nicht erfüllt“.
3. Der Beitrag macht deutlich, auf welche Quellen er sich stützt und benennt gegebenenfalls Interessenkonflikte.
Es ist nachvollziehbar aus welcher Quelle die wesentlichen Informationen stammen, der Text stützt sich weitgehend auf Angaben des Fraunhofer-Institut für Organische Elektronik, Elektronenstrahl – und Plasmatechnik (FEP). Allerdings wird die einzige genannte und zitierte Person, Steffen Günther, nur recht kurz eingeführt, und aus dem Text geht nicht hervor, welche Position er genau einnimmt. Leserinnen und Leser erfahren lediglich, dass er ein Forscher am FEP ist. Einige Randinformationen zum Textbeginn werden ohne Beleg in den Raum gestellt (Müllstrudel bei Hawaii, Schätzungen zur Abfallmenge in den Weltmeeren). Diese Angaben sollten ausführlicher belegt werden, um eine sachgemäße Einordnung der Daten zu ermöglichen. Wir werten daher nicht voll sondern „eher erfüllt“.
4. Der Beitrag enthält Informationen, die wesentlich über eine Pressemitteilung hinausgehen.
Zwar liegt zum Thema Folien und Verpackungsmüll eine aktuelle Pressemitteilung des FEP vor, der offenbar ein Teil der Informationen entnommen ist. Darüber hinaus aber wurde ein Wissenschaftler des FEP befragt und im Artikel ausführlich zitiert. Der Text bringt die dargestellte Forschung in einen alltäglichen Kontext und stellt auch Probleme bei den vorgestellten Lösungsansätzen dar (siehe auch Kriterium 7). Damit enthält der Beitrag Informationen, die der Pressemitteilung nicht zu entnehmen sind. Für den einleitenden Absatz wurden noch weitere, wenn auch nicht näher genannte Quellen hinzugezogen. Insgesamt werten wir „eher erfüllt“.
Spezielle Anforderungen Umweltjournalismus
5. Der Beitrag nennt Ursachen / Verursacher der dargestellten Umweltprobleme
Die im Text behandelte Problematik ist die große Menge Plastik in den Ozeanen. Plastikverpackungen von Lebensmitteln, und damit indirekt deren Käufer bzw. Hersteller, werden als Ursache genannt. Welchen Anteil diese Ursachen und Verursacher an der Müllproblematik insgesamt und am eingangs beschriebenen „Müllstrudel“ im Pazifik haben, erfahren Leserinnen und Leser allerdings nicht; weitere Faktoren werden nicht genannt. Es bleibt damit offen, ob die genannten Faktoren eine Hauptursache sind, oder eher eine unter vielen, womöglich bedeutenderen Quellen für Plastikmüll. Es wäre hier interessant gewesen zu erfahren, woher welcher Müll in welchem Verhältnis stammt, und wo er letztendlich landet. Da dazu jegliche Informationen fehlen, werten wir „eher nicht erfüllt“.
6. Es wird deutlich gemacht, wie gesichert das dargestellte Wissen zu Umweltfragen ist.
Es wird klar, dass es sich bei den dargestellten Lösungsansätzen für das Plastikproblem um laufende Forschungsarbeiten handelt. Wissenschaftliche Projekte des FEP zum Thema Verpackung werden knapp vorgestellt. Dabei wird deutlich, dass es bislang nur Ansätze sind, die weiterentwickelt und erforscht werden müssen, um zu einer wirklichen Problemlösung beizutragen.
7. Ein Beitrag bezieht nach Möglichkeit Lösungsansätze für Umweltprobleme ein.
Der ganze Artikel fokussiert sich auf die lösungsorientierte Forschung zum Thema umweltschonende Verpackungen. Es wird deutlich welche Ansätze die Forschung am FEP verfolgt, um Probleme des Ressourcenverbrauchs und der Müllproduktion durch Plastikverpackungen für Lebensmittel zu lösen. Auch bislang noch bestehende Grenzen der vorgestellten Lösungsansätze werden benannt.
8. Ein Beitrag soll gegebenenfalls Bezüge der dargestellten Umweltproblematik zum Publikum und dessen Lebensumfeld aufzeigen.
Der Alltagsbezug wird im ersten Abschnitt hergestellt. Der Beitrag schildert, wie Konsumenten beim Einkauf mit Plastikverpackungen für Lebensmittel – selbst für Biogemüse – konfrontiert sind. Damit wird gut in das Thema eingeführt, allerdings wird der Alltagsbezug dann später im Text nicht mehr nicht aufgegriffen. So wären Informationen nützlich, was Konsumenten tun könnten, um Plastikmüll in der Umwelt zu vermeiden – auch schon bevor die geschilderten wissenschaftlichen Lösungsansätze in Zukunft möglichweise wirksam werden. Insgesamt werten wir noch „eher erfüllt“.
9. Es wird deutlich, wie lokale und globale Umweltentwicklungen/ - ereignisse zusammenhängen.
Lokaler Konsum verpackter Lebensmittel und der dadurch produzierte Abfall kann globale Auswirkungen haben, wenn dieser Müll in die Umwelt gelangt, oder beispielsweise exportiert wird. Wie dies jedoch im Einzelnen geschieht, beantwortet der Artikel nicht. Ein Zusammenhang zwischen lokalen und globalen Umweltentwicklungen wird implizit hergestellt, aber nicht näher erklärt: Der Artikel beschreibt einerseits die Lebensmittelverpackungen im lokalen Supermarkt und andererseits den Müllstrudel im Pazifik. Doch steht beides nur nebeneinander. Worin der Zusammenhang bestehen könnte, und ob die Lebensmittelverpackungen hierzulande tatsächlich zu den wichtigsten Quellen für Plastikmüll in den Ozeanen gehören, hinterfragt der Beitrag nicht. Wir werten daher „eher nicht erfüllt“.
10. Ein Beitrag greift aktuelle Umweltthemen auf, oder aber solche, die über lange Zeiträume bedeutsam („latent aktuell“) sind.
Der Plastikmüll in den Ozeanen ist zum einen ein dauerhaft relevantes Thema. Der Beitrag macht auch deutlich, in welch langem Zeitraum wir noch mit dieser Thematik zu kämpfen haben werden. Zum anderen stellt der Text Forschungsergebnisse bzw. den aktuellen Stand der Forschungen des Fraunhofer FEP vor.
11. Auswirkungen eines Umweltereignisses /-problems auf die zukünftige Entwicklung werden angesprochen.
Es wird zwar angesprochen, dass sich das Problem über einen langen Zeitraum hinzieht und nicht von heute auf morgen zu lösen ist. Aber der Artikel macht die genauen Auswirkungen und Folgen nicht klar. Hier wären Informationen hilfreich, die mögliche Auswirkungen spezifizieren würden, beispielsweise wirtschaftliche Folgen für den Fischfang oder die Touristik und die ökologischen Folgen für Flora und Fauna in Meeres- und Küstenregionen.
Darstellung
12. Ein Beitrag muss für die Zielgruppe verständlich sein.
Der Text ist schon beim ersten Lesen und ohne Hintergrundwissen verständlich. Auch die wissenschaftlichen Vorgänge und Erklärungen sind verständlich beschrieben. Die häufigen Zitate wirken in einigen Passagen ein wenig wie ein Interview, liefern dabei jedoch wichtigen Input. Die Aussagen des Forschers geben dem Ganzen eine gewisse „wissenschaftliche Note“, ohne dass der Beitrag wie ein lehrbuchartiger Sachtext wirkt .
13. Ein Beitrag soll Umweltthemen interessant und attraktiv aufbereiten.
Der Text ist gut gegliedert, von der Darstellung des Problems über die aktuellen Forschungsansätze bis zum Ausblick auf Erfordernisse und Hoffnungen für die Zukunft. Der Beginn des Textes weckt das Interesse durch den szenischen Einstieg und den Alltagsbezug, durch den Leserinnen und Lesern sich sofort mit dem Thema identifizieren können. Das große Bild veranschaulicht auch optisch das Problem der allgegenwärtigen Lebensmittelverpackungen und die Masse an Plastikfolien, die dafür verwendet wird. Allerdings geht dieser Alltagsbezug im Laufe des Textes verloren und der Beitrag wird mehr und mehr zu einer trockeneren Darstellung des Stands der Forschungsarbeiten. Insgesamt werten wir daher nicht voll sondern „eher erfüllt“.