Bewertet am 25. Januar 2019
Veröffentlicht von: Focus online

Treibhausgase führten vor 250 Millionen Jahren zu einer raschen Erderwärmung um 10 Grad und waren damit die Ursache für das Aussterben der meisten damals lebenden Tier und Pflanzenarten. Diese Hypothese wird durch eine Forschungsarbeit gestützt, über die Focus Online in einem recht dramatisch formulierten Beitrag berichtet.

Zusammenfassung

Ein Beitrag auf Focus Online stellt eine Studie vor, die im Wissenschaftsjournal „Science“ erschienen ist und sich mit dem Massenaussterben von Pflanzen und Tieren vor 250 Millionen Jahren befasst. Die Ergebnisse stützen die Hypothese, dass eine rasche Erwärmung der Erde aufgrund hoher Treibhausgas-Konzentrationen durch „Supervulkanismus“ die Ursache dafür war, dass gegen Ende des Perm die Mehrheit der Land- und Meereslebewesen ausstarb. Es wird vor ähnlichen Szenarien für die Zukunft aufgrund der aktuellen Erderwärmung gewarnt.
Soweit von uns nachvollziehbar, werden die Ergebnisse der Forschungsarbeit weitgehend korrekt beschrieben. Wie die Wissenschaftler vorgegangen sind, um mittels Modellierungen und Experimenten aus dem „Großen Sterben“ im Perm Schlüsse auf die heutige und künftige Situation zu ziehen, stellt der Beitrag recht ausführlich dar. Es wird klar, auf welche Quelle sich die Darstellung stützt; dabei bezieht sich der Text indes allein auf die vorgestellte neue Studie, weitere Quellen, um die Ergebnisse feinzuordnen, zieht er nicht heran. Der Beitrag ist verständlich, verwendet allerdings eine sehr dramatisierende Sprache, die ihn weniger attraktiv macht.

Der gleiche Beitrag wurde auch von journalistischen Gutachterinnen und Gutachtern des Medien-Doktor UMWELT bewertet.

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Allgemeine Anforderungen

1. Im Beitrag werden Fakten korrekt beschrieben und eingeordnet.

Soweit sich die Angaben von uns überprüfen ließen, sind sie korrekt. Sie stammen großteils aus der vorgestellten Veröffentlichung im Fachmagazin „Science“ (aber siehe auch Kriterium 3, Quellentransparenz) oder wurden offenbar bei den beteiligten Forschern zusätzlich eingeholt. Eine Zahl fehlt allerdings im letzten Drittel des Beitrags, wenn es heißt: „Bislang erhitzte sich die Erde aufgrund der Freisetzung von Treibhausgasen aus menschlichen Aktivitäten um Grad Celsius,…“. Daher werten wir nicht voll sondern „eher erfüllt“.

2. Es wird sachgerecht berichtet, ohne bestimmte Positionen unangemessen zu bevorzugen.

Die Erkenntnisse der Forschergruppe um den Ozeanographen Justin Penn zu den Ursachen des Massenaussterbens im Perm werden ausführlich geschildert, aber nicht hinterfragt. Es wird nicht begründet, weshalb diese Theorie wahrscheinlicher sein soll als die anderen, die am Anfang des Artikels kurz erwähnt werden (z.B. Asteroideneinschlag, Zerstörung der Ozonschicht). Es werden verschiedene Autoren zitiert, die an der Studie mitgewirkt haben, doch werden keine anderen, unabhängigen Quellen bzw. Personen herangezogen oder befragt. Daher werten wir „eher nicht erfüllt“.

3. Der Beitrag macht deutlich, auf welche Quellen er sich stützt und benennt gegebenenfalls Interessenkonflikte.

Alle zitierten Personen werden als Studienmitautoren eingeordnet, teils auch unter Angabe der Universität. Genannt werden: der Ozeanograph Justin Penn von der University of Washington, der Biologe Jonathan Payne von der Stanford University und als weiterer Studienmitautor Curtis Deutsch. Ein Link zur einzigen Quelle – dem Artikel im Wissenschaftsjournal „Science“, ist vorhanden. Für die Angabe, dass die Weltmeere seit 1960 zwei Prozent ihres Sauerstoffs verloren haben, fehlt allerdings eine Quellenangabe. Wir werten daher nicht voll sondern „eher erfüllt“.

4. Der Beitrag enthält Informationen, die wesentlich über eine Pressemitteilung hinausgehen.

Der Artikel beschreibt das Vorgehen der Forschergruppe ausführlicher als die Pressemitteilung und geht stärker auf die Zukunft bzw. die Warnung ein, eine solche Katastrophe könne sich wiederholen. Auch enthält der Beitrag Zitate, die nicht aus der Pressemitteilung stammen, so wie kurze Angaben aus weiteren, allerdings nicht benannten Quellen.

Spezielle Anforderungen Umweltjournalismus

5. Der Beitrag nennt Ursachen / Verursacher der dargestellten Umweltprobleme

Als Ursache für das Massenaussterben vor 250 Millionen Jahren wird die Erderwärmung benannt, die durch große Mengen an Treibhausgasen herbeigeführt wurde. Als Ursache dafür wird „Supervulkanismus“ angegeben. Ein Hinweis darauf, wer oder was heute die Hauptverursacher von CO2-Emissionen sind, fehlt, kann aber wohl als allgemein bekannt vorausgesetzt werden und muss hier nicht unbedingt genannt werden .

6. Es wird deutlich gemacht, wie gesichert das dargestellte Wissen zu Umweltfragen ist.

Die Methode, die Forschergruppe angewendet hat, um aus dem „Großen Sterben“ im Perm Schlüsse auf die gegenwärtige Klima-Situation zu ziehen, wird sorgfältig nachvollzogen. Dies nimmt einen erheblichen Teil des Artikels ein. Durch die Aussagen der zitierten Wissenschaftler geht er dabei weit über die eher zurückhaltende Bewertung in der Presseerklärung hinaus.
Der Temperaturanstieg um 10 Grad wird als alleinige Ursache für das Massenaussterben genannt, obwohl z.B. in der Pressemitteilung steht, „Previous research has suggested the rapid climate change resulting from volcanic activity likely triggered the widespread collapse of biodiversity. However, how each of the resulting environmental impacts contributed to the extinction remains unclear.“ Auf verbleibende Unklarheiten weist der Artikel jedoch nicht hin, es klingt, als ob mit der vorliegenden neuen Studie alle anderen Hypothesen hinfällig würden. Dafür aber werden keine schlüssigen Argumente angeführt. Insgesamt werten wir „eher erfüllt“.

7. Ein Beitrag bezieht nach Möglichkeit Lösungsansätze für Umweltprobleme ein.

In dem Artikel geht es nicht um mögliche Lösungen zur Verringerung unserer heutigen CO2-Produktion, sondern um eine Entwicklung vor 250 Millionen Jahren und eine mögliche Übertragbarkeit auf die derzeitige Klimaentwicklung und deren Konsequenzen.

8. Ein Beitrag soll gegebenenfalls Bezüge der dargestellten Umweltproblematik zum Publikum und dessen Lebensumfeld aufzeigen.

Zwar stellt der Beitrag zunächst die Erkenntnisse zur Entwicklung vor vielen Millionen Jahre dar, die keine Auswirkungen auf das Leben heute hat. Darüber hinaus aber betont er die Bedeutung für die heutige Klimaentwicklung. Daher hätten wir uns auch Bezüge zum Alltag gewünscht. Welche Auswirkungen ein Massensterben in den Meeren für uns konkret bedeuten könnte, wird nicht dargestellt. Was hat es für Konsequenzen, wenn immer mehr Meereslebewesen und Arten an Land verschwinden? Es wird lediglich am Ende des Textes recht abstrakt die drohende Unbewohnbarkeit bestimmter geografischer Zonen als Möglichkeit genannt; dies bezieht sich jedoch auf eine weitere, nicht näher bezeichnete Forschungsarbeit („unlängst fanden US-Forscher heraus…“) . Insgesamt werten wir „eher nicht erfüllt“.

9. Es wird deutlich, wie lokale und globale Umweltentwicklungen/ - ereignisse zusammenhängen.

Der zugrunde liegende Fachartikel schildert globale klimatische Entwicklungen und deren Folgen zu einer Zeit, in der die Geographie unseres Planeten noch ganz anders aussah. Auch die Schlussfolgerungen der Wissenschaftler für Folgen der heutigen Erderwärmung beziehen sich auf die globale Klimaentwicklung. Spezielle lokale und regionale Bezüge lassen sich daraus nicht ableiten.

10. Ein Beitrag greift aktuelle Umweltthemen auf, oder aber solche, die über lange Zeiträume bedeutsam („latent aktuell“) sind.

Der Beitrag bezieht sich auf eine kurz zuvor erschienene Studie. Zwar kommt er erst in den letzten beiden Absätzen zur Relevanz dieser Forschungsarbeit für die derzeitige Klimaentwicklung, macht aber schon vorher deutlich, dass diese Studie neue Prognosen zum Artensterben möglich machen soll. „Zum ersten Mal haben wir eine mechanistische Aussage über die Ursache des Artensterbens…. Dies ermöglicht uns, Vorhersagen über den Grund künftiger Aussterbeereignisse zu treffen.“

11. Auswirkungen eines Umweltereignisses /-problems auf die zukünftige Entwicklung werden angesprochen.

Die Studie wird als Instrument zur Vorhersage für künftige Aussterbeereignisse dargestellt. Sehr allgemein werden auch drohende zukünftige Klimaszenarien angesprochen:

„Demnach könnte die Region bis Ende des Jahrhunderts weitgehend unbewohnbar sein. Auch in den USA droht der Klimawandel ganze Landstriche zu verwüsten.“

Darstellung

12. Ein Beitrag muss für die Zielgruppe verständlich sein.

Der Text nimmt sich viel Zeit, um den Untersuchungsgegenstand – die Perm-Katastrophe – zu erläutern, und mögliche Theorien zu den Ursachen zu benennen. Es wird recht gut beschrieben, wie die Forschergruppe zu ihren Ergebnissen kam. Einige Fachbegriffe wie Supervulkanismus, Stratosphäre und Schwefeldioxid werden dagegen nicht erklärt. Insgesamt werten wir „eher erfüllt“.

13. Ein Beitrag soll Umweltthemen interessant und attraktiv aufbereiten.

Der Beitrag soll offenbar durch eine sehr dramatische Wortwahl auf sich aufmerksam machen („weltgrößtes Massenaussterben“, „auslöschen“, „dramatische Veränderungen“, „Treibhaushölle“, „maritime Apokalypse“). Uns erscheint dieser Ton übertrieben und geeignet, Leser zu verängstigen. Ebenso manche Zwischenüberschriften („schreckliche Zeit, auf dem Planeten zu sein“).  Wenig gelungen finden wir auch die Überschrift. Die Studie belegt nicht, dass die „rasante Erderwärmung“ der „Grund für weltgrößtes Massenaussterben“ war. Die Studie stützt lediglich eine solche Hypothese. So steht es dann im dritten Absatz. Das Bild zum Beitrag zeigt eine Wüstenlandschaft, außerdem ist ein Video zum Untergang einer Insel während eines Hurrikans beigefügt. Mit dem eigentlichen Thema des Beitrags hat dieses wenig zu tun.

8 von 11 anwendbaren Kriterien „erfüllt“ oder „eher erfüllt“

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Kriterium erfüllt

Kriterium nicht erfüllt

Kriterium nicht anwendbar